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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Berathung der Reichsstände in Regensburg.
ten Meinungen an einander zu dulden, bis man auch darüber
künftig einmal eine Vereinbarung treffe. Besonders Joachim II
lebte und webte in dieser Hofnung. Im kaiserlichen Rathe
vernahm man das Wort Toleranz.

Der Kaiser beschloß die Acten des Gesprächs, obwohl
es nicht zu dem gewünschten Ergebniß geführt, den Reichs-
ständen vorzulegen: mit dem Begehren, die verglichenen Puncte
wenigstens bis auf das nächste Concilium zu halten.

Berathung der Reichsstände.

Es hatte anfangs den Anschein, als würde der Kai-
ser, nachdem so vieles andere aufgegeben war, doch wenig-
stens hiemit durchdringen.

In dem Churfürstenrathe, über dessen Verhandlungen
wir durch ein brandenburgisches Protocoll unterrichtet sind,
ward die Sache am 14ten Juli vorgenommen.

Die erste Stimme nun, die von Trier, war dagegen.
Trier schlug vor, alle Artikel, verglichene und unverglichene,
dem Concilium anheim zu stellen. 1

Ganz anders ließen sich jedoch gleich die Räthe von Cölln
vernehmen: sie meinten, man würde wohl in dem großen
Vorhaben weiter gekommen seyn, wenn nur nicht das Wort
Transsubstantiation, das in die Schulen gehöre, hätte behaup-
tet werden sollen. Auf jeden Fall müsse man die verglichenen

1 Joh. Ludw. v. Hagen, gegen den Wunsch Hessens und des
Kaisers erwählt, ordnete am 21 März Gebete für den Reichstag an,
"deshalb weil so viel grausame erschreckliche verdammte Ketzerey Är-
gerniß Secten im h. Reich erfolgt sind."

Berathung der Reichsſtaͤnde in Regensburg.
ten Meinungen an einander zu dulden, bis man auch darüber
künftig einmal eine Vereinbarung treffe. Beſonders Joachim II
lebte und webte in dieſer Hofnung. Im kaiſerlichen Rathe
vernahm man das Wort Toleranz.

Der Kaiſer beſchloß die Acten des Geſprächs, obwohl
es nicht zu dem gewünſchten Ergebniß geführt, den Reichs-
ſtänden vorzulegen: mit dem Begehren, die verglichenen Puncte
wenigſtens bis auf das nächſte Concilium zu halten.

Berathung der Reichsſtände.

Es hatte anfangs den Anſchein, als würde der Kai-
ſer, nachdem ſo vieles andere aufgegeben war, doch wenig-
ſtens hiemit durchdringen.

In dem Churfürſtenrathe, über deſſen Verhandlungen
wir durch ein brandenburgiſches Protocoll unterrichtet ſind,
ward die Sache am 14ten Juli vorgenommen.

Die erſte Stimme nun, die von Trier, war dagegen.
Trier ſchlug vor, alle Artikel, verglichene und unverglichene,
dem Concilium anheim zu ſtellen. 1

Ganz anders ließen ſich jedoch gleich die Räthe von Cölln
vernehmen: ſie meinten, man würde wohl in dem großen
Vorhaben weiter gekommen ſeyn, wenn nur nicht das Wort
Transſubſtantiation, das in die Schulen gehöre, hätte behaup-
tet werden ſollen. Auf jeden Fall müſſe man die verglichenen

1 Joh. Ludw. v. Hagen, gegen den Wunſch Heſſens und des
Kaiſers erwaͤhlt, ordnete am 21 Maͤrz Gebete fuͤr den Reichstag an,
„deshalb weil ſo viel grauſame erſchreckliche verdammte Ketzerey Aͤr-
gerniß Secten im h. Reich erfolgt ſind.“
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[215/0227] Berathung der Reichsſtaͤnde in Regensburg. ten Meinungen an einander zu dulden, bis man auch darüber künftig einmal eine Vereinbarung treffe. Beſonders Joachim II lebte und webte in dieſer Hofnung. Im kaiſerlichen Rathe vernahm man das Wort Toleranz. Der Kaiſer beſchloß die Acten des Geſprächs, obwohl es nicht zu dem gewünſchten Ergebniß geführt, den Reichs- ſtänden vorzulegen: mit dem Begehren, die verglichenen Puncte wenigſtens bis auf das nächſte Concilium zu halten. Berathung der Reichsſtände. Es hatte anfangs den Anſchein, als würde der Kai- ſer, nachdem ſo vieles andere aufgegeben war, doch wenig- ſtens hiemit durchdringen. In dem Churfürſtenrathe, über deſſen Verhandlungen wir durch ein brandenburgiſches Protocoll unterrichtet ſind, ward die Sache am 14ten Juli vorgenommen. Die erſte Stimme nun, die von Trier, war dagegen. Trier ſchlug vor, alle Artikel, verglichene und unverglichene, dem Concilium anheim zu ſtellen. 1 Ganz anders ließen ſich jedoch gleich die Räthe von Cölln vernehmen: ſie meinten, man würde wohl in dem großen Vorhaben weiter gekommen ſeyn, wenn nur nicht das Wort Transſubſtantiation, das in die Schulen gehöre, hätte behaup- tet werden ſollen. Auf jeden Fall müſſe man die verglichenen 1 Joh. Ludw. v. Hagen, gegen den Wunſch Heſſens und des Kaiſers erwaͤhlt, ordnete am 21 Maͤrz Gebete fuͤr den Reichstag an, „deshalb weil ſo viel grauſame erſchreckliche verdammte Ketzerey Aͤr- gerniß Secten im h. Reich erfolgt ſind.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/227>, abgerufen am 29.03.2024.