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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Buch VI. Innere Streitigkeiten.

Das höchste Ansehen in dem kleinen Lande wollte
er bis an seinen letzten Athemzug ungetheilt besitzen: er
wollte nicht erleben, daß sein Hof sich der aufgehnden
Sonne zu wende. Cesar selbst erfuhr nichts von der ihm
zu Theil gewordenen Gnade: er ward sogar noch etwas
strenger gehalten, der Glanz seiner Erscheinung ward noch
etwas eingeschränkt (nie sollte er mehr als drei Edelleute
in seinem Gefolge haben), und erst als es mit dem Leben
ganz vorüber war, als die Aerzte die letzte Hoffnung auf-
gegeben, ließ der Herzog ihn rufen, um ihm sein Glück zu
verkündigen. In Gegenwart der vornehmsten Einwoh-
ner ward das Testament eröffnet: diese wurden von dem
Minister ermahnt, dem Haus Este getreu zu seyn: Cesarn
sagte der Herzog, er hinterlasse ihm den schönsten Staat
der Welt, befestigt durch Waffen, Völker, Verbündete inner-
halb und außerhalb Italiens, von denen er sich alle Hülfe
versprechen könne. Hierauf, an dem nemlichen Tage noch,
starb Alfonso II: 27. October 1597.

Eroberung von Ferrara.

Ohne Widerspruch nahm Cesar die kaiserlichen Lehen in
Besitz: auch die päpstlichen huldigten ihm: in Ferrara ward
er von dem Magistrat mit dem herzoglichen Mantel beklei-
det, von dem Volke mit jauchzendem Zuruf als der neue
Fürst begrüßt.

Hatte ihm aber sein Vorfahr von eigener Macht und
fremder Unterstützung gesprochen, so kam er sogleich in den
Fall auch diese zu erproben.


Buch VI. Innere Streitigkeiten.

Das hoͤchſte Anſehen in dem kleinen Lande wollte
er bis an ſeinen letzten Athemzug ungetheilt beſitzen: er
wollte nicht erleben, daß ſein Hof ſich der aufgehnden
Sonne zu wende. Ceſar ſelbſt erfuhr nichts von der ihm
zu Theil gewordenen Gnade: er ward ſogar noch etwas
ſtrenger gehalten, der Glanz ſeiner Erſcheinung ward noch
etwas eingeſchraͤnkt (nie ſollte er mehr als drei Edelleute
in ſeinem Gefolge haben), und erſt als es mit dem Leben
ganz voruͤber war, als die Aerzte die letzte Hoffnung auf-
gegeben, ließ der Herzog ihn rufen, um ihm ſein Gluͤck zu
verkuͤndigen. In Gegenwart der vornehmſten Einwoh-
ner ward das Teſtament eroͤffnet: dieſe wurden von dem
Miniſter ermahnt, dem Haus Eſte getreu zu ſeyn: Ceſarn
ſagte der Herzog, er hinterlaſſe ihm den ſchoͤnſten Staat
der Welt, befeſtigt durch Waffen, Voͤlker, Verbuͤndete inner-
halb und außerhalb Italiens, von denen er ſich alle Huͤlfe
verſprechen koͤnne. Hierauf, an dem nemlichen Tage noch,
ſtarb Alfonſo II: 27. October 1597.

Eroberung von Ferrara.

Ohne Widerſpruch nahm Ceſar die kaiſerlichen Lehen in
Beſitz: auch die paͤpſtlichen huldigten ihm: in Ferrara ward
er von dem Magiſtrat mit dem herzoglichen Mantel beklei-
det, von dem Volke mit jauchzendem Zuruf als der neue
Fuͤrſt begruͤßt.

Hatte ihm aber ſein Vorfahr von eigener Macht und
fremder Unterſtuͤtzung geſprochen, ſo kam er ſogleich in den
Fall auch dieſe zu erproben.


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[268/0280] Buch VI. Innere Streitigkeiten. Das hoͤchſte Anſehen in dem kleinen Lande wollte er bis an ſeinen letzten Athemzug ungetheilt beſitzen: er wollte nicht erleben, daß ſein Hof ſich der aufgehnden Sonne zu wende. Ceſar ſelbſt erfuhr nichts von der ihm zu Theil gewordenen Gnade: er ward ſogar noch etwas ſtrenger gehalten, der Glanz ſeiner Erſcheinung ward noch etwas eingeſchraͤnkt (nie ſollte er mehr als drei Edelleute in ſeinem Gefolge haben), und erſt als es mit dem Leben ganz voruͤber war, als die Aerzte die letzte Hoffnung auf- gegeben, ließ der Herzog ihn rufen, um ihm ſein Gluͤck zu verkuͤndigen. In Gegenwart der vornehmſten Einwoh- ner ward das Teſtament eroͤffnet: dieſe wurden von dem Miniſter ermahnt, dem Haus Eſte getreu zu ſeyn: Ceſarn ſagte der Herzog, er hinterlaſſe ihm den ſchoͤnſten Staat der Welt, befeſtigt durch Waffen, Voͤlker, Verbuͤndete inner- halb und außerhalb Italiens, von denen er ſich alle Huͤlfe verſprechen koͤnne. Hierauf, an dem nemlichen Tage noch, ſtarb Alfonſo II: 27. October 1597. Eroberung von Ferrara. Ohne Widerſpruch nahm Ceſar die kaiſerlichen Lehen in Beſitz: auch die paͤpſtlichen huldigten ihm: in Ferrara ward er von dem Magiſtrat mit dem herzoglichen Mantel beklei- det, von dem Volke mit jauchzendem Zuruf als der neue Fuͤrſt begruͤßt. Hatte ihm aber ſein Vorfahr von eigener Macht und fremder Unterſtuͤtzung geſprochen, ſo kam er ſogleich in den Fall auch dieſe zu erproben.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/280>, abgerufen am 18.04.2024.