Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Eintritt Churfürst Augusts von Sachsen.
wie ihm wolle: als er jetzt zurückkam, fand er sein Land
durch die Steuern, Hülfleistungen und unaufhörlichen Kriegs-
züge so ganz erschöpft und seine Casse mit so unerschwing-
lichen Lasten beladen, daß er, und zwar, wie er selbst erzählt,
im ersten Augenblick, bei sich beschloß, Friede zu machen. 1

Auch hatte er freilich weniger Haß auf sich gezogen
und daher weniger zu fürchten als sein Bruder.

Unmittelbar nach der Sievershauser Schlacht sandte Jo-
hann Friedrich seinen ältesten Sohn nach Brüssel, und ließ
auf den Fall, daß der Kaiser nicht durch einen besondern
Tractat mit August daran gehindert werde, um die Rück-
gabe der Churwürde und der verlorenen Lande bitten, wo-
für sein Haus dem kaiserlichen ohne Aufhören dankbar seyn
werde. Der Kaiser antwortete ihm: auch August sey in
der Belehnung mit der Churwürde begriffen: Johann Fried-
rich werde nichts von ihm verlangen, was gegen seine Ehre
und Pflicht laufe. 2


1 Propositio ufm Landtage zu Dreßden Donnstag nach Ostern
1554. "Und wie wohl wir dieselbe Zeit eine kleine Regierung ge-
hapt (vor 7 Jahren), so hatten wir doch - zu dem liebsten gerathen
gefordert und geholfen, das frid und einigkeit in diesen Landen und
der ganzen deutschen Nation wer erhalten worden. Da es aber an-
ders erfolget und sider des ein krig aus dem andern verursachet,
das auch diese lande erbermlich verterbet, mordt brand und andre tref-
fenliche beschwerung erleyden und ertragen müssen, dorin sind wir bil-
lig entschuldiget, den es ist am tage, das wir derzu keine ursach ge-
geben, sondern nicht ein geringes mitleiden in unserm gemüthe ge-
hapt." -- Er sagt nur, daß er den neuen Krieg gegen Albrecht nicht
erwartet; bei seiner Rückkehr habe das Kriegsvolk monatlich 64000 G.
gekostet. -- "Haben bei uns beschlossen durch Gottes Hülf und Gnade
den Frieden nicht abe noch auszuschlagen sondern zu fördern." (MS
der Bibl. zu Berlin.)
2 Schreiben des Kaisers an Ferdinand 26 Aug 1553.

Eintritt Churfuͤrſt Auguſts von Sachſen.
wie ihm wolle: als er jetzt zurückkam, fand er ſein Land
durch die Steuern, Hülfleiſtungen und unaufhörlichen Kriegs-
züge ſo ganz erſchöpft und ſeine Caſſe mit ſo unerſchwing-
lichen Laſten beladen, daß er, und zwar, wie er ſelbſt erzählt,
im erſten Augenblick, bei ſich beſchloß, Friede zu machen. 1

Auch hatte er freilich weniger Haß auf ſich gezogen
und daher weniger zu fürchten als ſein Bruder.

Unmittelbar nach der Sievershauſer Schlacht ſandte Jo-
hann Friedrich ſeinen älteſten Sohn nach Brüſſel, und ließ
auf den Fall, daß der Kaiſer nicht durch einen beſondern
Tractat mit Auguſt daran gehindert werde, um die Rück-
gabe der Churwürde und der verlorenen Lande bitten, wo-
für ſein Haus dem kaiſerlichen ohne Aufhören dankbar ſeyn
werde. Der Kaiſer antwortete ihm: auch Auguſt ſey in
der Belehnung mit der Churwürde begriffen: Johann Fried-
rich werde nichts von ihm verlangen, was gegen ſeine Ehre
und Pflicht laufe. 2


