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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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8. Keramik.
längst bekannten und benutzten Ziegeln seit etwa 20 Jahren auf An-
regung der Fremden als Baumaterial auch Backsteine gekommen,
deren Verwendung mit dem allmählichen Ersatz der feuergefährlichen
Holzbauten durch Backsteinhäuser beständig wächst.

Die hervorragendsten Sitze der feineren Keramik Japans, nämlich
Arita, Kioto, Seto, Kanazawa und Hongo für Porzellan, Ka-
goshima, Kioto
und Ota für Steingut, und Yokkaichi für Stein-
zeug wurden von mir in den Jahren 1874 und 1875 besucht, ihre
Betriebsweisen, Charakter und Vorkommen der dabei verwendeten
Rohstoffe und andere in Betracht kommende Fragen, soweit es die
Zeit erlaubte, studiert und darüber Aufzeichnungen gemacht, welche
auch den nachstehenden Mitteilungen grösstenteils zu Grunde liegen.
Dem Artikel über die Montanindustrie ist ein Orientierungskärtchen
beigefügt, auf welchem auch fast alle obigen Orte, sowie die be-
merkenswerthesten Fundstellen verschiedenartiger Porzellansteine an-
gegeben sind.

Arita-Porzellan, Imari oder Hizen.

Sämmtliches Porzellan, welches vor dem Jahre 1854 durch die
Holländer aus Japan über Nagasaki nach Europa kam und hier seit
lange zu den werthvollsten Stücken keramischer Sammlungen zählt,
fungiert in diesen unter einem der drei obigen Namen, wohl auch als
"altes Hizen". Von ihnen bedeutet der erste, früher wenig ge-
brauchte, den Hauptfabrikationsort, der zweite den benachbarten kleinen
Hafen und Versandtplatz, der dritte die Provinz, in welcher beide
gleich Nagasaki gelegen sind.

Ungefähr in der Mitte der vielgliedrigsten Provinz Japans, 15 Ri
(7 Meilen) nördlich von Nagasaki und jenseits der Bucht von Omura,
sowie 11 Ri westlich von Saga befindet sich unter etwa 33° 10' N und
129° 50' O Gr. Arita, ein Städtchen mit 1200 Häusern und 6000 Be-
wohnern, welche sich grösstentheils gleich denen verschiedener Nach-
barorte von der nun bald 300 Jahre lang hier blühenden Porzellan-
industrie nähren. Ist es auch nicht, wie vielfach behauptet wurde,
der Mittelpunkt der Porzellanindustrie Japans, so doch derjenige der
entwickeltsten und leistungsfähigsten des ganzen Landes.

Die Stadt liegt etwa 90 m über der See in einer Hügellandschaft,
deren Höhen vorwiegend mit Kiefern bewaldet sind. Einer dieser
Hügelrücken auf ihrer Ostseite liefert Arita in mächtiger, unerschöpf-
licher Lagerstätte und unvergleichlicher Güte den Porzellanstein, jenes
eigenartige Material, aus dem ihre Töpfer die verschiedensten Gebilde
vom leichten, feinsten Eierschalen-Porzellan bis zu den imposanten,

8. Keramik.
längst bekannten und benutzten Ziegeln seit etwa 20 Jahren auf An-
regung der Fremden als Baumaterial auch Backsteine gekommen,
deren Verwendung mit dem allmählichen Ersatz der feuergefährlichen
Holzbauten durch Backsteinhäuser beständig wächst.

Die hervorragendsten Sitze der feineren Keramik Japans, nämlich
Arita, Kiôto, Seto, Kanazawa und Hongo für Porzellan, Ka-
goshima, Kiôto
und Ota für Steingut, und Yokkaichi für Stein-
zeug wurden von mir in den Jahren 1874 und 1875 besucht, ihre
Betriebsweisen, Charakter und Vorkommen der dabei verwendeten
Rohstoffe und andere in Betracht kommende Fragen, soweit es die
Zeit erlaubte, studiert und darüber Aufzeichnungen gemacht, welche
auch den nachstehenden Mitteilungen grösstenteils zu Grunde liegen.
Dem Artikel über die Montanindustrie ist ein Orientierungskärtchen
beigefügt, auf welchem auch fast alle obigen Orte, sowie die be-
merkenswerthesten Fundstellen verschiedenartiger Porzellansteine an-
gegeben sind.

Arita-Porzellan, Imari oder Hizen.

