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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
6) Wiener Ausstellungsberichte über die XI. Gruppe von R. Weber,
E. Twerdy und Andern. 1873.*)
7) M. Jametel: L'Encre de Chine d'apres des documents chinois. Paris 1882.

Der vielseitigen Verwendungen des Papiers**) in Japan wird schon
in den älteren Berichten über das Land wiederholt gedacht; nament-
lich hat E. Kaempfer Bereitungsweise und Benutzung dieses Bastpapiers
vor bald 200 Jahren so vortrefflich beobachtet und beschrieben, wie
Niemand sonst aus der Zeit des holländischen Handelsprivilegs, noch
viel weniger des vorausgehenden portugiesischen Verkehrs mit diesem
Orient der Chinesen. Wenn ihm dabei trotzdem Manches entgangen
ist, so muss man dies vornehmlich den Umständen zuschreiben, unter
welchen er zwei Jahre in Japan lebte, der strengen Verkehrsbeschrän-
kung und mangelnden Gelegenheit sich weiter umzusehen.

In neuerer Zeit konnte nicht blos jeder nach Japan gekommene
Fremde, sondern auch der Besucher der grossen Weltausstellungen in
Wien, Philadelphia und Paris leicht beobachten, wie mannigfaltig die
Anwendungen dieses eigenartigen Materials sind. In der That dient
es nicht blos gleich unserm gewöhnlichen Papier dem Buchdrucker
und Tapetenfabrikanten, sowie als Schreib- und Verpackmittel, son-
dern vertritt vielfach auch Bindfäden und Gewebe, Wachstuch und
Leder, ja Holz, Blech und Glas. Viele seiner Verwendungen entsprangen
dem Mangel an geeigneterem Material oder seiner leichten, billigen
Beschaffung, wie die zu Fensterscheiben und Taschentüchern, oder zu
Regen- und Sonnenschirmen, und werden sicher, wenn auch nur ganz
allmählich, durch fremden Einfluss schwinden; andere gründen sich
auf einige Eigenschaften, vornehmlich die grosse Geschwindigkeit,
Festigkeit und Widerstandskraft, wodurch sich das japanische Bütten-
papier vor unserem Maschinenpapier, ja selbst vor unserem ehemaligen
Lumpen-Handpapier vorteilhaft auszeichnet, und enthalten alle Bedin-
gungen für weiteren Bestand. Diese Vorzüge sind bedingt durch das
Material und die Art seiner Bearbeitung; denn das japanische Bütten-
papier wird aus dem sehr zähen und geschmeidigen Baste von drei
bis sechs blattwechselnden Holzgewächsen mit langen zähen Bastzellen
gewonnen, indem man denselben bei seiner Umwandlung in Papier-

*) Als Grundlage der nachstehenden Abhandlung hat vor allem aber mein Be-
richt an das Königl. Preuss. Handelsministerium vom 25. Jan. 1875 gedient,
welcher sich ausschliesslich auf eigene Studien und Beobachtungen stützte.
**) Die japanische Bezeichnung für Papier ist Kami, als Anhang an Eigen-
namen gami, wofür auch oft das chinesische Wort shi gebraucht wird.
III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
6) Wiener Ausstellungsberichte über die XI. Gruppe von R. Weber,
E. Twerdy und Andern. 1873.*)
7) M. Jametel: L’Encre de Chine d’après des documents chinois. Paris 1882.

Der vielseitigen Verwendungen des Papiers**) in Japan wird schon
in den älteren Berichten über das Land wiederholt gedacht; nament-
lich hat E. Kaempfer Bereitungsweise und Benutzung dieses Bastpapiers
vor bald 200 Jahren so vortrefflich beobachtet und beschrieben, wie
Niemand sonst aus der Zeit des holländischen Handelsprivilegs, noch
viel weniger des vorausgehenden portugiesischen Verkehrs mit diesem
Orient der Chinesen. Wenn ihm dabei trotzdem Manches entgangen
ist, so muss man dies vornehmlich den Umständen zuschreiben, unter
welchen er zwei Jahre in Japan lebte, der strengen Verkehrsbeschrän-
kung und mangelnden Gelegenheit sich weiter umzusehen.

