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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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3. Handelsgewächse.
Stengel, an deren Knotenstellen die ziemlich ansehnlichen ovalen, zu-
gespitzten Blätter und später auch die Blüthenähren sich entwickeln.
Die Blüthen sind geruchlos, von rother Farbe und in ihrem Aussehen
und Bau verschiedenen andern Polygonumarten sehr ähnlich. Sie er-
scheinen im August und September, doch findet die Ernte gewöhnlich
vor ihrer völligen Entwickelung statt. Chemische Untersuchungen der
Pflanze haben nämlich ergeben, dass das Indigochromogen, Indican,
als Zellinhalt auf das Blattparenchym beschränkt und Stengel und
Blüthen frei davon sind.*) Dieser Thatsache entspricht die Cultur-
und Behandlungsweise der Pflanze.

Der Färberknöterig ist unter allen japanischen Farbpflanzen weit-
aus die wichtigste, da der aus ihm gewonnene Indigo zum Färben der
Baumwoll- und hanfleinenen Gewänder eine ausgedehnte Verwendung
findet. Dementsprechend ist auch seine Cultur eine weitverbreitete
und findet sich in den Ebenen und Thalsohlen fast aller Landestheile
südlich von Yezo. Bei Bestellung der Felder wendet man selten di-
rekte Saat (Breitsaat), sondern meist Verpflanzung in Reihen der auf
dem Saatbeete gewonnenen Setzlinge an. Auf denselben entwickeln
sich aus den zeitig im Frühjahr ausgestreuten Samen innerhalb zweier
Monate und mit Hülfe wiederholt angewandten kräftigen Düngers, wie
Fischguano und Oelkuchen, die 12--15 cm hohen Setzlinge und werden
dann auf das zubereitete Feld verpflanzt. Nach abermals 60--70 Tagen
-- gegen Ende Juli oder Anfangs August -- beginnt die Haupternte,
der sich später noch eine vom Nachwuchs anschliesst, ähnlich wie
beim Klee. Einem Kleefelde, bevor dasselbe Blüthenköpfe entfaltet
hat, gleicht auch aus einiger Entfernung das Aussehen der Ai-Pflan-
zung. Die Stengel derselben haben etwa 30 cm Höhe erreicht, wenn
sie mit einer Sichel dicht über dem Boden abgeschnitten werden.
Die oberen blattreichsten Theile hält man mit Recht für die werth-
vollsten und trennt sie und die Blätter von den Stengelstücken, die
man nach dem Trocknen verbrennt, um daraus eine geschätzte Asche
(Ai-no-bai) zu erhalten. Die Blätter aber breitet man an der Sonne
zum Dörren aus und zwar oft ohne jede Unterlage vor den Häusern,
so dass der Strassenstaub nicht ausgeschlossen bleibt. Sie werden da-
durch mattdunkelgrün und kommen in diesem Zustande in Strohseil-
säcke zur Aufbewahrung für weitere Behandlung. Diese erfordert
70--80 Tage Zeit und unterscheidet sich dadurch und sonst sehr wesent-

*) Schunk: "On Indian Blue from Polygonum tinctorium and other Plants."
Memoirs of the Lit. & Phil. Soc. Manchester Vol. VI (3. Series). pp. 218--234.
Siehe auch Flückiger's Referat im Botanischen Jahresbericht von Just
VII. 2. pg. 343. 1879.

3. Handelsgewächse.
Stengel, an deren Knotenstellen die ziemlich ansehnlichen ovalen, zu-
gespitzten Blätter und später auch die Blüthenähren sich entwickeln.
Die Blüthen sind geruchlos, von rother Farbe und in ihrem Aussehen
und Bau verschiedenen andern Polygonumarten sehr ähnlich. Sie er-
scheinen im August und September, doch findet die Ernte gewöhnlich
vor ihrer völligen Entwickelung statt. Chemische Untersuchungen der
Pflanze haben nämlich ergeben, dass das Indigochromogen, Indican,
als Zellinhalt auf das Blattparenchym beschränkt und Stengel und
Blüthen frei davon sind.*) Dieser Thatsache entspricht die Cultur-
und Behandlungsweise der Pflanze.

