Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

Bild:
<< vorherige Seite

des Katholicismus. Südamerika.
lichen Gnade zu weit entfernt zu seyn um auch nach Ver-
dienst belohnt werden zu können. In regelmäßigem Fortschritt
haben indeß vorzüglich die Bettelorden das Christenthum
über den südamerikanischen Continent auszubrciten ange-
fangen. Die Eroberung hat sich in Mission verwandelt,
die Mission ist Civilisation geworden: die Ordensbrüder
lehren zugleich säen und ernten, Bäume pflanzen nnd Häu-
ser bauen, lesen und singen. Dafür werden sie dann auch
mit tiefer Ergebenheit verehrt. Wenn der Pfarrer in seine
Gemeine kommt, wird er mit Glockengeläute und Musik
empfangen: Blumen sind auf den Weg gestreut: die Frauen
halten ihm ihre Kinder entgegen und bitten um seinen Se-
gen. Die Indianer zeigen ein großes Wohlgefallen an den
Aeußerlichkeiten des Gottesdienstes. Sie werden nicht müde
bei der Messe zu dienen, die Vesper zu singen, das Officium
im Chor abzuwarten. Sie haben musikalisches Talent: eine
Kirche auszuschmücken macht ihnen eine harmlose Freude.
Denn das Einfache, Unschuldig-phantastische scheint auf
sie den größten Eindruck gemacht zu haben 1). In ihren Träu-
men sehen sie die Freuden des Paradieses. Den Kranken
erscheint die Königin des Himmels in aller ihrer Pracht,
-- junge Gefährtinnen umgeben sie und bringen den Dar-

1) Compendio y descripcion de las Indias ocidentales. MS.
Tienen mucha caridad con los necessitados y en particular con
los sacerdotes: que los respetan y reverencian como ministros
de Christo, abracan los mas de tal suerte las cosas de nuestra
santa fe, que solo el mal exemplo que los demos es causa de
que no aya entre ellos grandes santos, como lo experimente el
tiempo que estuve en aquellos reynos.
-- Besonders merkwürdig
sind die literae annuae provinciae Paraquariae missae a Nico-
lao Duran, Antv. 1636
, weil hier die Jesuiten die Spanier ent-
sernt hielten.

des Katholicismus. Suͤdamerika.
lichen Gnade zu weit entfernt zu ſeyn um auch nach Ver-
dienſt belohnt werden zu koͤnnen. In regelmaͤßigem Fortſchritt
haben indeß vorzuͤglich die Bettelorden das Chriſtenthum
uͤber den ſuͤdamerikaniſchen Continent auszubrciten ange-
fangen. Die Eroberung hat ſich in Miſſion verwandelt,
die Miſſion iſt Civiliſation geworden: die Ordensbruͤder
lehren zugleich ſaͤen und ernten, Baͤume pflanzen nnd Haͤu-
ſer bauen, leſen und ſingen. Dafuͤr werden ſie dann auch
mit tiefer Ergebenheit verehrt. Wenn der Pfarrer in ſeine
Gemeine kommt, wird er mit Glockengelaͤute und Muſik
empfangen: Blumen ſind auf den Weg geſtreut: die Frauen
halten ihm ihre Kinder entgegen und bitten um ſeinen Se-
gen. Die Indianer zeigen ein großes Wohlgefallen an den
Aeußerlichkeiten des Gottesdienſtes. Sie werden nicht muͤde
bei der Meſſe zu dienen, die Vesper zu ſingen, das Officium
im Chor abzuwarten. Sie haben muſikaliſches Talent: eine
Kirche auszuſchmuͤcken macht ihnen eine harmloſe Freude.
Denn das Einfache, Unſchuldig-phantaſtiſche ſcheint auf
ſie den groͤßten Eindruck gemacht zu haben 1). In ihren Traͤu-
men ſehen ſie die Freuden des Paradieſes. Den Kranken
erſcheint die Koͤnigin des Himmels in aller ihrer Pracht,
— junge Gefaͤhrtinnen umgeben ſie und bringen den Dar-

