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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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Substanz. Darauf kommt das mit den Händen geformte Stäbchen in die
hölzerne Presse. -- Zum Trocknen der so erzielten Tuschstangen bedient
man sich der Reisstrohasche, welche durchsiebt und an der Sonne
vollständig getrocknet sein muss. Im Trockenkasten folgt auf eine
3 cm hohe Schicht Asche eine Lage Tuschstangen, darauf wieder
Asche, auf diese oft noch eine zweite Schicht Tuschstäbe und dann
nochmals Asche. Die Dauer des Trocknens richtet sich nach dem
Feuchtigkeitsgehalt und verschiedenen Nebenumständen. Ist es hin-
reichend erfolgt, so werden die Tuschstangen herausgenommen, durch
Abbürsten von der anhängenden Asche befreit, auf ein kleines Sieb
gelegt und 1--2 Tage lang an einen schattigen Ort gestellt, wo sie
völlig trocknen. Darauf poliert man sie durch Reiben mit einer Bürste
und versieht sie endlich mit verschiedenen chinesischen Namenszeichen.
Erst mehrere Jahre nach der Darstellung soll man guten Tusch ge-
brauchen. Härte, dunkle Farbe und Glanz der Schrift nehmen mit
dem Alter zu; doch hängt ausserdem die Güte vornehmlich von der
Feinheit und Leichtigkeit des Lampenschwarzes, der Reinheit des Leims
und sorgfältiger Arbeit ab. -- Die geschätztesten Tuschsorten lassen
sich ausser den erwähnten Merkmalen auch durch den Klang und
einen Stich ins Braune erkennen.

Als Sudzuri oder Tuschreibschalen benutzen Chinesen und
Japaner nicht die wenig geeigneten Porzellan- oder Faience-Schalen,
wie wir, sondern stets weit zweckmässigere aus irgend einem fein-
körnigen dunklen Gestein, vornehmlich solche aus altem Schiefer, Ser-
pentin oder buntem Marmor. In Japan wird vor allem ein alter, dun-
kelblauer Schiefer für den gedachten Zweck hoch geschätzt und in
ausgedehntem Maasse verwendet. Es ist der Amabata-ishi, so be-
nannt und im ganzen Lande bekannt nach seiner Hauptfundstätte in
der Nähe vom Orte Amabata in der Provinz Koshiu. Viel von diesem
Amabata-Stein wird an Ort und Stelle verarbeitet. Ein Theil kommt
nach Kofu, wo ich seine Bearbeitung mir ansehen konnte. Es sind
zugeschnittene, meist abgerundete Platten. Die Umrisse und Vertie-
fungen der Schalen werden durch meisselartige Nägel in langen höl-
zernen Griffen hervorgebracht. Nach einer Seite höhlt man die Schale
allmählich zu einer tieferen Rinne aus, welche dazu bestimmt ist, das
Wasser zu empfangen und später den Tusch zu sammeln. Dem Aus-
meisseln folgt das Ausschleifen und Abpolieren, dann ein Anstrich mit
Tusch und Ueberwichsen mit Ro oder Pflanzentalg. Beim Gebrauch
giesst man einige Tropfen Wasser in die erwähnte Vertiefung am einen
Rande, taucht die Tuschstange ein wenig hinein und führt sie dann
über den Boden der Schale aufwärts zu dem ebenen höheren Theile,

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Substanz. Darauf kommt das mit den Händen geformte Stäbchen in die
hölzerne Presse. — Zum Trocknen der so erzielten Tuschstangen bedient
man sich der Reisstrohasche, welche durchsiebt und an der Sonne
vollständig getrocknet sein muss. Im Trockenkasten folgt auf eine
3 cm hohe Schicht Asche eine Lage Tuschstangen, darauf wieder
Asche, auf diese oft noch eine zweite Schicht Tuschstäbe und dann
nochmals Asche. Die Dauer des Trocknens richtet sich nach dem
Feuchtigkeitsgehalt und verschiedenen Nebenumständen. Ist es hin-
reichend erfolgt, so werden die Tuschstangen herausgenommen, durch
Abbürsten von der anhängenden Asche befreit, auf ein kleines Sieb
gelegt und 1—2 Tage lang an einen schattigen Ort gestellt, wo sie
völlig trocknen. Darauf poliert man sie durch Reiben mit einer Bürste
und versieht sie endlich mit verschiedenen chinesischen Namenszeichen.
Erst mehrere Jahre nach der Darstellung soll man guten Tusch ge-
brauchen. Härte, dunkle Farbe und Glanz der Schrift nehmen mit
dem Alter zu; doch hängt ausserdem die Güte vornehmlich von der
Feinheit und Leichtigkeit des Lampenschwarzes, der Reinheit des Leims
und sorgfältiger Arbeit ab. — Die geschätztesten Tuschsorten lassen
sich ausser den erwähnten Merkmalen auch durch den Klang und
einen Stich ins Braune erkennen.

