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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Entzweiung zwischen Kaiser und Papst.
verzügliche Rückkehr der versammelten Prälaten nach Trient
forderte. Würden sie sich, was er nicht hoffe, dazu nicht ent-
schließen, so protestire er hiemit, daß die Translation un-
rechtmäßig und sammt allem was darauf folge, null und
nichtig sey. Ihnen die sich Legaten nennen, und den hier
versammelten, größtentheils von dem Winke des Papstes ab-
hängigen Bischöfen, könne unmöglich das Recht zustehn, in
Sachen des Glaubens und der Reformation der Sitten der
christlichen Welt Gesetze vorzuschreiben, am wenigsten für eine
ihnen nicht eigentlich bekannte Provinz; die Antwort welche
sie und S. Heiligkeit dem Kaiser gegeben, sey unangemessen,
voll von Unwahrheiten, nichts als Täuschung. Er selbst, der
Kaiser, müsse sich der vom Papst vernachläßigten Kirche an-
nehmen, und alles thun was nach Recht und Gesetz, nach
altem Herkommen und der öffentlichen Meinung der Welt
ihm zukomme, kraft seines Amtes als Kaiser und als König.

Der Legat erwiederte, von dem was er gethan, wolle
er Gott Rechenschaft geben, dulden aber könne er nicht,
daß die weltliche Gewalt sich anmaße ein Concilium zu be-
herrschen.

Wir sehen: er hielt an seinem Begriffe von der Un-
abhängigkeit der geistlichen Gewalt fest, und ließ sich nicht
aus der Fassung bringen. Andern aber war doch nicht wohl
zu Muthe. Der Secretär des Conciliums schließt seinen Be-
richt hierüber mit dem Gebet, daß dieser Tag nicht der Anfang
des größten Schismas in der Kirche Gottes seyn möge. 1

Die Protestation ist eigentlich eine geistliche Kriegserklä-
rung. Der Kaiser war gesonnen, die Feindseligkeit die er auf

1 Actenstücke bei Rainaldus Tom. XXI, p. 373.

Entzweiung zwiſchen Kaiſer und Papſt.
verzügliche Rückkehr der verſammelten Prälaten nach Trient
forderte. Würden ſie ſich, was er nicht hoffe, dazu nicht ent-
ſchließen, ſo proteſtire er hiemit, daß die Translation un-
rechtmäßig und ſammt allem was darauf folge, null und
nichtig ſey. Ihnen die ſich Legaten nennen, und den hier
verſammelten, größtentheils von dem Winke des Papſtes ab-
hängigen Biſchöfen, könne unmöglich das Recht zuſtehn, in
Sachen des Glaubens und der Reformation der Sitten der
chriſtlichen Welt Geſetze vorzuſchreiben, am wenigſten für eine
ihnen nicht eigentlich bekannte Provinz; die Antwort welche
ſie und S. Heiligkeit dem Kaiſer gegeben, ſey unangemeſſen,
voll von Unwahrheiten, nichts als Täuſchung. Er ſelbſt, der
Kaiſer, müſſe ſich der vom Papſt vernachläßigten Kirche an-
nehmen, und alles thun was nach Recht und Geſetz, nach
altem Herkommen und der öffentlichen Meinung der Welt
ihm zukomme, kraft ſeines Amtes als Kaiſer und als König.

Der Legat erwiederte, von dem was er gethan, wolle
er Gott Rechenſchaft geben, dulden aber könne er nicht,
daß die weltliche Gewalt ſich anmaße ein Concilium zu be-
herrſchen.

Wir ſehen: er hielt an ſeinem Begriffe von der Un-
abhängigkeit der geiſtlichen Gewalt feſt, und ließ ſich nicht
aus der Faſſung bringen. Andern aber war doch nicht wohl
zu Muthe. Der Secretär des Conciliums ſchließt ſeinen Be-
richt hierüber mit dem Gebet, daß dieſer Tag nicht der Anfang
des größten Schismas in der Kirche Gottes ſeyn möge. 1

Die Proteſtation iſt eigentlich eine geiſtliche Kriegserklä-
rung. Der Kaiſer war geſonnen, die Feindſeligkeit die er auf

1 Actenſtuͤcke bei Rainaldus Tom. XXI, p. 373.
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[15/0027] Entzweiung zwiſchen Kaiſer und Papſt. verzügliche Rückkehr der verſammelten Prälaten nach Trient forderte. Würden ſie ſich, was er nicht hoffe, dazu nicht ent- ſchließen, ſo proteſtire er hiemit, daß die Translation un- rechtmäßig und ſammt allem was darauf folge, null und nichtig ſey. Ihnen die ſich Legaten nennen, und den hier verſammelten, größtentheils von dem Winke des Papſtes ab- hängigen Biſchöfen, könne unmöglich das Recht zuſtehn, in Sachen des Glaubens und der Reformation der Sitten der chriſtlichen Welt Geſetze vorzuſchreiben, am wenigſten für eine ihnen nicht eigentlich bekannte Provinz; die Antwort welche ſie und S. Heiligkeit dem Kaiſer gegeben, ſey unangemeſſen, voll von Unwahrheiten, nichts als Täuſchung. Er ſelbſt, der Kaiſer, müſſe ſich der vom Papſt vernachläßigten Kirche an- nehmen, und alles thun was nach Recht und Geſetz, nach altem Herkommen und der öffentlichen Meinung der Welt ihm zukomme, kraft ſeines Amtes als Kaiſer und als König. Der Legat erwiederte, von dem was er gethan, wolle er Gott Rechenſchaft geben, dulden aber könne er nicht, daß die weltliche Gewalt ſich anmaße ein Concilium zu be- herrſchen. Wir ſehen: er hielt an ſeinem Begriffe von der Un- abhängigkeit der geiſtlichen Gewalt feſt, und ließ ſich nicht aus der Faſſung bringen. Andern aber war doch nicht wohl zu Muthe. Der Secretär des Conciliums ſchließt ſeinen Be- richt hierüber mit dem Gebet, daß dieſer Tag nicht der Anfang des größten Schismas in der Kirche Gottes ſeyn möge. 1 Die Proteſtation iſt eigentlich eine geiſtliche Kriegserklä- rung. Der Kaiſer war geſonnen, die Feindſeligkeit die er auf 1 Actenſtuͤcke bei Rainaldus Tom. XXI, p. 373.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/27>, abgerufen am 19.04.2024.