1) Compendio y descripcion de las Indias ocidentales. MS.
Tienen mucha caridad con los necessitados y en particular con
los sacerdotes: que los respetan y reverencian como ministros
de Christo, abraçan los mas de tal suerte las cosas de nuestra
santa fe, que solo el mal exemplo que los demos es causa de
que no aya entre ellos grandes santos, como lo experimente el
tiempo que estuve en aquellos reynos.
— Beſonders merkwuͤrdig
ſind die literae annuae provinciae Paraquariae missae a Nico-
lao Duran, Antv. 1636
, weil hier die Jeſuiten die Spanier ent-
ſernt hielten.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0501" n="489"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">des Katholicismus. Su&#x0364;damerika</hi>.</fw><lb/>
lichen Gnade zu weit entfernt zu &#x017F;eyn um auch nach Ver-<lb/>
dien&#x017F;t belohnt werden zu ko&#x0364;nnen. In regelma&#x0364;ßigem Fort&#x017F;chritt<lb/>
haben indeß vorzu&#x0364;glich die Bettelorden das Chri&#x017F;tenthum<lb/>
u&#x0364;ber den &#x017F;u&#x0364;damerikani&#x017F;chen Continent auszubrciten ange-<lb/>
fangen. Die Eroberung hat &#x017F;ich in Mi&#x017F;&#x017F;ion verwandelt,<lb/>
die Mi&#x017F;&#x017F;ion i&#x017F;t Civili&#x017F;ation geworden: die Ordensbru&#x0364;der<lb/>
lehren zugleich &#x017F;a&#x0364;en und ernten, Ba&#x0364;ume pflanzen nnd Ha&#x0364;u-<lb/>
&#x017F;er bauen, le&#x017F;en und &#x017F;ingen. Dafu&#x0364;r werden &#x017F;ie dann auch<lb/>
mit tiefer Ergebenheit verehrt. Wenn der Pfarrer in &#x017F;eine<lb/>
Gemeine kommt, wird er mit Glockengela&#x0364;ute und Mu&#x017F;ik<lb/>
empfangen: Blumen &#x017F;ind auf den Weg ge&#x017F;treut: die Frauen<lb/>
halten ihm ihre Kinder entgegen und bitten um &#x017F;einen Se-<lb/>
gen. Die Indianer zeigen ein großes Wohlgefallen an den<lb/>
Aeußerlichkeiten des Gottesdien&#x017F;tes. Sie werden nicht mu&#x0364;de<lb/>
bei der Me&#x017F;&#x017F;e zu dienen, die Vesper zu &#x017F;ingen, das Officium<lb/>
im Chor abzuwarten. Sie haben mu&#x017F;ikali&#x017F;ches Talent: eine<lb/>
Kirche auszu&#x017F;chmu&#x0364;cken macht ihnen eine harmlo&#x017F;e Freude.<lb/>
Denn das Einfache, Un&#x017F;chuldig-phanta&#x017F;ti&#x017F;che &#x017F;cheint auf<lb/>
&#x017F;ie den gro&#x0364;ßten Eindruck gemacht zu haben <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Compendio y descripcion de las Indias ocidentales. MS.<lb/>
Tienen mucha caridad con los necessitados y en particular con<lb/>
los sacerdotes: que los respetan y reverencian como ministros<lb/>
de Christo, abraçan los mas de tal suerte las cosas de nuestra<lb/>
santa fe, que solo el mal exemplo que los demos es causa de<lb/>
que no aya entre ellos grandes santos, como lo experimente el<lb/>
tiempo que estuve en aquellos reynos.</hi> &#x2014; Be&#x017F;onders merkwu&#x0364;rdig<lb/>
&#x017F;ind die <hi rendition="#aq">literae annuae provinciae Paraquariae missae a Nico-<lb/>
lao Duran, Antv. 1636</hi>, weil hier die Je&#x017F;uiten die Spanier ent-<lb/>
&#x017F;ernt hielten.</note>. In ihren Tra&#x0364;u-<lb/>
men &#x017F;ehen &#x017F;ie die Freuden des Paradie&#x017F;es. Den Kranken<lb/>
er&#x017F;cheint die Ko&#x0364;nigin des Himmels in aller ihrer Pracht,<lb/>
&#x2014; junge Gefa&#x0364;hrtinnen umgeben &#x017F;ie und bringen den Dar-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[489/0501] des Katholicismus. Suͤdamerika. lichen Gnade zu weit entfernt zu ſeyn um auch nach Ver- dienſt belohnt werden zu koͤnnen. In regelmaͤßigem Fortſchritt haben indeß vorzuͤglich die Bettelorden das Chriſtenthum uͤber den ſuͤdamerikaniſchen Continent auszubrciten ange- fangen. Die Eroberung hat ſich in Miſſion verwandelt, die Miſſion iſt Civiliſation geworden: die Ordensbruͤder lehren zugleich ſaͤen und ernten, Baͤume pflanzen nnd Haͤu- ſer bauen, leſen und ſingen. Dafuͤr werden ſie dann auch mit tiefer Ergebenheit verehrt. Wenn der Pfarrer in ſeine Gemeine kommt, wird er mit Glockengelaͤute und Muſik empfangen: Blumen ſind auf den Weg geſtreut: die Frauen halten ihm ihre Kinder entgegen und bitten um ſeinen Se- gen. Die Indianer zeigen ein großes Wohlgefallen an den Aeußerlichkeiten des Gottesdienſtes. Sie werden nicht muͤde bei der Meſſe zu dienen, die Vesper zu ſingen, das Officium im Chor abzuwarten. Sie haben muſikaliſches Talent: eine Kirche auszuſchmuͤcken macht ihnen eine harmloſe Freude. Denn das Einfache, Unſchuldig-phantaſtiſche ſcheint auf ſie den groͤßten Eindruck gemacht zu haben 1). In ihren Traͤu- men ſehen ſie die Freuden des Paradieſes. Den Kranken erſcheint die Koͤnigin des Himmels in aller ihrer Pracht, — junge Gefaͤhrtinnen umgeben ſie und bringen den Dar- 1) Compendio y descripcion de las Indias ocidentales. MS. Tienen mucha caridad con los necessitados y en particular con los sacerdotes: que los respetan y reverencian como ministros de Christo, abraçan los mas de tal suerte las cosas de nuestra santa fe, que solo el mal exemplo que los demos es causa de que no aya entre ellos grandes santos, como lo experimente el tiempo que estuve en aquellos reynos. — Beſonders merkwuͤrdig ſind die literae annuae provinciae Paraquariae missae a Nico- lao Duran, Antv. 1636, weil hier die Jeſuiten die Spanier ent- ſernt hielten.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/501
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/501>, abgerufen am 19.04.2024.