1 Propoſitio ufm Landtage zu Dreßden Donnſtag nach Oſtern
1554. „Und wie wohl wir dieſelbe Zeit eine kleine Regierung ge-
hapt (vor 7 Jahren), ſo hatten wir doch ‒ zu dem liebſten gerathen
gefordert und geholfen, das frid und einigkeit in dieſen Landen und
der ganzen deutſchen Nation wer erhalten worden. Da es aber an-
ders erfolget und ſider des ein krig aus dem andern verurſachet,
das auch dieſe lande erbermlich verterbet, mordt brand und andre tref-
fenliche beſchwerung erleyden und ertragen muͤſſen, dorin ſind wir bil-
lig entſchuldiget, den es iſt am tage, das wir derzu keine urſach ge-
geben, ſondern nicht ein geringes mitleiden in unſerm gemuͤthe ge-
hapt.“ — Er ſagt nur, daß er den neuen Krieg gegen Albrecht nicht
erwartet; bei ſeiner Ruͤckkehr habe das Kriegsvolk monatlich 64000 G.
gekoſtet. — „Haben bei uns beſchloſſen durch Gottes Huͤlf und Gnade
den Frieden nicht abe noch auszuſchlagen ſondern zu foͤrdern.“ (MS
der Bibl. zu Berlin.)
2 Schreiben des Kaiſers an Ferdinand 26 Aug 1553.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0343" n="331"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Eintritt Churfu&#x0364;r&#x017F;t Augu&#x017F;ts von Sach&#x017F;en</hi>.</fw><lb/>
wie ihm wolle: als er jetzt zurückkam, fand er &#x017F;ein Land<lb/>
durch die Steuern, Hülflei&#x017F;tungen und unaufhörlichen Kriegs-<lb/>
züge &#x017F;o ganz er&#x017F;chöpft und &#x017F;eine Ca&#x017F;&#x017F;e mit &#x017F;o uner&#x017F;chwing-<lb/>
lichen La&#x017F;ten beladen, daß er, und zwar, wie er &#x017F;elb&#x017F;t erzählt,<lb/>
im er&#x017F;ten Augenblick, bei &#x017F;ich be&#x017F;chloß, Friede zu machen. <note place="foot" n="1">Propo&#x017F;itio ufm Landtage zu Dreßden Donn&#x017F;tag nach O&#x017F;tern<lb/>
1554. &#x201E;Und wie wohl wir die&#x017F;elbe Zeit eine kleine Regierung ge-<lb/>
hapt (vor 7 Jahren), &#x017F;o hatten wir doch &#x2012; zu dem lieb&#x017F;ten gerathen<lb/>
gefordert und geholfen, das frid und einigkeit in die&#x017F;en Landen und<lb/>
der ganzen deut&#x017F;chen Nation wer erhalten worden. Da es aber an-<lb/>
ders erfolget und &#x017F;ider des ein krig aus dem andern verur&#x017F;achet,<lb/>
das auch die&#x017F;e lande erbermlich verterbet, mordt brand und andre tref-<lb/>
fenliche be&#x017F;chwerung erleyden und ertragen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, dorin &#x017F;ind wir bil-<lb/>
lig ent&#x017F;chuldiget, den es i&#x017F;t am tage, das wir derzu keine ur&#x017F;ach ge-<lb/>
geben, &#x017F;ondern nicht ein geringes mitleiden in un&#x017F;erm gemu&#x0364;the ge-<lb/>
hapt.&#x201C; &#x2014; Er &#x017F;agt nur, daß er den neuen Krieg gegen Albrecht nicht<lb/>
erwartet; bei &#x017F;einer Ru&#x0364;ckkehr habe das Kriegsvolk monatlich 64000 G.<lb/>
geko&#x017F;tet. &#x2014; &#x201E;Haben bei uns be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en durch Gottes Hu&#x0364;lf und Gnade<lb/>
den Frieden nicht abe noch auszu&#x017F;chlagen &#x017F;ondern zu fo&#x0364;rdern.&#x201C; (<hi rendition="#aq">MS</hi><lb/>
der Bibl. zu Berlin.)</note></p><lb/>
