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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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8. Keramik.
reanische Töpfer mit, welche sich erst im Badeorte Ureshimo, später
in Arita niederliessen. Hier entdeckte einer derselben, Namens Ri-
sampei
, im Jahre 1599 am Idzumi-yama im Osten des Ortes den
Porzellanstein und inaugurierte damit die Porzellanfabrikation in Japan.
Zur Kobaltdecoration unter der Glasur kam einige Jahre darauf -- man
sagt veranlasst durch Holländer in Deshima -- die Anwendung von
Benigara (Eisenroth), dann zwei Jahre später die Verzierung über der
Glasur, welche Higashidori Tokuzayemon, ein Töpfer aus Arita,
einführte, nachdem er in Nagasaki durch den Führer einer chinesischen
Dschunke das Verfahren kennen gelernt hatte. Es war dies ein
enormer Fortschritt; denn damit beginnt erst das hervorragende Ge-
schick und das künstlerische Talent der Japaner in der Keramik sich
zu entwickeln. Bereits um das Jahr 1680 führten die Holländer "altes
Hizen"
von Nagasaki aus. Wer den damaligen Zustand der Industrie
studieren will, dem bietet die reiche Sammlung in Dresden, wie keine
zweite in Europa dazu Gelegenheit.

Es sind vornehmlich grosse urnenförmige Deckelvasen oder Tsubo,
sogenannte Theeurnen, weil sie ursprünglich zur Aufbewahrung des
Thees bestimmt waren, ferner halbkugelförmige Näpfe (O-cha-dzuke, Dom-
buri) und runde flache Schüsseln, jap. Sara. Sie wurden mit Bildern
von Blumen (Päonien und Chrysanthemum mit Vorliebe), kleinen Land-
schaften, menschlichen Figuren etc. in Roth und Gold, verziert, wozu
oft noch etwas Grün kam, während die Anwendung blauer, vio-
letter, gelber und schwarzer Muffelfarben einer viel späteren Periode
angehört. Dieses "alte Hizen", das seinen Charakter auch das ganze
18. Jahrhundert hindurch im wesentlichen beibehielt, ist jetzt sehr gesucht.
Ein Paar Teller von 61 cm Durchmesser mit schöner Landschafts-
malerei für 25 yen = 100 Mk. erschien dem Kenner schon vor 12 Jahren
in Japan selbst sehr billig eingekauft und dürfte -- das grosse Risiko
durch den Transport mit in Betracht gezogen -- in Europa kaum unter
dem 4--5fachen Preis zu haben sein.

Noch immer steht unter den Meibutsu oder berühmten Produkten
der Provinz Hizen das Porzellan obenan. Es soll im ganzen in etwa
36 Orten verfertigt werden; doch überragt Arita alle andern bei weitem
und liefert jetzt, wie vor 200 Jahren, die geschätzteste Waare von
ganz Japan. Sie ist vollkommen gleichartig und besitzt neben einer
reinen, weissen Farbe ansehnliche Translucenz, ferner genügende
Härte für alle Zwecke des gewöhnlichen Lebens und brennt sich doch

[Abbildung]

Zu Tafel XX. a. Dose aus altem Arita-Porzellan.
b. Napf " " Satsume-Steingut.
(Die Originale befinden sich im Königl. Kunstgewerbe-Museum zu Berlin.)

36*

8. Keramik.
reanische Töpfer mit, welche sich erst im Badeorte Ureshimo, später
in Arita niederliessen. Hier entdeckte einer derselben, Namens Ri-
sampei
, im Jahre 1599 am Idzumi-yama im Osten des Ortes den
Porzellanstein und inaugurierte damit die Porzellanfabrikation in Japan.
Zur Kobaltdecoration unter der Glasur kam einige Jahre darauf — man
sagt veranlasst durch Holländer in Deshima — die Anwendung von
Benigara (Eisenroth), dann zwei Jahre später die Verzierung über der
Glasur, welche Higashidôri Tokuzayemon, ein Töpfer aus Arita,
einführte, nachdem er in Nagasaki durch den Führer einer chinesischen
Dschunke das Verfahren kennen gelernt hatte. Es war dies ein
enormer Fortschritt; denn damit beginnt erst das hervorragende Ge-
schick und das künstlerische Talent der Japaner in der Keramik sich
zu entwickeln. Bereits um das Jahr 1680 führten die Holländer »altes
Hizen«
von Nagasaki aus. Wer den damaligen Zustand der Industrie
studieren will, dem bietet die reiche Sammlung in Dresden, wie keine
zweite in Europa dazu Gelegenheit.

