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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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II. Montanindustrie.
an geeigneten Verkehrsmitteln*) und dazu die Unstetigkeit und stete
Neuerungssucht der Behörde, welche nicht die Zeit abwarten konnte,
bis begonnene Reformen durchgeführt und erprobt wurden.

Die Japaner hatten ihr Land nach werthvollen Mineralien viel
gründlicher durchforscht und die meisten der vorhandenen Gruben viel
mehr erschöpft, als bei Beginn der neuen Aera vor etwa 30 Jahren
allgemein angenommen wurde. Es ist mir in der That nicht bekannt,
dass einer der vielen fremden Bergingenieure irgendwo in der Lage
gewesen wäre, neue beachtenswerthe Aufschlüsse und Minerallager zu
entdecken. Das Interesse der Nation an der Auffindung und Hebung
unterirdischer Schätze war eben schon lange zuvor ein sehr lebhaftes,
wie zahlreiche Spuren alter Schürfungen und Gruben im Lande, sowie
eine ziemlich reiche Literatur über den Bergbau beweisen.

Die meisten der fremden Bergingenieure, welche seit der Perry-
Expedition nach Japan berufen wurden, um als Berather und Leiter
von Bergwerksunternehmungen zu wirken, kehrten nach Ablauf ihres
Contractes enttäuscht zurück. Nur einige, welche es besser ver-
standen, der Eigenliebe zu schmeicheln und nebenher mit Beamten
und Kaufleuten auf Kosten des Staates gewinnreiche Lieferungsver-
träge für Maschinen und andern Bedarf abzuschliessen, hielten sich
länger; doch waren gerade diese am wenigsten geeignet, den gesun-
kenen Bergbau wieder in Schwung zu bringen.**)

Wenn wir die jährlichen Nachweise über die Ergebnisse der Mon-
tanindustrie Japans seit 1868 überblicken, so erkennen wir leicht, dass
in den meisten Fällen die seitherigen Bemühungen nicht vermocht
haben, die Erträge erheblich zu steigern. Sie bestätigen nur mein

*) Der Mangel an geeigneten Verkehrsmitteln und die grosse Entfernung der
meisten Erzgruben von den Steinkohlenbergwerken erschwert und vertheuert die
Verhüttung ihrer Producte mehr und mehr; denn da dieselbe aus erwähnten Grün-
den in der Nähe erfolgen muss, als Reductionsmittel aber die Holzkohle dient, so
ist bei der fehlenden Pflege der Hochwald allmählich im weiten Umkreise um die
Grubenfelder verschwunden und man genöthigt, diese Holzkohle aus immer weite-
rem Kreise auf Lastthieren herbeizuschaffen, wie dies bereits Hagmaier in dem
oben citierten Reisebericht hervorhebt.
**) Einer der tüchtigsten deutschen Bergingenieure gab seinen Erfahrungen
mit folgenden scharfen, aber wie man mir sagte, ziemlich zutreffenden Worten
Ausdruck: "Der Japaner ist eitel, in hohem Grade der Schmeichelei zugängig,
unstet, neuerungssüchtig. Im Bergbau werden die unglücklichsten Versuche ge-
macht. Mancher fremde Berather gab Unsinn an aus Unverstand; mancher andere
schmeichelte der kindischen Eitelkeit, um seine Taschen zu füllen, und fand bereite
Helfershelfer, denn auch darin hat der feinere Gauner Spürsinn und Blick, welche
dem ehrlichen Manne fehlen".

II. Montanindustrie.
an geeigneten Verkehrsmitteln*) und dazu die Unstetigkeit und stete
Neuerungssucht der Behörde, welche nicht die Zeit abwarten konnte,
bis begonnene Reformen durchgeführt und erprobt wurden.

Die Japaner hatten ihr Land nach werthvollen Mineralien viel
gründlicher durchforscht und die meisten der vorhandenen Gruben viel
mehr erschöpft, als bei Beginn der neuen Aera vor etwa 30 Jahren
allgemein angenommen wurde. Es ist mir in der That nicht bekannt,
dass einer der vielen fremden Bergingenieure irgendwo in der Lage
gewesen wäre, neue beachtenswerthe Aufschlüsse und Minerallager zu
entdecken. Das Interesse der Nation an der Auffindung und Hebung
unterirdischer Schätze war eben schon lange zuvor ein sehr lebhaftes,
wie zahlreiche Spuren alter Schürfungen und Gruben im Lande, sowie
eine ziemlich reiche Literatur über den Bergbau beweisen.