          <p>Auch hatte er freilich weniger Haß auf &#x017F;ich gezogen<lb/>
und daher weniger zu fürchten als &#x017F;ein Bruder.</p><lb/>
          <p>Unmittelbar nach der Sievershau&#x017F;er Schlacht &#x017F;andte Jo-<lb/>
hann Friedrich &#x017F;einen älte&#x017F;ten Sohn nach Brü&#x017F;&#x017F;el, und ließ<lb/>
auf den Fall, daß der Kai&#x017F;er nicht durch einen be&#x017F;ondern<lb/>
Tractat mit Augu&#x017F;t daran gehindert werde, um die Rück-<lb/>
gabe der Churwürde und der verlorenen Lande bitten, wo-<lb/>
für &#x017F;ein Haus dem kai&#x017F;erlichen ohne Aufhören dankbar &#x017F;eyn<lb/>
werde. Der Kai&#x017F;er antwortete ihm: auch Augu&#x017F;t &#x017F;ey in<lb/>
der Belehnung mit der Churwürde begriffen: Johann Fried-<lb/>
rich werde nichts von ihm verlangen, was gegen &#x017F;eine Ehre<lb/>
und Pflicht laufe. <note place="foot" n="2">Schreiben des Kai&#x017F;ers an Ferdinand 26 Aug 1553.</note></p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[331/0343] Eintritt Churfuͤrſt Auguſts von Sachſen. wie ihm wolle: als er jetzt zurückkam, fand er ſein Land durch die Steuern, Hülfleiſtungen und unaufhörlichen Kriegs- züge ſo ganz erſchöpft und ſeine Caſſe mit ſo unerſchwing- lichen Laſten beladen, daß er, und zwar, wie er ſelbſt erzählt, im erſten Augenblick, bei ſich beſchloß, Friede zu machen. 1 Auch hatte er freilich weniger Haß auf ſich gezogen und daher weniger zu fürchten als ſein Bruder. Unmittelbar nach der Sievershauſer Schlacht ſandte Jo- hann Friedrich ſeinen älteſten Sohn nach Brüſſel, und ließ auf den Fall, daß der Kaiſer nicht durch einen beſondern Tractat mit Auguſt daran gehindert werde, um die Rück- gabe der Churwürde und der verlorenen Lande bitten, wo- für ſein Haus dem kaiſerlichen ohne Aufhören dankbar ſeyn werde. Der Kaiſer antwortete ihm: auch Auguſt ſey in der Belehnung mit der Churwürde begriffen: Johann Fried- rich werde nichts von ihm verlangen, was gegen ſeine Ehre und Pflicht laufe. 2 1 Propoſitio ufm Landtage zu Dreßden Donnſtag nach Oſtern 1554. „Und wie wohl wir dieſelbe Zeit eine kleine Regierung ge- hapt (vor 7 Jahren), ſo hatten wir doch ‒ zu dem liebſten gerathen gefordert und geholfen, das frid und einigkeit in dieſen Landen und der ganzen deutſchen Nation wer erhalten worden. Da es aber an- ders erfolget und ſider des ein krig aus dem andern verurſachet, das auch dieſe lande erbermlich verterbet, mordt brand und andre tref- fenliche beſchwerung erleyden und ertragen muͤſſen, dorin ſind wir bil- lig entſchuldiget, den es iſt am tage, das wir derzu keine urſach ge- geben, ſondern nicht ein geringes mitleiden in unſerm gemuͤthe ge- hapt.“ — Er ſagt nur, daß er den neuen Krieg gegen Albrecht nicht erwartet; bei ſeiner Ruͤckkehr habe das Kriegsvolk monatlich 64000 G. gekoſtet. — „Haben bei uns beſchloſſen durch Gottes Huͤlf und Gnade den Frieden nicht abe noch auszuſchlagen ſondern zu foͤrdern.“ (MS der Bibl. zu Berlin.) 2 Schreiben des Kaiſers an Ferdinand 26 Aug 1553.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/343
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/343>, abgerufen am 25.04.2024.