Es sind vornehmlich grosse urnenförmige Deckelvasen oder Tsubo,
sogenannte Theeurnen, weil sie ursprünglich zur Aufbewahrung des
Thees bestimmt waren, ferner halbkugelförmige Näpfe (O-cha-dzuke, Dom-
buri) und runde flache Schüsseln, jap. Sara. Sie wurden mit Bildern
von Blumen (Päonien und Chrysanthemum mit Vorliebe), kleinen Land-
schaften, menschlichen Figuren etc. in Roth und Gold, verziert, wozu
oft noch etwas Grün kam, während die Anwendung blauer, vio-
letter, gelber und schwarzer Muffelfarben einer viel späteren Periode
angehört. Dieses »alte Hizen«, das seinen Charakter auch das ganze
18. Jahrhundert hindurch im wesentlichen beibehielt, ist jetzt sehr gesucht.
Ein Paar Teller von 61 cm Durchmesser mit schöner Landschafts-
malerei für 25 yen = 100 Mk. erschien dem Kenner schon vor 12 Jahren
in Japan selbst sehr billig eingekauft und dürfte — das grosse Risiko
durch den Transport mit in Betracht gezogen — in Europa kaum unter
dem 4—5fachen Preis zu haben sein.

Noch immer steht unter den Meibutsu oder berühmten Produkten
der Provinz Hizen das Porzellan obenan. Es soll im ganzen in etwa
36 Orten verfertigt werden; doch überragt Arita alle andern bei weitem
und liefert jetzt, wie vor 200 Jahren, die geschätzteste Waare von
ganz Japan. Sie ist vollkommen gleichartig und besitzt neben einer
reinen, weissen Farbe ansehnliche Translucenz, ferner genügende
Härte für alle Zwecke des gewöhnlichen Lebens und brennt sich doch

[Abbildung]

Zu Tafel XX. a. Dose aus altem Arita-Porzellan.
b. Napf » » Satsume-Steingut.
(Die Originale befinden sich im Königl. Kunstgewerbe-Museum zu Berlin.)

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[563/0617] 8. Keramik. reanische Töpfer mit, welche sich erst im Badeorte Ureshimo, später in Arita niederliessen. Hier entdeckte einer derselben, Namens Ri- sampei, im Jahre 1599 am Idzumi-yama im Osten des Ortes den Porzellanstein und inaugurierte damit die Porzellanfabrikation in Japan. Zur Kobaltdecoration unter der Glasur kam einige Jahre darauf — man sagt veranlasst durch Holländer in Deshima — die Anwendung von Benigara (Eisenroth), dann zwei Jahre später die Verzierung über der Glasur, welche Higashidôri Tokuzayemon, ein Töpfer aus Arita, einführte, nachdem er in Nagasaki durch den Führer einer chinesischen Dschunke das Verfahren kennen gelernt hatte. Es war dies ein enormer Fortschritt; denn damit beginnt erst das hervorragende Ge- schick und das künstlerische Talent der Japaner in der Keramik sich zu entwickeln. Bereits um das Jahr 1680 führten die Holländer »altes Hizen« von Nagasaki aus. Wer den damaligen Zustand der Industrie studieren will, dem bietet die reiche Sammlung in Dresden, wie keine zweite in Europa dazu Gelegenheit. Es sind vornehmlich grosse urnenförmige Deckelvasen oder Tsubo, sogenannte Theeurnen, weil sie ursprünglich zur Aufbewahrung des Thees bestimmt waren, ferner halbkugelförmige Näpfe (O-cha-dzuke, Dom- buri) und runde flache Schüsseln, jap. Sara. Sie wurden mit Bildern von Blumen (Päonien und Chrysanthemum mit Vorliebe), kleinen Land- schaften, menschlichen Figuren etc. in Roth und Gold, verziert, wozu oft noch etwas Grün kam, während die Anwendung blauer, vio- letter, gelber und schwarzer Muffelfarben einer viel späteren Periode angehört. Dieses »alte Hizen«, das seinen Charakter auch das ganze 18. Jahrhundert hindurch im wesentlichen beibehielt, ist jetzt sehr gesucht. Ein Paar Teller von 61 cm Durchmesser mit schöner Landschafts- malerei für 25 yen = 100 Mk. erschien dem Kenner schon vor 12 Jahren in Japan selbst sehr billig eingekauft und dürfte — das grosse Risiko durch den Transport mit in Betracht gezogen — in Europa kaum unter dem 4—5fachen Preis zu haben sein. Noch immer steht unter den Meibutsu oder berühmten Produkten der Provinz Hizen das Porzellan obenan. Es soll im ganzen in etwa 36 Orten verfertigt werden; doch überragt Arita alle andern bei weitem und liefert jetzt, wie vor 200 Jahren, die geschätzteste Waare von ganz Japan. Sie ist vollkommen gleichartig und besitzt neben einer reinen, weissen Farbe ansehnliche Translucenz, ferner genügende Härte für alle Zwecke des gewöhnlichen Lebens und brennt sich doch [Abbildung Zu Tafel XX. a. Dose aus altem Arita-Porzellan. b. Napf » » Satsume-Steingut. (Die Originale befinden sich im Königl. Kunstgewerbe-Museum zu Berlin.)] 36*

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/617>, abgerufen am 28.03.2024.