Der Färberknöterig ist unter allen japanischen Farbpflanzen weit-
aus die wichtigste, da der aus ihm gewonnene Indigo zum Färben der
Baumwoll- und hanfleinenen Gewänder eine ausgedehnte Verwendung
findet. Dementsprechend ist auch seine Cultur eine weitverbreitete
und findet sich in den Ebenen und Thalsohlen fast aller Landestheile
südlich von Yezo. Bei Bestellung der Felder wendet man selten di-
rekte Saat (Breitsaat), sondern meist Verpflanzung in Reihen der auf
dem Saatbeete gewonnenen Setzlinge an. Auf denselben entwickeln
sich aus den zeitig im Frühjahr ausgestreuten Samen innerhalb zweier
Monate und mit Hülfe wiederholt angewandten kräftigen Düngers, wie
Fischguano und Oelkuchen, die 12—15 cm hohen Setzlinge und werden
dann auf das zubereitete Feld verpflanzt. Nach abermals 60—70 Tagen
— gegen Ende Juli oder Anfangs August — beginnt die Haupternte,
der sich später noch eine vom Nachwuchs anschliesst, ähnlich wie
beim Klee. Einem Kleefelde, bevor dasselbe Blüthenköpfe entfaltet
hat, gleicht auch aus einiger Entfernung das Aussehen der Ai-Pflan-
zung. Die Stengel derselben haben etwa 30 cm Höhe erreicht, wenn
sie mit einer Sichel dicht über dem Boden abgeschnitten werden.
Die oberen blattreichsten Theile hält man mit Recht für die werth-
vollsten und trennt sie und die Blätter von den Stengelstücken, die
man nach dem Trocknen verbrennt, um daraus eine geschätzte Asche
(Ai-no-bai) zu erhalten. Die Blätter aber breitet man an der Sonne
zum Dörren aus und zwar oft ohne jede Unterlage vor den Häusern,
so dass der Strassenstaub nicht ausgeschlossen bleibt. Sie werden da-
durch mattdunkelgrün und kommen in diesem Zustande in Strohseil-
säcke zur Aufbewahrung für weitere Behandlung. Diese erfordert
70—80 Tage Zeit und unterscheidet sich dadurch und sonst sehr wesent-

*) Schunk: »On Indian Blue from Polygonum tinctorium and other Plants.«
Memoirs of the Lit. & Phil. Soc. Manchester Vol. VI (3. Series). pp. 218—234.
Siehe auch Flückiger’s Referat im Botanischen Jahresbericht von Just
VII. 2. pg. 343. 1879.
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[205/0227] 3. Handelsgewächse. Stengel, an deren Knotenstellen die ziemlich ansehnlichen ovalen, zu- gespitzten Blätter und später auch die Blüthenähren sich entwickeln. Die Blüthen sind geruchlos, von rother Farbe und in ihrem Aussehen und Bau verschiedenen andern Polygonumarten sehr ähnlich. Sie er- scheinen im August und September, doch findet die Ernte gewöhnlich vor ihrer völligen Entwickelung statt. Chemische Untersuchungen der Pflanze haben nämlich ergeben, dass das Indigochromogen, Indican, als Zellinhalt auf das Blattparenchym beschränkt und Stengel und Blüthen frei davon sind. *) Dieser Thatsache entspricht die Cultur- und Behandlungsweise der Pflanze. Der Färberknöterig ist unter allen japanischen Farbpflanzen weit- aus die wichtigste, da der aus ihm gewonnene Indigo zum Färben der Baumwoll- und hanfleinenen Gewänder eine ausgedehnte Verwendung findet. Dementsprechend ist auch seine Cultur eine weitverbreitete und findet sich in den Ebenen und Thalsohlen fast aller Landestheile südlich von Yezo. Bei Bestellung der Felder wendet man selten di- rekte Saat (Breitsaat), sondern meist Verpflanzung in Reihen der auf dem Saatbeete gewonnenen Setzlinge an. Auf denselben entwickeln sich aus den zeitig im Frühjahr ausgestreuten Samen innerhalb zweier Monate und mit Hülfe wiederholt angewandten kräftigen Düngers, wie Fischguano und Oelkuchen, die 12—15 cm hohen Setzlinge und werden dann auf das zubereitete Feld verpflanzt. Nach abermals 60—70 Tagen — gegen Ende Juli oder Anfangs August — beginnt die Haupternte, der sich später noch eine vom Nachwuchs anschliesst, ähnlich wie beim Klee. Einem Kleefelde, bevor dasselbe Blüthenköpfe entfaltet hat, gleicht auch aus einiger Entfernung das Aussehen der Ai-Pflan- zung. Die Stengel derselben haben etwa 30 cm Höhe erreicht, wenn sie mit einer Sichel dicht über dem Boden abgeschnitten werden. Die oberen blattreichsten Theile hält man mit Recht für die werth- vollsten und trennt sie und die Blätter von den Stengelstücken, die man nach dem Trocknen verbrennt, um daraus eine geschätzte Asche (Ai-no-bai) zu erhalten. Die Blätter aber breitet man an der Sonne zum Dörren aus und zwar oft ohne jede Unterlage vor den Häusern, so dass der Strassenstaub nicht ausgeschlossen bleibt. Sie werden da- durch mattdunkelgrün und kommen in diesem Zustande in Strohseil- säcke zur Aufbewahrung für weitere Behandlung. Diese erfordert 70—80 Tage Zeit und unterscheidet sich dadurch und sonst sehr wesent- *) Schunk: »On Indian Blue from Polygonum tinctorium and other Plants.« Memoirs of the Lit. & Phil. Soc. Manchester Vol. VI (3. Series). pp. 218—234. Siehe auch Flückiger’s Referat im Botanischen Jahresbericht von Just VII. 2. pg. 343. 1879.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/227>, abgerufen am 25.04.2024.