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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
liegenden Zweck, eine solche Sammlung zu veranstalten. Wohl aber
schien es mir von Interesse, hier die hervorragendsten Daten, welche
ich bei der Lectüre der citierten Werke, sowie mancher andern be-
züglich des japanischen Aussenhandels in früherer Zeit fand, zu-
sammenzustellen, weil sie geeignet sind, hinsichtlich der Mittel und
Wege gegenüber dem heutigen fremden Handel, den Wandel zu zeigen,
welcher sich hier, wie auf vielen andern Gebieten vollzogen hat. Wir
sehen da, dass ehemalige Ausfuhrartikel von hohem Werthe entweder
mehr in den Hintergrund getreten oder ganz verschwunden sind,
während andere, an die man noch vor 30 Jahren kaum dachte, heutiges
Tags die erste Stelle einnehmen. Ehemals bestand "das Mark des
Landes", wie Kämpfer sich ausdrückt, aus den Erzeugnissen des Berg-
baues: Gold, Silber und Kupfer; in der Neuzeit gehen landwirthschaft-
liche Produkte, wie Seide, Thee und Reis (dieser nur in günstigen
Jahren), unter den zahlreichen Ausfuhrartikeln an Bedeutung allen
andern voran.

Wie in den ersten drei Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts im Ver-
kehr mit Japan Holländer die Portugiesen, Spanier und Engländer zu
verdrängen wussten, so mussten sie wieder vor der mächtigen Concur-
renz der grösseren Handels- und Industriestaaten zur Zeit der Eröffnung
des Landes vor 30 Jahren die Segel streichen. Holland's Handel sank,
dem bescheideneren Umfang seiner Industrie und seines eigenen Be-
darfs entsprechend, hinter den der meisten Grossstaaten, mit England
und Nordamerika an der Spitze, weit zurück. In ähnlicher Weise
entwickelte sich der Handel mit Yokohama und Kobe (Hiogo) rasch
auf Kosten von Nagasaki und Ozaka.

Ueber die alten Handelsbeziehungen Japans zu seinen westlichen
Nachbarn China und Korea vor der ersten Landung der Portugiesen
fehlen bislang alle näheren Angaben.

Hakata in Chikuzen scheint einer der japanischen Hafenorte
gewesen zu sein, in welchem ein lebhafter Verkehr mit China statt-
fand. Es wird desselben auch in Taketori Monogatari, "dem
Mädchen aus dem Monde" *) gedacht. Auch Ozaka, ehemals Naniwa
genannt, und Sakai waren im Mittelalter wichtige Hafen- und Ver-
kehrsplätze mit China. Marco Polo erwähnt dieses Verkehrs nicht,
noch finden sich bei Barros in seinem Werke "Da Asia" irgendwelche
Angaben der Art; er nennt die Japaner nicht einmal. Dagegen sollen
nach Crawford **) in einem Commentar zu Albuquerque, den dessen

*) Uebersetzt von R. Lange. 17. Heft der Mitth. d. d. Ges. Ostasiens.
**) Crawford: "Descriptive Dict. of the Mal. Archipelago" pg. 164.
Rein, Japan. II. 39

3. Der Aussenhandel Japans bis 1854.
liegenden Zweck, eine solche Sammlung zu veranstalten. Wohl aber
schien es mir von Interesse, hier die hervorragendsten Daten, welche
ich bei der Lectüre der citierten Werke, sowie mancher andern be-
züglich des japanischen Aussenhandels in früherer Zeit fand, zu-
sammenzustellen, weil sie geeignet sind, hinsichtlich der Mittel und
Wege gegenüber dem heutigen fremden Handel, den Wandel zu zeigen,
welcher sich hier, wie auf vielen andern Gebieten vollzogen hat. Wir
sehen da, dass ehemalige Ausfuhrartikel von hohem Werthe entweder
mehr in den Hintergrund getreten oder ganz verschwunden sind,
während andere, an die man noch vor 30 Jahren kaum dachte, heutiges
Tags die erste Stelle einnehmen. Ehemals bestand »das Mark des
Landes«, wie Kämpfer sich ausdrückt, aus den Erzeugnissen des Berg-
baues: Gold, Silber und Kupfer; in der Neuzeit gehen landwirthschaft-
liche Produkte, wie Seide, Thee und Reis (dieser nur in günstigen
Jahren), unter den zahlreichen Ausfuhrartikeln an Bedeutung allen
andern voran.

