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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Beschlußnahme.

Indessen: wir wissen, noch war man damit nicht zu
vollem Beschluß gelangt: an dem Einen Streitpunct konnte
noch alles scheitern. 1

Beschlußnahme.

Schon an und für sich konnte Ferdinand mit seinen
Freunden nicht geneigt seyn so große Zugeständnisse zu ma-
chen wie man ihm anmuthete. Einen ganz andern Gang
der [ - 4 Zeichen fehlen]e hatte er erwartet. Er beklagt, daß er zu dem
was er wünsche schwerlich noch gelangen werde, und dage-
gen zugeben solle was ihm widerwärtig sey. 2 Da er mit
dem erneuerten Antrag, auf Kosten des Reiches eine Kriegs-
macht unter Herzog Heinrich ins Feld zu stellen, nicht durch-
drang, so faßte er den Gedanken, und zwar mit Beistimmung
seines Bruders, der zwar nicht mehr eingreifen wollte aber
noch zu Rathe gezogen ward, den Reichstag auf künftiges
Frühjahr zu prorogiren, und brachte es förmlich in Vorschlag.
Die Bevollmächtigten fragten bei ihren Fürsten darüber an,
allein die meisten, vor allen aber die protestantischen, er-
klärten sich mit Entschiedenheit dagegen. Sie fürchteten die
Unterhandlungen die in diesem Augenblick mit Frankreich und

1 Die sächsischen Gesandten bemerken 29 Juni, daß "ehr (der
Religionsfriede) vielen sauer eingeht, und wenig Lust und guten wil-
lens dazu haben." 8 Juli: Kram: "ich befinde unsers widertheils
gemüther jetzo viehl verpitterter gegen uns denn jehmals vor der Zeit:
was nun ferner folgen wil gibt die Zeit."
2 Schreiben Ferdinands am 20sten Aug. Et a la verite je
me trouve empesche de resoudre ce que je devrai faire pour ce
que je crains que ne pourray obtenir ce a quoy je pretends et
d'austre couste pour etre les conditions qu'ils demandent bien
griefves et mal honnestes.
Beſchlußnahme.

Indeſſen: wir wiſſen, noch war man damit nicht zu
vollem Beſchluß gelangt: an dem Einen Streitpunct konnte
noch alles ſcheitern. 1

Beſchlußnahme.

Schon an und für ſich konnte Ferdinand mit ſeinen
Freunden nicht geneigt ſeyn ſo große Zugeſtändniſſe zu ma-
chen wie man ihm anmuthete. Einen ganz andern Gang
der [ – 4 Zeichen fehlen]e hatte er erwartet. Er beklagt, daß er zu dem
was er wünſche ſchwerlich noch gelangen werde, und dage-
gen zugeben ſolle was ihm widerwärtig ſey. 2 Da er mit
dem erneuerten Antrag, auf Koſten des Reiches eine Kriegs-
macht unter Herzog Heinrich ins Feld zu ſtellen, nicht durch-
drang, ſo faßte er den Gedanken, und zwar mit Beiſtimmung
ſeines Bruders, der zwar nicht mehr eingreifen wollte aber
noch zu Rathe gezogen ward, den Reichstag auf künftiges
Frühjahr zu prorogiren, und brachte es förmlich in Vorſchlag.
Die Bevollmächtigten fragten bei ihren Fürſten darüber an,
allein die meiſten, vor allen aber die proteſtantiſchen, er-
klärten ſich mit Entſchiedenheit dagegen. Sie fürchteten die
Unterhandlungen die in dieſem Augenblick mit Frankreich und

1 Die ſaͤchſiſchen Geſandten bemerken 29 Juni, daß „ehr (der
Religionsfriede) vielen ſauer eingeht, und wenig Luſt und guten wil-
lens dazu haben.“ 8 Juli: Kram: „ich befinde unſers widertheils
gemuͤther jetzo viehl verpitterter gegen uns denn jehmals vor der Zeit:
was nun ferner folgen wil gibt die Zeit.“
2 Schreiben Ferdinands am 20ſten Aug. Et a la verité je
me trouve empesché de resoudre ce que je devrai faire pour ce
que je crains que ne pourray obtenir ce a quoy je pretends et
d’austre cousté pour etre les conditions qu’ils demandent bien
griefves et mal honnestes.
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[383/0395] Beſchlußnahme. Indeſſen: wir wiſſen, noch war man damit nicht zu vollem Beſchluß gelangt: an dem Einen Streitpunct konnte noch alles ſcheitern. 1 Beſchlußnahme. Schon an und für ſich konnte Ferdinand mit ſeinen Freunden nicht geneigt ſeyn ſo große Zugeſtändniſſe zu ma- chen wie man ihm anmuthete. Einen ganz andern Gang der ____e hatte er erwartet. Er beklagt, daß er zu dem was er wünſche ſchwerlich noch gelangen werde, und dage- gen zugeben ſolle was ihm widerwärtig ſey. 2 Da er mit dem erneuerten Antrag, auf Koſten des Reiches eine Kriegs- macht unter Herzog Heinrich ins Feld zu ſtellen, nicht durch- drang, ſo faßte er den Gedanken, und zwar mit Beiſtimmung ſeines Bruders, der zwar nicht mehr eingreifen wollte aber noch zu Rathe gezogen ward, den Reichstag auf künftiges Frühjahr zu prorogiren, und brachte es förmlich in Vorſchlag. Die Bevollmächtigten fragten bei ihren Fürſten darüber an, allein die meiſten, vor allen aber die proteſtantiſchen, er- klärten ſich mit Entſchiedenheit dagegen. Sie fürchteten die Unterhandlungen die in dieſem Augenblick mit Frankreich und 1 Die ſaͤchſiſchen Geſandten bemerken 29 Juni, daß „ehr (der Religionsfriede) vielen ſauer eingeht, und wenig Luſt und guten wil- lens dazu haben.“ 8 Juli: Kram: „ich befinde unſers widertheils gemuͤther jetzo viehl verpitterter gegen uns denn jehmals vor der Zeit: was nun ferner folgen wil gibt die Zeit.“ 2 Schreiben Ferdinands am 20ſten Aug. Et a la verité je me trouve empesché de resoudre ce que je devrai faire pour ce que je crains que ne pourray obtenir ce a quoy je pretends et d’austre cousté pour etre les conditions qu’ils demandent bien griefves et mal honnestes.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/395>, abgerufen am 28.03.2024.