Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Neuntes Buch. Drittes Capitel.
gewesen sey: er war und blieb katholisch: an dem Geheim-
niß der Eucharistie im katholischen Sinne und den Dien-
sten die sich daran knüpfen hat er wohl nie einen Augen-
blick gezweifelt.

Hat er den Protestanten Concessionen gemacht, so ist
er dazu von dem Papst ermächtigt gewesen.

Der Beichtvater spielte schon bei ihm eine Rolle. Der
jüngere Granvella beklagt sich wohl, daß wenn er zu Ende
gekommen zu seyn glaube, die Hydra der Gewissensscrupel
immer neue Köpfe hervorbringe. 1

Das vornehmste Ziel das der Kaiser verfolgte, war zwar
politischer, aber doch auch dem Wesen nach religiöser und
zwar katholischer Natur.

Und höchst gerechtfertigt gieng er dabei zu Werke. Er
begründete sein Verfahren allezeit auf die Ideen von Reich
und Kirche.

Alles was er in Deutschland unternahm, ward immer
mit den Pflichten gegen die allgemeine Kirche, seinem Eide
dieselbe aufrecht zu erhalten, der Rücksicht auf die übrigen
Nationen vertheidigt. In jeder Forderung an den Papst
dagegen traten die Rechte und Beschlüsse des Reiches, die
Nothwendigkeit die Entzweiungen der Reichsglieder beizule-
gen, als Bestimmungsgründe hervor.

Die alten Formen die er noch einmal zu beleben suchte,
gaben ihm eben die Aussicht durch sie zu herrschen. Je grö-

1 Negotiato di D. Franc. di Toledo per l'acquisto di Piom-
bino: Bibliot. Maglibecchiana
zu Florenz. Granvella sagt: resur-
gevano come i capi della hydra le riprensioni et advertimenti
della conscienza.

Neuntes Buch. Drittes Capitel.
geweſen ſey: er war und blieb katholiſch: an dem Geheim-
niß der Euchariſtie im katholiſchen Sinne und den Dien-
ſten die ſich daran knüpfen hat er wohl nie einen Augen-
blick gezweifelt.

Hat er den Proteſtanten Conceſſionen gemacht, ſo iſt
er dazu von dem Papſt ermächtigt geweſen.

Der Beichtvater ſpielte ſchon bei ihm eine Rolle. Der
jüngere Granvella beklagt ſich wohl, daß wenn er zu Ende
gekommen zu ſeyn glaube, die Hydra der Gewiſſensſcrupel
immer neue Köpfe hervorbringe. 1

Das vornehmſte Ziel das der Kaiſer verfolgte, war zwar
politiſcher, aber doch auch dem Weſen nach religiöſer und
zwar katholiſcher Natur.

Und höchſt gerechtfertigt gieng er dabei zu Werke. Er
begründete ſein Verfahren allezeit auf die Ideen von Reich
und Kirche.

Alles was er in Deutſchland unternahm, ward immer
mit den Pflichten gegen die allgemeine Kirche, ſeinem Eide
dieſelbe aufrecht zu erhalten, der Rückſicht auf die übrigen
Nationen vertheidigt. In jeder Forderung an den Papſt
dagegen traten die Rechte und Beſchlüſſe des Reiches, die
Nothwendigkeit die Entzweiungen der Reichsglieder beizule-
gen, als Beſtimmungsgründe hervor.

Die alten Formen die er noch einmal zu beleben ſuchte,
gaben ihm eben die Ausſicht durch ſie zu herrſchen. Je grö-

