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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Unterwerfung von Böhmen.
auf die Knie, und erklärten, sie seyen nicht gekommen, mit
ihrem König und einigem Herrn zu rechten: sondern sich in
seine Gnade und Ungnade zu ergeben. Sie baten die um-
sitzenden Fürsten und Herrn ihre Fürbitte einzulegen, damit
ihnen Verzeihung zu Theil werde.

Erzherzog Ferdinand und Herzog August erhoben sich
Einer nach dem andern von ihren Sitzen und baten den
König um die Annahme dieser Unterwerfung; desgleichen
auf einmal sich erhebend die sämmtlichen übrigen umsitzen-
den Herrn. 1

Hierauf ließ der König die Erschienenen in zwei nahe
Gewölbe abtreten und mit bewaffneter Hand bewachen; nach-
dem er sich dann vor allem durch seine Boten erst in der
Stadt erkundigen lassen, ob die Bürgerschaft auch wirklich
gesinnt sey wie ihre Obern und Vertreter, eröffnete er, unter
welchen Bedingungen er Verzeihung gewähren wolle.

Fürwahr leicht waren sie nicht. Nicht allein sollte
die Stadt ihre Bündnisse aufgeben, ihr Geschütz ausliefern,
sondern sie sollte auch auf alle ihre Privilegien, alle Herr-
schaften und Landschaften die sie besitze, alle Zölle und Maute
die sie ziehe, Verzicht leisten, und sich der Ordnung die der
König hierin treffen werde, ohne weiteres unterwerfen.

Und selbst dieser strenge Spruch genügte dem König
noch nicht. Er behielt sich ausdrücklich vor, alle Privat-
personen die an dem Aufruhr Theil gehabt, an Leib und
Leben zu strafen. Nur einen Theil der Gefangenen entließ
er, auch nachdem die Bedingungen der Unterwerfung ange-
nommen worden, die übrigen behielt er zu weiterer Bestra-
fung zurück.


1 Schreiben der Ulmer Gesandten 19 Juli.

Unterwerfung von Boͤhmen.
auf die Knie, und erklärten, ſie ſeyen nicht gekommen, mit
ihrem König und einigem Herrn zu rechten: ſondern ſich in
ſeine Gnade und Ungnade zu ergeben. Sie baten die um-
ſitzenden Fürſten und Herrn ihre Fürbitte einzulegen, damit
ihnen Verzeihung zu Theil werde.

Erzherzog Ferdinand und Herzog Auguſt erhoben ſich
Einer nach dem andern von ihren Sitzen und baten den
König um die Annahme dieſer Unterwerfung; desgleichen
auf einmal ſich erhebend die ſämmtlichen übrigen umſitzen-
den Herrn. 1

Hierauf ließ der König die Erſchienenen in zwei nahe
Gewölbe abtreten und mit bewaffneter Hand bewachen; nach-
dem er ſich dann vor allem durch ſeine Boten erſt in der
Stadt erkundigen laſſen, ob die Bürgerſchaft auch wirklich
geſinnt ſey wie ihre Obern und Vertreter, eröffnete er, unter
welchen Bedingungen er Verzeihung gewähren wolle.

Fürwahr leicht waren ſie nicht. Nicht allein ſollte
die Stadt ihre Bündniſſe aufgeben, ihr Geſchütz ausliefern,
ſondern ſie ſollte auch auf alle ihre Privilegien, alle Herr-
ſchaften und Landſchaften die ſie beſitze, alle Zölle und Maute
die ſie ziehe, Verzicht leiſten, und ſich der Ordnung die der
König hierin treffen werde, ohne weiteres unterwerfen.

Und ſelbſt dieſer ſtrenge Spruch genügte dem König
noch nicht. Er behielt ſich ausdrücklich vor, alle Privat-
perſonen die an dem Aufruhr Theil gehabt, an Leib und
Leben zu ſtrafen. Nur einen Theil der Gefangenen entließ
er, auch nachdem die Bedingungen der Unterwerfung ange-
nommen worden, die übrigen behielt er zu weiterer Beſtra-
fung zurück.


1 Schreiben der Ulmer Geſandten 19 Juli.
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[535/0547] Unterwerfung von Boͤhmen. auf die Knie, und erklärten, ſie ſeyen nicht gekommen, mit ihrem König und einigem Herrn zu rechten: ſondern ſich in ſeine Gnade und Ungnade zu ergeben. Sie baten die um- ſitzenden Fürſten und Herrn ihre Fürbitte einzulegen, damit ihnen Verzeihung zu Theil werde. Erzherzog Ferdinand und Herzog Auguſt erhoben ſich Einer nach dem andern von ihren Sitzen und baten den König um die Annahme dieſer Unterwerfung; desgleichen auf einmal ſich erhebend die ſämmtlichen übrigen umſitzen- den Herrn. 1 Hierauf ließ der König die Erſchienenen in zwei nahe Gewölbe abtreten und mit bewaffneter Hand bewachen; nach- dem er ſich dann vor allem durch ſeine Boten erſt in der Stadt erkundigen laſſen, ob die Bürgerſchaft auch wirklich geſinnt ſey wie ihre Obern und Vertreter, eröffnete er, unter welchen Bedingungen er Verzeihung gewähren wolle. Fürwahr leicht waren ſie nicht. Nicht allein ſollte die Stadt ihre Bündniſſe aufgeben, ihr Geſchütz ausliefern, ſondern ſie ſollte auch auf alle ihre Privilegien, alle Herr- ſchaften und Landſchaften die ſie beſitze, alle Zölle und Maute die ſie ziehe, Verzicht leiſten, und ſich der Ordnung die der König hierin treffen werde, ohne weiteres unterwerfen. Und ſelbſt dieſer ſtrenge Spruch genügte dem König noch nicht. Er behielt ſich ausdrücklich vor, alle Privat- perſonen die an dem Aufruhr Theil gehabt, an Leib und Leben zu ſtrafen. Nur einen Theil der Gefangenen entließ er, auch nachdem die Bedingungen der Unterwerfung ange- nommen worden, die übrigen behielt er zu weiterer Beſtra- fung zurück. 1 Schreiben der Ulmer Geſandten 19 Juli.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 535. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/547>, abgerufen am 19.04.2024.