Als Sudzuri oder Tuschreibschalen benutzen Chinesen und
Japaner nicht die wenig geeigneten Porzellan- oder Faience-Schalen,
wie wir, sondern stets weit zweckmässigere aus irgend einem fein-
körnigen dunklen Gestein, vornehmlich solche aus altem Schiefer, Ser-
pentin oder buntem Marmor. In Japan wird vor allem ein alter, dun-
kelblauer Schiefer für den gedachten Zweck hoch geschätzt und in
ausgedehntem Maasse verwendet. Es ist der Amabata-ishi, so be-
nannt und im ganzen Lande bekannt nach seiner Hauptfundstätte in
der Nähe vom Orte Amabata in der Provinz Kôshiu. Viel von diesem
Amabata-Stein wird an Ort und Stelle verarbeitet. Ein Theil kommt
nach Kôfu, wo ich seine Bearbeitung mir ansehen konnte. Es sind
zugeschnittene, meist abgerundete Platten. Die Umrisse und Vertie-
fungen der Schalen werden durch meisselartige Nägel in langen höl-
zernen Griffen hervorgebracht. Nach einer Seite höhlt man die Schale
allmählich zu einer tieferen Rinne aus, welche dazu bestimmt ist, das
Wasser zu empfangen und später den Tusch zu sammeln. Dem Aus-
meisseln folgt das Ausschleifen und Abpolieren, dann ein Anstrich mit
Tusch und Ueberwichsen mit Rô oder Pflanzentalg. Beim Gebrauch
giesst man einige Tropfen Wasser in die erwähnte Vertiefung am einen
Rande, taucht die Tuschstange ein wenig hinein und führt sie dann
über den Boden der Schale aufwärts zu dem ebenen höheren Theile,

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[499/0543] 5. Papierindustrie. Substanz. Darauf kommt das mit den Händen geformte Stäbchen in die hölzerne Presse. — Zum Trocknen der so erzielten Tuschstangen bedient man sich der Reisstrohasche, welche durchsiebt und an der Sonne vollständig getrocknet sein muss. Im Trockenkasten folgt auf eine 3 cm hohe Schicht Asche eine Lage Tuschstangen, darauf wieder Asche, auf diese oft noch eine zweite Schicht Tuschstäbe und dann nochmals Asche. Die Dauer des Trocknens richtet sich nach dem Feuchtigkeitsgehalt und verschiedenen Nebenumständen. Ist es hin- reichend erfolgt, so werden die Tuschstangen herausgenommen, durch Abbürsten von der anhängenden Asche befreit, auf ein kleines Sieb gelegt und 1—2 Tage lang an einen schattigen Ort gestellt, wo sie völlig trocknen. Darauf poliert man sie durch Reiben mit einer Bürste und versieht sie endlich mit verschiedenen chinesischen Namenszeichen. Erst mehrere Jahre nach der Darstellung soll man guten Tusch ge- brauchen. Härte, dunkle Farbe und Glanz der Schrift nehmen mit dem Alter zu; doch hängt ausserdem die Güte vornehmlich von der Feinheit und Leichtigkeit des Lampenschwarzes, der Reinheit des Leims und sorgfältiger Arbeit ab. — Die geschätztesten Tuschsorten lassen sich ausser den erwähnten Merkmalen auch durch den Klang und einen Stich ins Braune erkennen. Als Sudzuri oder Tuschreibschalen benutzen Chinesen und Japaner nicht die wenig geeigneten Porzellan- oder Faience-Schalen, wie wir, sondern stets weit zweckmässigere aus irgend einem fein- körnigen dunklen Gestein, vornehmlich solche aus altem Schiefer, Ser- pentin oder buntem Marmor. In Japan wird vor allem ein alter, dun- kelblauer Schiefer für den gedachten Zweck hoch geschätzt und in ausgedehntem Maasse verwendet. Es ist der Amabata-ishi, so be- nannt und im ganzen Lande bekannt nach seiner Hauptfundstätte in der Nähe vom Orte Amabata in der Provinz Kôshiu. Viel von diesem Amabata-Stein wird an Ort und Stelle verarbeitet. Ein Theil kommt nach Kôfu, wo ich seine Bearbeitung mir ansehen konnte. Es sind zugeschnittene, meist abgerundete Platten. Die Umrisse und Vertie- fungen der Schalen werden durch meisselartige Nägel in langen höl- zernen Griffen hervorgebracht. Nach einer Seite höhlt man die Schale allmählich zu einer tieferen Rinne aus, welche dazu bestimmt ist, das Wasser zu empfangen und später den Tusch zu sammeln. Dem Aus- meisseln folgt das Ausschleifen und Abpolieren, dann ein Anstrich mit Tusch und Ueberwichsen mit Rô oder Pflanzentalg. Beim Gebrauch giesst man einige Tropfen Wasser in die erwähnte Vertiefung am einen Rande, taucht die Tuschstange ein wenig hinein und führt sie dann über den Boden der Schale aufwärts zu dem ebenen höheren Theile, 32*

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/543>, abgerufen am 19.04.2024.