Die meisten der fremden Bergingenieure, welche seit der Perry-
Expedition nach Japan berufen wurden, um als Berather und Leiter
von Bergwerksunternehmungen zu wirken, kehrten nach Ablauf ihres
Contractes enttäuscht zurück. Nur einige, welche es besser ver-
standen, der Eigenliebe zu schmeicheln und nebenher mit Beamten
und Kaufleuten auf Kosten des Staates gewinnreiche Lieferungsver-
träge für Maschinen und andern Bedarf abzuschliessen, hielten sich
länger; doch waren gerade diese am wenigsten geeignet, den gesun-
kenen Bergbau wieder in Schwung zu bringen.**)

Wenn wir die jährlichen Nachweise über die Ergebnisse der Mon-
tanindustrie Japans seit 1868 überblicken, so erkennen wir leicht, dass
in den meisten Fällen die seitherigen Bemühungen nicht vermocht
haben, die Erträge erheblich zu steigern. Sie bestätigen nur mein

*) Der Mangel an geeigneten Verkehrsmitteln und die grosse Entfernung der
meisten Erzgruben von den Steinkohlenbergwerken erschwert und vertheuert die
Verhüttung ihrer Producte mehr und mehr; denn da dieselbe aus erwähnten Grün-
den in der Nähe erfolgen muss, als Reductionsmittel aber die Holzkohle dient, so
ist bei der fehlenden Pflege der Hochwald allmählich im weiten Umkreise um die
Grubenfelder verschwunden und man genöthigt, diese Holzkohle aus immer weite-
rem Kreise auf Lastthieren herbeizuschaffen, wie dies bereits Hagmaier in dem
oben citierten Reisebericht hervorhebt.
**) Einer der tüchtigsten deutschen Bergingenieure gab seinen Erfahrungen
mit folgenden scharfen, aber wie man mir sagte, ziemlich zutreffenden Worten
Ausdruck: »Der Japaner ist eitel, in hohem Grade der Schmeichelei zugängig,
unstet, neuerungssüchtig. Im Bergbau werden die unglücklichsten Versuche ge-
macht. Mancher fremde Berather gab Unsinn an aus Unverstand; mancher andere
schmeichelte der kindischen Eitelkeit, um seine Taschen zu füllen, und fand bereite
Helfershelfer, denn auch darin hat der feinere Gauner Spürsinn und Blick, welche
dem ehrlichen Manne fehlen«.
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[348/0372] II. Montanindustrie. an geeigneten Verkehrsmitteln *) und dazu die Unstetigkeit und stete Neuerungssucht der Behörde, welche nicht die Zeit abwarten konnte, bis begonnene Reformen durchgeführt und erprobt wurden. Die Japaner hatten ihr Land nach werthvollen Mineralien viel gründlicher durchforscht und die meisten der vorhandenen Gruben viel mehr erschöpft, als bei Beginn der neuen Aera vor etwa 30 Jahren allgemein angenommen wurde. Es ist mir in der That nicht bekannt, dass einer der vielen fremden Bergingenieure irgendwo in der Lage gewesen wäre, neue beachtenswerthe Aufschlüsse und Minerallager zu entdecken. Das Interesse der Nation an der Auffindung und Hebung unterirdischer Schätze war eben schon lange zuvor ein sehr lebhaftes, wie zahlreiche Spuren alter Schürfungen und Gruben im Lande, sowie eine ziemlich reiche Literatur über den Bergbau beweisen. Die meisten der fremden Bergingenieure, welche seit der Perry- Expedition nach Japan berufen wurden, um als Berather und Leiter von Bergwerksunternehmungen zu wirken, kehrten nach Ablauf ihres Contractes enttäuscht zurück. Nur einige, welche es besser ver- standen, der Eigenliebe zu schmeicheln und nebenher mit Beamten und Kaufleuten auf Kosten des Staates gewinnreiche Lieferungsver- träge für Maschinen und andern Bedarf abzuschliessen, hielten sich länger; doch waren gerade diese am wenigsten geeignet, den gesun- kenen Bergbau wieder in Schwung zu bringen. **) Wenn wir die jährlichen Nachweise über die Ergebnisse der Mon- tanindustrie Japans seit 1868 überblicken, so erkennen wir leicht, dass in den meisten Fällen die seitherigen Bemühungen nicht vermocht haben, die Erträge erheblich zu steigern. Sie bestätigen nur mein *) Der Mangel an geeigneten Verkehrsmitteln und die grosse Entfernung der meisten Erzgruben von den Steinkohlenbergwerken erschwert und vertheuert die Verhüttung ihrer Producte mehr und mehr; denn da dieselbe aus erwähnten Grün- den in der Nähe erfolgen muss, als Reductionsmittel aber die Holzkohle dient, so ist bei der fehlenden Pflege der Hochwald allmählich im weiten Umkreise um die Grubenfelder verschwunden und man genöthigt, diese Holzkohle aus immer weite- rem Kreise auf Lastthieren herbeizuschaffen, wie dies bereits Hagmaier in dem oben citierten Reisebericht hervorhebt. **) Einer der tüchtigsten deutschen Bergingenieure gab seinen Erfahrungen mit folgenden scharfen, aber wie man mir sagte, ziemlich zutreffenden Worten Ausdruck: »Der Japaner ist eitel, in hohem Grade der Schmeichelei zugängig, unstet, neuerungssüchtig. Im Bergbau werden die unglücklichsten Versuche ge- macht. Mancher fremde Berather gab Unsinn an aus Unverstand; mancher andere schmeichelte der kindischen Eitelkeit, um seine Taschen zu füllen, und fand bereite Helfershelfer, denn auch darin hat der feinere Gauner Spürsinn und Blick, welche dem ehrlichen Manne fehlen«.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/372>, abgerufen am 25.04.2024.