Sämmtliches Porzellan, welches vor dem Jahre 1854 durch die
Holländer aus Japan über Nagasaki nach Europa kam und hier seit
lange zu den werthvollsten Stücken keramischer Sammlungen zählt,
fungiert in diesen unter einem der drei obigen Namen, wohl auch als
»altes Hizen«. Von ihnen bedeutet der erste, früher wenig ge-
brauchte, den Hauptfabrikationsort, der zweite den benachbarten kleinen
Hafen und Versandtplatz, der dritte die Provinz, in welcher beide
gleich Nagasaki gelegen sind.

Ungefähr in der Mitte der vielgliedrigsten Provinz Japans, 15 Ri
(7 Meilen) nördlich von Nagasaki und jenseits der Bucht von Ômura,
sowie 11 Ri westlich von Saga befindet sich unter etwa 33° 10' N und
129° 50' O Gr. Arita, ein Städtchen mit 1200 Häusern und 6000 Be-
wohnern, welche sich grösstentheils gleich denen verschiedener Nach-
barorte von der nun bald 300 Jahre lang hier blühenden Porzellan-
industrie nähren. Ist es auch nicht, wie vielfach behauptet wurde,
der Mittelpunkt der Porzellanindustrie Japans, so doch derjenige der
entwickeltsten und leistungsfähigsten des ganzen Landes.

Die Stadt liegt etwa 90 m über der See in einer Hügellandschaft,
deren Höhen vorwiegend mit Kiefern bewaldet sind. Einer dieser
Hügelrücken auf ihrer Ostseite liefert Arita in mächtiger, unerschöpf-
licher Lagerstätte und unvergleichlicher Güte den Porzellanstein, jenes
eigenartige Material, aus dem ihre Töpfer die verschiedensten Gebilde
vom leichten, feinsten Eierschalen-Porzellan bis zu den imposanten,

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[559/0609] 8. Keramik. längst bekannten und benutzten Ziegeln seit etwa 20 Jahren auf An- regung der Fremden als Baumaterial auch Backsteine gekommen, deren Verwendung mit dem allmählichen Ersatz der feuergefährlichen Holzbauten durch Backsteinhäuser beständig wächst. Die hervorragendsten Sitze der feineren Keramik Japans, nämlich Arita, Kiôto, Seto, Kanazawa und Hongo für Porzellan, Ka- goshima, Kiôto und Ota für Steingut, und Yokkaichi für Stein- zeug wurden von mir in den Jahren 1874 und 1875 besucht, ihre Betriebsweisen, Charakter und Vorkommen der dabei verwendeten Rohstoffe und andere in Betracht kommende Fragen, soweit es die Zeit erlaubte, studiert und darüber Aufzeichnungen gemacht, welche auch den nachstehenden Mitteilungen grösstenteils zu Grunde liegen. Dem Artikel über die Montanindustrie ist ein Orientierungskärtchen beigefügt, auf welchem auch fast alle obigen Orte, sowie die be- merkenswerthesten Fundstellen verschiedenartiger Porzellansteine an- gegeben sind. Arita-Porzellan, Imari oder Hizen. Sämmtliches Porzellan, welches vor dem Jahre 1854 durch die Holländer aus Japan über Nagasaki nach Europa kam und hier seit lange zu den werthvollsten Stücken keramischer Sammlungen zählt, fungiert in diesen unter einem der drei obigen Namen, wohl auch als »altes Hizen«. Von ihnen bedeutet der erste, früher wenig ge- brauchte, den Hauptfabrikationsort, der zweite den benachbarten kleinen Hafen und Versandtplatz, der dritte die Provinz, in welcher beide gleich Nagasaki gelegen sind. Ungefähr in der Mitte der vielgliedrigsten Provinz Japans, 15 Ri (7 Meilen) nördlich von Nagasaki und jenseits der Bucht von Ômura, sowie 11 Ri westlich von Saga befindet sich unter etwa 33° 10' N und 129° 50' O Gr. Arita, ein Städtchen mit 1200 Häusern und 6000 Be- wohnern, welche sich grösstentheils gleich denen verschiedener Nach- barorte von der nun bald 300 Jahre lang hier blühenden Porzellan- industrie nähren. Ist es auch nicht, wie vielfach behauptet wurde, der Mittelpunkt der Porzellanindustrie Japans, so doch derjenige der entwickeltsten und leistungsfähigsten des ganzen Landes. Die Stadt liegt etwa 90 m über der See in einer Hügellandschaft, deren Höhen vorwiegend mit Kiefern bewaldet sind. Einer dieser Hügelrücken auf ihrer Ostseite liefert Arita in mächtiger, unerschöpf- licher Lagerstätte und unvergleichlicher Güte den Porzellanstein, jenes eigenartige Material, aus dem ihre Töpfer die verschiedensten Gebilde vom leichten, feinsten Eierschalen-Porzellan bis zu den imposanten,

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/609>, abgerufen am 28.03.2024.