Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

der Clarissa.
Allein unter solchen Bedingungen verlangte ich
es nicht.

Jst dis ihre Antwort, Fräulein?

Ja! ich kan nicht anders antworten. Es
mag daraus kommen, was will: so werde ich
Herrn Solmes nicht nehmen. Es betrübt mich,
daß man mich so oft damit quälet. Jch will
ihn in Ewigkeit nicht haben.

Sie ging misvergnügt hinunter. Jch konn-
te es nicht wehren. Jch war es gantz müde,
daß eine Sache auf so mancherley Weise und so
oft angebracht ward. Jch wundere mich, daß
die Meinigen des Dinges nicht müde werden.
Es bleibt immer einerley, und kein Theil will
etwas nachgeben.

Jch will hinunter gehen, und diesen Brief hin-
legen, denn Elisabeth hat es bemerckt, daß ich
geschrieben habe. Sie nahm ein Handtuch,
machte es naß, und kam nach ihrer lärmenden
unruhigen Art mit dem nassen Ende zu mir:
Hier Fräulein! Jch sagte: was wollt ihr. Sie
sagte: Fräulein belieben sie nur den einen
Finger an der rechten Hand anzusehen.

Es war Dinte an dem Finger. Jch gab ihr
nur einen Blick, ohne etwas weiter zu sagen.
Aus Furcht aber, daß meine Sachen von neuen
möchten durchsucht werden, will ich hier schlies-
sen.

Clarissa Harlowe.
Der
E e 4

der Clariſſa.
Allein unter ſolchen Bedingungen verlangte ich
es nicht.

Jſt dis ihre Antwort, Fraͤulein?

Ja! ich kan nicht anders antworten. Es
mag daraus kommen, was will: ſo werde ich
Herrn Solmes nicht nehmen. Es betruͤbt mich,
daß man mich ſo oft damit quaͤlet. Jch will
ihn in Ewigkeit nicht haben.

Sie ging misvergnuͤgt hinunter. Jch konn-
te es nicht wehren. Jch war es gantz muͤde,
daß eine Sache auf ſo mancherley Weiſe und ſo
oft angebracht ward. Jch wundere mich, daß
die Meinigen des Dinges nicht muͤde werden.
Es bleibt immer einerley, und kein Theil will
etwas nachgeben.

Jch will hinunter gehen, und dieſen Brief hin-
legen, denn Eliſabeth hat es bemerckt, daß ich
geſchrieben habe. Sie nahm ein Handtuch,
machte es naß, und kam nach ihrer laͤrmenden
unruhigen Art mit dem naſſen Ende zu mir:
Hier Fraͤulein! Jch ſagte: was wollt ihr. Sie
ſagte: Fraͤulein belieben ſie nur den einen
Finger an der rechten Hand anzuſehen.

Es war Dinte an dem Finger. Jch gab ihr
nur einen Blick, ohne etwas weiter zu ſagen.
Aus Furcht aber, daß meine Sachen von neuen
moͤchten durchſucht werden, will ich hier ſchlieſ-
ſen.

Clariſſa Harlowe.
Der
E e 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0445" n="439"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a</hi>.</hi></fw><lb/>
Allein unter &#x017F;olchen Bedingungen verlangte ich<lb/>
es nicht.</p><lb/>
          <p>J&#x017F;t dis ihre Antwort, Fra&#x0364;ulein?</p><lb/>
          <p>Ja! ich kan nicht anders antworten. Es<lb/>
mag daraus kommen, was will: &#x017F;o werde ich<lb/>
Herrn <hi rendition="#fr">Solmes</hi> nicht nehmen. Es betru&#x0364;bt mich,<lb/>
daß man mich &#x017F;o oft damit qua&#x0364;let. Jch will<lb/>
ihn in Ewigkeit nicht haben.</p><lb/>
          <p>Sie ging misvergnu&#x0364;gt hinunter. Jch konn-<lb/>
te es nicht wehren. Jch war es gantz mu&#x0364;de,<lb/>
daß eine Sache auf &#x017F;o mancherley Wei&#x017F;e und &#x017F;o<lb/>
oft angebracht ward. Jch wundere mich, daß<lb/>
die Meinigen des Dinges nicht mu&#x0364;de werden.<lb/>
Es bleibt immer einerley, und kein Theil will<lb/>
etwas nachgeben.</p><lb/>
          <p>Jch will hinunter gehen, und die&#x017F;en Brief hin-<lb/>
legen, denn <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth</hi> hat es bemerckt, daß ich<lb/>
ge&#x017F;chrieben habe. Sie nahm ein Handtuch,<lb/>
machte es naß, und kam nach ihrer la&#x0364;rmenden<lb/>
unruhigen Art mit dem na&#x017F;&#x017F;en Ende zu mir:<lb/><hi rendition="#fr">Hier Fra&#x0364;ulein!</hi> Jch &#x017F;agte: was wollt ihr. Sie<lb/>
&#x017F;agte: <hi rendition="#fr">Fra&#x0364;ulein belieben &#x017F;ie nur den einen<lb/>
Finger an der rechten Hand anzu&#x017F;ehen.</hi></p><lb/>
          <p>Es war Dinte an dem Finger. Jch gab ihr<lb/>
nur einen Blick, ohne etwas weiter zu &#x017F;agen.<lb/>
Aus Furcht aber, daß meine Sachen von neuen<lb/>
mo&#x0364;chten durch&#x017F;ucht werden, will ich hier &#x017F;chlie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en.</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe.</hi> </hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">E e 4</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[439/0445] der Clariſſa. Allein unter ſolchen Bedingungen verlangte ich es nicht. Jſt dis ihre Antwort, Fraͤulein? Ja! ich kan nicht anders antworten. Es mag daraus kommen, was will: ſo werde ich Herrn Solmes nicht nehmen. Es betruͤbt mich, daß man mich ſo oft damit quaͤlet. Jch will ihn in Ewigkeit nicht haben. Sie ging misvergnuͤgt hinunter. Jch konn- te es nicht wehren. Jch war es gantz muͤde, daß eine Sache auf ſo mancherley Weiſe und ſo oft angebracht ward. Jch wundere mich, daß die Meinigen des Dinges nicht muͤde werden. Es bleibt immer einerley, und kein Theil will etwas nachgeben. Jch will hinunter gehen, und dieſen Brief hin- legen, denn Eliſabeth hat es bemerckt, daß ich geſchrieben habe. Sie nahm ein Handtuch, machte es naß, und kam nach ihrer laͤrmenden unruhigen Art mit dem naſſen Ende zu mir: Hier Fraͤulein! Jch ſagte: was wollt ihr. Sie ſagte: Fraͤulein belieben ſie nur den einen Finger an der rechten Hand anzuſehen. Es war Dinte an dem Finger. Jch gab ihr nur einen Blick, ohne etwas weiter zu ſagen. Aus Furcht aber, daß meine Sachen von neuen moͤchten durchſucht werden, will ich hier ſchlieſ- ſen. Clariſſa Harlowe. Der E e 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/445
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 439. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/445>, abgerufen am 06.05.2024.