In neuerer Zeit konnte nicht blos jeder nach Japan gekommene
Fremde, sondern auch der Besucher der grossen Weltausstellungen in
Wien, Philadelphia und Paris leicht beobachten, wie mannigfaltig die
Anwendungen dieses eigenartigen Materials sind. In der That dient
es nicht blos gleich unserm gewöhnlichen Papier dem Buchdrucker
und Tapetenfabrikanten, sowie als Schreib- und Verpackmittel, son-
dern vertritt vielfach auch Bindfäden und Gewebe, Wachstuch und
Leder, ja Holz, Blech und Glas. Viele seiner Verwendungen entsprangen
dem Mangel an geeigneterem Material oder seiner leichten, billigen
Beschaffung, wie die zu Fensterscheiben und Taschentüchern, oder zu
Regen- und Sonnenschirmen, und werden sicher, wenn auch nur ganz
allmählich, durch fremden Einfluss schwinden; andere gründen sich
auf einige Eigenschaften, vornehmlich die grosse Geschwindigkeit,
Festigkeit und Widerstandskraft, wodurch sich das japanische Bütten-
papier vor unserem Maschinenpapier, ja selbst vor unserem ehemaligen
Lumpen-Handpapier vorteilhaft auszeichnet, und enthalten alle Bedin-
gungen für weiteren Bestand. Diese Vorzüge sind bedingt durch das
Material und die Art seiner Bearbeitung; denn das japanische Bütten-
papier wird aus dem sehr zähen und geschmeidigen Baste von drei
bis sechs blattwechselnden Holzgewächsen mit langen zähen Bastzellen
gewonnen, indem man denselben bei seiner Umwandlung in Papier-

*) Als Grundlage der nachstehenden Abhandlung hat vor allem aber mein Be-
richt an das Königl. Preuss. Handelsministerium vom 25. Jan. 1875 gedient,
welcher sich ausschliesslich auf eigene Studien und Beobachtungen stützte.
**) Die japanische Bezeichnung für Papier ist Kami, als Anhang an Eigen-
namen gami, wofür auch oft das chinesische Wort shi gebraucht wird.
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[464/0498] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. 6) Wiener Ausstellungsberichte über die XI. Gruppe von R. Weber, E. Twerdy und Andern. 1873. *) 7) M. Jametel: L’Encre de Chine d’après des documents chinois. Paris 1882. Der vielseitigen Verwendungen des Papiers **) in Japan wird schon in den älteren Berichten über das Land wiederholt gedacht; nament- lich hat E. Kaempfer Bereitungsweise und Benutzung dieses Bastpapiers vor bald 200 Jahren so vortrefflich beobachtet und beschrieben, wie Niemand sonst aus der Zeit des holländischen Handelsprivilegs, noch viel weniger des vorausgehenden portugiesischen Verkehrs mit diesem Orient der Chinesen. Wenn ihm dabei trotzdem Manches entgangen ist, so muss man dies vornehmlich den Umständen zuschreiben, unter welchen er zwei Jahre in Japan lebte, der strengen Verkehrsbeschrän- kung und mangelnden Gelegenheit sich weiter umzusehen. In neuerer Zeit konnte nicht blos jeder nach Japan gekommene Fremde, sondern auch der Besucher der grossen Weltausstellungen in Wien, Philadelphia und Paris leicht beobachten, wie mannigfaltig die Anwendungen dieses eigenartigen Materials sind. In der That dient es nicht blos gleich unserm gewöhnlichen Papier dem Buchdrucker und Tapetenfabrikanten, sowie als Schreib- und Verpackmittel, son- dern vertritt vielfach auch Bindfäden und Gewebe, Wachstuch und Leder, ja Holz, Blech und Glas. Viele seiner Verwendungen entsprangen dem Mangel an geeigneterem Material oder seiner leichten, billigen Beschaffung, wie die zu Fensterscheiben und Taschentüchern, oder zu Regen- und Sonnenschirmen, und werden sicher, wenn auch nur ganz allmählich, durch fremden Einfluss schwinden; andere gründen sich auf einige Eigenschaften, vornehmlich die grosse Geschwindigkeit, Festigkeit und Widerstandskraft, wodurch sich das japanische Bütten- papier vor unserem Maschinenpapier, ja selbst vor unserem ehemaligen Lumpen-Handpapier vorteilhaft auszeichnet, und enthalten alle Bedin- gungen für weiteren Bestand. Diese Vorzüge sind bedingt durch das Material und die Art seiner Bearbeitung; denn das japanische Bütten- papier wird aus dem sehr zähen und geschmeidigen Baste von drei bis sechs blattwechselnden Holzgewächsen mit langen zähen Bastzellen gewonnen, indem man denselben bei seiner Umwandlung in Papier- *) Als Grundlage der nachstehenden Abhandlung hat vor allem aber mein Be- richt an das Königl. Preuss. Handelsministerium vom 25. Jan. 1875 gedient, welcher sich ausschliesslich auf eigene Studien und Beobachtungen stützte. **) Die japanische Bezeichnung für Papier ist Kami, als Anhang an Eigen- namen gami, wofür auch oft das chinesische Wort shi gebraucht wird.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/498>, abgerufen am 19.04.2024.