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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
aus 10 Theilen weissem Kaseda (Shira-ishi) und 5 Theilen Nara-bai,
d. h. Eichenholzasche.

Mehr oder minder gut gelungene Nachahmungen der edlen Faience
von Satsuma werden seit längerer Zeit an verschiedenen Orten Japans
geliefert und gelangen jetzt theils unter dem Namen Satsuma, theils
unter den richtigen Bezeichnungen Awata-yaki, Awaji-yaki, Ota-yaki
in grosser Menge und zu billigen Preisen auch in's Ausland. Die
Haltbarkeit der meisten ist viel geringer, die Färbung in vielen Fällen
etwas abweichend, bald mehr gelb, wie beim Awata-yaki, bald mehr
in graue oder weisse Töne übergehend. Indess gehört schon ein ge-
übter Blick dazu, manche dieser Produkte von echter Satsuma-Waare
zu unterscheiden.

Die Thonwaarenindustrie zu Kioto.

Wie auf der rechten Seite des Kamo-gawa in dem Haupttheile
der alten japanischen Hauptstadt die Seiden- und Metall-Industrie,
so hat auf der linken, in dem östlichen Stadttheil, die Keramik ihren
Sitz aufgeschlagen. Ausser gewöhnlicher Töpferwaare liefert dieselbe
Steingut und Porzellan in Menge und zum Theil in vorzüglicher Güte.
Die Anfänge dieser Industrie gehören der Mitte des 17. Jahrhunderts an.

Ninsei, ein Amateur-Töpfer aus der Familie Nonomura, welche
zu den Fujiwara zählte, gab in der zweiten Hälfte des genannten
Jahrhunderts der Gefässbildnerei in Kioto durch Einführung der durch-
sichtigen Glasur in verschiedenen Brennereien der Vorstädte und durch
Darstellung einer Art Faience und Halbporzellan neuen Anstoss und
höheren Flug. Die Erzeugnisse, Ninsei-yaki, welche seine Kunst
aus Shigaraki und andern Thonen der Nachbarschaft schuf, zeichnen
sich nicht blos durch sorgfältigere Behandlung der Masse, sondern vor
allen Dingen durch ihre vortrefflichen, kühn entworfenen Verzierungen
aus und sind heutzutage sehr gesucht. Gleiches gilt vom Kenzan-
yaki
, welches sein berühmtester Schüler in der ersten Hälfte des
18. Jahrhunderts darstellte. Es hatte eine gelbliche Farbe (Ki-iro). Der
Verfertiger Ogata Sinsha wurde Shisui Ken-zan (d. h.schöner,
blauer Nordwestberg), nach der im Nordwesten von Kioto am Fusse
des Atago-yama (Ken-zan) gelegenen Brennerei genannt. Aus Ken-
zan-yaki und Ninsei-yaki entwickelte sich einerseits die heutige
Steingutindustrie in der Vorstadt Awata, anderseits die Porzellan-
fabrikation zu Kiyomidzu.

Das Awata-yaki wird im östlichen Theil von Kioto zu beiden
Seiten des Weges, der nach Otsu in Omi führt, verfertigt. Drei oder

III. Kunstgewerbe und Verwandtes.
aus 10 Theilen weissem Kaseda (Shira-ishi) und 5 Theilen Nara-bai,
d. h. Eichenholzasche.

Mehr oder minder gut gelungene Nachahmungen der edlen Faïence
von Satsuma werden seit längerer Zeit an verschiedenen Orten Japans
geliefert und gelangen jetzt theils unter dem Namen Satsuma, theils
unter den richtigen Bezeichnungen Awata-yaki, Awaji-yaki, Ôta-yaki
in grosser Menge und zu billigen Preisen auch in’s Ausland. Die
Haltbarkeit der meisten ist viel geringer, die Färbung in vielen Fällen
etwas abweichend, bald mehr gelb, wie beim Awata-yaki, bald mehr
in graue oder weisse Töne übergehend. Indess gehört schon ein ge-
übter Blick dazu, manche dieser Produkte von echter Satsuma-Waare
zu unterscheiden.

Die Thonwaarenindustrie zu Kiôto.

Wie auf der rechten Seite des Kamo-gawa in dem Haupttheile
der alten japanischen Hauptstadt die Seiden- und Metall-Industrie,
so hat auf der linken, in dem östlichen Stadttheil, die Keramik ihren
Sitz aufgeschlagen. Ausser gewöhnlicher Töpferwaare liefert dieselbe
Steingut und Porzellan in Menge und zum Theil in vorzüglicher Güte.
Die Anfänge dieser Industrie gehören der Mitte des 17. Jahrhunderts an.