1 Negotiato di D. Franc. di Toledo per l’acquisto di Piom-
bino: Bibliot. Maglibecchiana
zu Florenz. Granvella ſagt: resur-
gevano come i capi della hydra le riprensioni et advertimenti
della conscienza.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0124" n="112"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Neuntes Buch. Drittes Capitel</hi>.</fw><lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;ey: er war und blieb katholi&#x017F;ch: an dem Geheim-<lb/>
niß der Euchari&#x017F;tie im katholi&#x017F;chen Sinne und den Dien-<lb/>
&#x017F;ten die &#x017F;ich daran knüpfen hat er wohl nie einen Augen-<lb/>
blick gezweifelt.</p><lb/>
          <p>Hat er den Prote&#x017F;tanten Conce&#x017F;&#x017F;ionen gemacht, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
er dazu von dem Pap&#x017F;t ermächtigt gewe&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Der Beichtvater &#x017F;pielte &#x017F;chon bei ihm eine Rolle. Der<lb/>
jüngere Granvella beklagt &#x017F;ich wohl, daß wenn er zu Ende<lb/>
gekommen zu &#x017F;eyn glaube, die Hydra der Gewi&#x017F;&#x017F;ens&#x017F;crupel<lb/>
immer neue Köpfe hervorbringe. <note place="foot" n="1"><hi rendition="#aq">Negotiato di D. Franc. di Toledo per l&#x2019;acquisto di Piom-<lb/>
bino: Bibliot. Maglibecchiana</hi> zu Florenz. Granvella &#x017F;agt: <hi rendition="#aq">resur-<lb/>
gevano come i capi della hydra le riprensioni et advertimenti<lb/>
della conscienza.</hi></note></p><lb/>
          <p>Das vornehm&#x017F;te Ziel das der Kai&#x017F;er verfolgte, war zwar<lb/>
politi&#x017F;cher, aber doch auch dem We&#x017F;en nach religiö&#x017F;er und<lb/>
zwar katholi&#x017F;cher Natur.</p><lb/>
          <p>Und höch&#x017F;t gerechtfertigt gieng er dabei zu Werke. Er<lb/>
begründete &#x017F;ein Verfahren allezeit auf die Ideen von Reich<lb/>
und Kirche.</p><lb/>
          <p>Alles was er in Deut&#x017F;chland unternahm, ward immer<lb/>
mit den Pflichten gegen die allgemeine Kirche, &#x017F;einem Eide<lb/>
die&#x017F;elbe aufrecht zu erhalten, der Rück&#x017F;icht auf die übrigen<lb/>
Nationen vertheidigt. In jeder Forderung an den Pap&#x017F;t<lb/>
dagegen traten die Rechte und Be&#x017F;chlü&#x017F;&#x017F;e des Reiches, die<lb/>
Nothwendigkeit die Entzweiungen der Reichsglieder beizule-<lb/>
gen, als Be&#x017F;timmungsgründe hervor.</p><lb/>
          <p>Die alten Formen die er noch einmal zu beleben &#x017F;uchte,<lb/>
gaben ihm eben die Aus&#x017F;icht durch &#x017F;ie zu herr&#x017F;chen. Je grö-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[112/0124] Neuntes Buch. Drittes Capitel. geweſen ſey: er war und blieb katholiſch: an dem Geheim- niß der Euchariſtie im katholiſchen Sinne und den Dien- ſten die ſich daran knüpfen hat er wohl nie einen Augen- blick gezweifelt. Hat er den Proteſtanten Conceſſionen gemacht, ſo iſt er dazu von dem Papſt ermächtigt geweſen. Der Beichtvater ſpielte ſchon bei ihm eine Rolle. Der jüngere Granvella beklagt ſich wohl, daß wenn er zu Ende gekommen zu ſeyn glaube, die Hydra der Gewiſſensſcrupel immer neue Köpfe hervorbringe. 1 Das vornehmſte Ziel das der Kaiſer verfolgte, war zwar politiſcher, aber doch auch dem Weſen nach religiöſer und zwar katholiſcher Natur. Und höchſt gerechtfertigt gieng er dabei zu Werke. Er begründete ſein Verfahren allezeit auf die Ideen von Reich und Kirche. Alles was er in Deutſchland unternahm, ward immer mit den Pflichten gegen die allgemeine Kirche, ſeinem Eide dieſelbe aufrecht zu erhalten, der Rückſicht auf die übrigen Nationen vertheidigt. In jeder Forderung an den Papſt dagegen traten die Rechte und Beſchlüſſe des Reiches, die Nothwendigkeit die Entzweiungen der Reichsglieder beizule- gen, als Beſtimmungsgründe hervor. Die alten Formen die er noch einmal zu beleben ſuchte, gaben ihm eben die Ausſicht durch ſie zu herrſchen. Je grö- 1 Negotiato di D. Franc. di Toledo per l’acquisto di Piom- bino: Bibliot. Maglibecchiana zu Florenz. Granvella ſagt: resur- gevano come i capi della hydra le riprensioni et advertimenti della conscienza.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/124
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/124>, abgerufen am 25.04.2024.