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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Gegensätze in dem übrigen Europa. Polen.
Bischöfe suchten sich durch sie zu verstärken. Cardinal Ho-
sius, Bischof von Ermeland, stiftete ihnen 1569 ein Col-
legium in Braunsberg: in Pultusk, in Posen siedelten sie
sich mit Hülfe der Bischöfe an: vorzüglich angelegen ließ
es sich der Bischof Valerian von Wilna seyn, den lithaui-
schen Lutheranern, die eine Universität in ihrem Sinne grün-
den wollten, mit der Errichtung eines jesuitischen Institu-
tes an seinem bischöflichen Sitze zuvorzukommen: er war
schon alt und gebrechlich, und wollte seine letzten Tage mit
diesem Verdienst bezeichnen: im Jahre 1570 kamen die er-
sten Mitglieder der Gesellschaft bei ihm an1).

Auch hier folgte aus diesen Bestrebungen zunächst nur,
daß die Protestanten Maaßregeln nahmen, um ihre Macht
zu behaupten. Auf dem Convocationsreichstage von 1573
brachten sie eine Satzung durch, kraft deren Niemand we-
gen seiner Religion beleidigt oder verletzt werden sollte2):
-- die Bischöfe mußten sich fügen: mit dem Beispiel der
niederländischen Unruhen bewies man ihnen, welche Ge-
fahr in einer Weigerung liegen würde: die folgenden Kö-
nige mußten sie beschwören. Im Jahre 1579 ward die
Zahlung des Zehnten an die Geistlichkeit geradehin suspen-
dirt, und der Nuntius wollte wissen, daß hiedurch allein
1200 Pfarren zu Grunde gegangen seyen; eben damals ward
aus Laien und Clerus ein höchster Gerichtshof zusammen-
gesetzt, der auch alle geistlichen Streitfragen entschied: man

1) Sacchinus: Hist. soc. Jes. P. II, lib. VIII, 114. P. III,
lib. I, 112. lib. VI, 103--108.
2) Fredro: Henricus I, rex Polonorum p. 114.

Gegenſaͤtze in dem uͤbrigen Europa. Polen.
Biſchoͤfe ſuchten ſich durch ſie zu verſtaͤrken. Cardinal Ho-
ſius, Biſchof von Ermeland, ſtiftete ihnen 1569 ein Col-
legium in Braunsberg: in Pultusk, in Poſen ſiedelten ſie
ſich mit Huͤlfe der Biſchoͤfe an: vorzuͤglich angelegen ließ
es ſich der Biſchof Valerian von Wilna ſeyn, den lithaui-
ſchen Lutheranern, die eine Univerſitaͤt in ihrem Sinne gruͤn-
den wollten, mit der Errichtung eines jeſuitiſchen Inſtitu-
tes an ſeinem biſchoͤflichen Sitze zuvorzukommen: er war
ſchon alt und gebrechlich, und wollte ſeine letzten Tage mit
dieſem Verdienſt bezeichnen: im Jahre 1570 kamen die er-
ſten Mitglieder der Geſellſchaft bei ihm an1).

Auch hier folgte aus dieſen Beſtrebungen zunaͤchſt nur,
daß die Proteſtanten Maaßregeln nahmen, um ihre Macht
zu behaupten. Auf dem Convocationsreichstage von 1573
brachten ſie eine Satzung durch, kraft deren Niemand we-
gen ſeiner Religion beleidigt oder verletzt werden ſollte2):
— die Biſchoͤfe mußten ſich fuͤgen: mit dem Beiſpiel der
niederlaͤndiſchen Unruhen bewies man ihnen, welche Ge-
fahr in einer Weigerung liegen wuͤrde: die folgenden Koͤ-
nige mußten ſie beſchwoͤren. Im Jahre 1579 ward die
Zahlung des Zehnten an die Geiſtlichkeit geradehin ſuspen-
dirt, und der Nuntius wollte wiſſen, daß hiedurch allein
1200 Pfarren zu Grunde gegangen ſeyen; eben damals ward
aus Laien und Clerus ein hoͤchſter Gerichtshof zuſammen-
geſetzt, der auch alle geiſtlichen Streitfragen entſchied: man

1) Sacchinus: Hist. soc. Jes. P. II, lib. VIII, 114. P. III,
lib. I, 112. lib. VI, 103—108.
2) Fredro: Henricus I, rex Polonorum p. 114.
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[79/0091] Gegenſaͤtze in dem uͤbrigen Europa. Polen. Biſchoͤfe ſuchten ſich durch ſie zu verſtaͤrken. Cardinal Ho- ſius, Biſchof von Ermeland, ſtiftete ihnen 1569 ein Col- legium in Braunsberg: in Pultusk, in Poſen ſiedelten ſie ſich mit Huͤlfe der Biſchoͤfe an: vorzuͤglich angelegen ließ es ſich der Biſchof Valerian von Wilna ſeyn, den lithaui- ſchen Lutheranern, die eine Univerſitaͤt in ihrem Sinne gruͤn- den wollten, mit der Errichtung eines jeſuitiſchen Inſtitu- tes an ſeinem biſchoͤflichen Sitze zuvorzukommen: er war ſchon alt und gebrechlich, und wollte ſeine letzten Tage mit dieſem Verdienſt bezeichnen: im Jahre 1570 kamen die er- ſten Mitglieder der Geſellſchaft bei ihm an 1). Auch hier folgte aus dieſen Beſtrebungen zunaͤchſt nur, daß die Proteſtanten Maaßregeln nahmen, um ihre Macht zu behaupten. Auf dem Convocationsreichstage von 1573 brachten ſie eine Satzung durch, kraft deren Niemand we- gen ſeiner Religion beleidigt oder verletzt werden ſollte 2): — die Biſchoͤfe mußten ſich fuͤgen: mit dem Beiſpiel der niederlaͤndiſchen Unruhen bewies man ihnen, welche Ge- fahr in einer Weigerung liegen wuͤrde: die folgenden Koͤ- nige mußten ſie beſchwoͤren. Im Jahre 1579 ward die Zahlung des Zehnten an die Geiſtlichkeit geradehin ſuspen- dirt, und der Nuntius wollte wiſſen, daß hiedurch allein 1200 Pfarren zu Grunde gegangen ſeyen; eben damals ward aus Laien und Clerus ein hoͤchſter Gerichtshof zuſammen- geſetzt, der auch alle geiſtlichen Streitfragen entſchied: man 1) Sacchinus: Hist. soc. Jes. P. II, lib. VIII, 114. P. III, lib. I, 112. lib. VI, 103—108. 2) Fredro: Henricus I, rex Polonorum p. 114.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/91>, abgerufen am 29.03.2024.