Ninsei, ein Amateur-Töpfer aus der Familie Nonomura, welche
zu den Fujiwara zählte, gab in der zweiten Hälfte des genannten
Jahrhunderts der Gefässbildnerei in Kiôto durch Einführung der durch-
sichtigen Glasur in verschiedenen Brennereien der Vorstädte und durch
Darstellung einer Art Faïence und Halbporzellan neuen Anstoss und
höheren Flug. Die Erzeugnisse, Ninsei-yaki, welche seine Kunst
aus Shigaraki und andern Thonen der Nachbarschaft schuf, zeichnen
sich nicht blos durch sorgfältigere Behandlung der Masse, sondern vor
allen Dingen durch ihre vortrefflichen, kühn entworfenen Verzierungen
aus und sind heutzutage sehr gesucht. Gleiches gilt vom Kenzan-
yaki
, welches sein berühmtester Schüler in der ersten Hälfte des
18. Jahrhunderts darstellte. Es hatte eine gelbliche Farbe (Ki-iro). Der
Verfertiger Ogata Sinsha wurde Shisui Ken-zan (d. h.schöner,
blauer Nordwestberg), nach der im Nordwesten von Kiôto am Fusse
des Atago-yama (Ken-zan) gelegenen Brennerei genannt. Aus Ken-
zan-yaki und Ninsei-yaki entwickelte sich einerseits die heutige
Steingutindustrie in der Vorstadt Awata, anderseits die Porzellan-
fabrikation zu Kiyomidzu.

Das Awata-yaki wird im östlichen Theil von Kiôto zu beiden
Seiten des Weges, der nach Ôtsu in Ômi führt, verfertigt. Drei oder

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[568/0622] III. Kunstgewerbe und Verwandtes. aus 10 Theilen weissem Kaseda (Shira-ishi) und 5 Theilen Nara-bai, d. h. Eichenholzasche. Mehr oder minder gut gelungene Nachahmungen der edlen Faïence von Satsuma werden seit längerer Zeit an verschiedenen Orten Japans geliefert und gelangen jetzt theils unter dem Namen Satsuma, theils unter den richtigen Bezeichnungen Awata-yaki, Awaji-yaki, Ôta-yaki in grosser Menge und zu billigen Preisen auch in’s Ausland. Die Haltbarkeit der meisten ist viel geringer, die Färbung in vielen Fällen etwas abweichend, bald mehr gelb, wie beim Awata-yaki, bald mehr in graue oder weisse Töne übergehend. Indess gehört schon ein ge- übter Blick dazu, manche dieser Produkte von echter Satsuma-Waare zu unterscheiden. Die Thonwaarenindustrie zu Kiôto. Wie auf der rechten Seite des Kamo-gawa in dem Haupttheile der alten japanischen Hauptstadt die Seiden- und Metall-Industrie, so hat auf der linken, in dem östlichen Stadttheil, die Keramik ihren Sitz aufgeschlagen. Ausser gewöhnlicher Töpferwaare liefert dieselbe Steingut und Porzellan in Menge und zum Theil in vorzüglicher Güte. Die Anfänge dieser Industrie gehören der Mitte des 17. Jahrhunderts an. Ninsei, ein Amateur-Töpfer aus der Familie Nonomura, welche zu den Fujiwara zählte, gab in der zweiten Hälfte des genannten Jahrhunderts der Gefässbildnerei in Kiôto durch Einführung der durch- sichtigen Glasur in verschiedenen Brennereien der Vorstädte und durch Darstellung einer Art Faïence und Halbporzellan neuen Anstoss und höheren Flug. Die Erzeugnisse, Ninsei-yaki, welche seine Kunst aus Shigaraki und andern Thonen der Nachbarschaft schuf, zeichnen sich nicht blos durch sorgfältigere Behandlung der Masse, sondern vor allen Dingen durch ihre vortrefflichen, kühn entworfenen Verzierungen aus und sind heutzutage sehr gesucht. Gleiches gilt vom Kenzan- yaki, welches sein berühmtester Schüler in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts darstellte. Es hatte eine gelbliche Farbe (Ki-iro). Der Verfertiger Ogata Sinsha wurde Shisui Ken-zan (d. h.schöner, blauer Nordwestberg), nach der im Nordwesten von Kiôto am Fusse des Atago-yama (Ken-zan) gelegenen Brennerei genannt. Aus Ken- zan-yaki und Ninsei-yaki entwickelte sich einerseits die heutige Steingutindustrie in der Vorstadt Awata, anderseits die Porzellan- fabrikation zu Kiyomidzu. Das Awata-yaki wird im östlichen Theil von Kiôto zu beiden Seiten des Weges, der nach Ôtsu in Ômi führt, verfertigt. Drei oder

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 568. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/622>, abgerufen am 28.03.2024.