Wie in den ersten drei Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts im Ver-
kehr mit Japan Holländer die Portugiesen, Spanier und Engländer zu
verdrängen wussten, so mussten sie wieder vor der mächtigen Concur-
renz der grösseren Handels- und Industriestaaten zur Zeit der Eröffnung
des Landes vor 30 Jahren die Segel streichen. Holland’s Handel sank,
dem bescheideneren Umfang seiner Industrie und seines eigenen Be-
darfs entsprechend, hinter den der meisten Grossstaaten, mit England
und Nordamerika an der Spitze, weit zurück. In ähnlicher Weise
entwickelte sich der Handel mit Yokohama und Kobe (Hiogo) rasch
auf Kosten von Nagasaki und Ôzaka.

Ueber die alten Handelsbeziehungen Japans zu seinen westlichen
Nachbarn China und Korea vor der ersten Landung der Portugiesen
fehlen bislang alle näheren Angaben.

Hakata in Chikuzen scheint einer der japanischen Hafenorte
gewesen zu sein, in welchem ein lebhafter Verkehr mit China statt-
fand. Es wird desselben auch in Taketori Monogatari, »dem
Mädchen aus dem Monde« *) gedacht. Auch Ôzaka, ehemals Naniwa
genannt, und Sakai waren im Mittelalter wichtige Hafen- und Ver-
kehrsplätze mit China. Marco Polo erwähnt dieses Verkehrs nicht,
noch finden sich bei Barros in seinem Werke »Da Asia« irgendwelche
Angaben der Art; er nennt die Japaner nicht einmal. Dagegen sollen
nach Crawford **) in einem Commentar zu Albuquerque, den dessen

*) Uebersetzt von R. Lange. 17. Heft der Mitth. d. d. Ges. Ostasiens.
**) Crawford: »Descriptive Dict. of the Mal. Archipelago« pg. 164.
Rein, Japan. II. 39
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[609/0669] 3. Der Aussenhandel Japans bis 1854. liegenden Zweck, eine solche Sammlung zu veranstalten. Wohl aber schien es mir von Interesse, hier die hervorragendsten Daten, welche ich bei der Lectüre der citierten Werke, sowie mancher andern be- züglich des japanischen Aussenhandels in früherer Zeit fand, zu- sammenzustellen, weil sie geeignet sind, hinsichtlich der Mittel und Wege gegenüber dem heutigen fremden Handel, den Wandel zu zeigen, welcher sich hier, wie auf vielen andern Gebieten vollzogen hat. Wir sehen da, dass ehemalige Ausfuhrartikel von hohem Werthe entweder mehr in den Hintergrund getreten oder ganz verschwunden sind, während andere, an die man noch vor 30 Jahren kaum dachte, heutiges Tags die erste Stelle einnehmen. Ehemals bestand »das Mark des Landes«, wie Kämpfer sich ausdrückt, aus den Erzeugnissen des Berg- baues: Gold, Silber und Kupfer; in der Neuzeit gehen landwirthschaft- liche Produkte, wie Seide, Thee und Reis (dieser nur in günstigen Jahren), unter den zahlreichen Ausfuhrartikeln an Bedeutung allen andern voran. Wie in den ersten drei Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts im Ver- kehr mit Japan Holländer die Portugiesen, Spanier und Engländer zu verdrängen wussten, so mussten sie wieder vor der mächtigen Concur- renz der grösseren Handels- und Industriestaaten zur Zeit der Eröffnung des Landes vor 30 Jahren die Segel streichen. Holland’s Handel sank, dem bescheideneren Umfang seiner Industrie und seines eigenen Be- darfs entsprechend, hinter den der meisten Grossstaaten, mit England und Nordamerika an der Spitze, weit zurück. In ähnlicher Weise entwickelte sich der Handel mit Yokohama und Kobe (Hiogo) rasch auf Kosten von Nagasaki und Ôzaka. Ueber die alten Handelsbeziehungen Japans zu seinen westlichen Nachbarn China und Korea vor der ersten Landung der Portugiesen fehlen bislang alle näheren Angaben. Hakata in Chikuzen scheint einer der japanischen Hafenorte gewesen zu sein, in welchem ein lebhafter Verkehr mit China statt- fand. Es wird desselben auch in Taketori Monogatari, »dem Mädchen aus dem Monde« *) gedacht. Auch Ôzaka, ehemals Naniwa genannt, und Sakai waren im Mittelalter wichtige Hafen- und Ver- kehrsplätze mit China. Marco Polo erwähnt dieses Verkehrs nicht, noch finden sich bei Barros in seinem Werke »Da Asia« irgendwelche Angaben der Art; er nennt die Japaner nicht einmal. Dagegen sollen nach Crawford **) in einem Commentar zu Albuquerque, den dessen *) Uebersetzt von R. Lange. 17. Heft der Mitth. d. d. Ges. Ostasiens. **) Crawford: »Descriptive Dict. of the Mal. Archipelago« pg. 164. Rein, Japan. II. 39

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 609. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/669>, abgerufen am 16.04.2024.