Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



wir wohnen, Briefe. Dieses kann mir zum Vor-
theil oder zum Schaden gereichen; jenen will ich
bey meiner Reise zu gebrauchen, und diesen zu ver-
meyden suchen.

Bey allen meinen Unternehmungen dencke ich
immer an den Rückweg. Niemand hält mich für
stoltz, der mich kennet: ich kann mit den Bedienten
so vertraut als mit meines gleichen reden, wenn ich
sie zu meinen Absichten gebrauchen, und ihnen ihre
Gefälligkeit vergüten will. Die Bedienten gleichen
den gemeinen Soldaten: sie thun oft ohne Bosheit
allen möglichen Schaden. Die guten Kerls haben
keine weitere Absicht dabey, als daß sie Schaden
thun mögen.

Vor niemand fürchte ich mich mehr, als vor der
Fräulein Howe. Sie hat einen leichtfertigen Kopf,
und es fehlt ihr an nichts, als an Gelegenheit zur
Schelmerey. Erschiessen, erhängen oder ersäuffen
will ich mich, wenn mich das Mädchen bey aller
meiner Einbildung und Ruhm von meiner no-
strum-
Krämerey (du bist eine Art von Pedanten,
ein Kerl, der die Oberfläche der Gelehrsamkeit ge-
schickt abzuschäumen weiß. Darum ärgere ich dich
mit ungewöhnlichen Worten, bey denen du ein ver-
dammtes Kunstrichter-Gesichte machen wirst.
Noch einmahl ließ es) von meiner nostrum-Krä-
merey
betrieget.

Der arme Hickmann! Jch bedaure ihn. Was
will er mit der Amazonin anfangen. So wahr
GOtt im Himmel lebet, Hickmann ist ein Narre.
Eben fällt es mir bey: keine Ehe kann glücklich seyn,

wenn



wir wohnen, Briefe. Dieſes kann mir zum Vor-
theil oder zum Schaden gereichen; jenen will ich
bey meiner Reiſe zu gebrauchen, und dieſen zu ver-
meyden ſuchen.

Bey allen meinen Unternehmungen dencke ich
immer an den Ruͤckweg. Niemand haͤlt mich fuͤr
ſtoltz, der mich kennet: ich kann mit den Bedienten
ſo vertraut als mit meines gleichen reden, wenn ich
ſie zu meinen Abſichten gebrauchen, und ihnen ihre
Gefaͤlligkeit verguͤten will. Die Bedienten gleichen
den gemeinen Soldaten: ſie thun oft ohne Bosheit
allen moͤglichen Schaden. Die guten Kerls haben
keine weitere Abſicht dabey, als daß ſie Schaden
thun moͤgen.

Vor niemand fuͤrchte ich mich mehr, als vor der
Fraͤulein Howe. Sie hat einen leichtfertigen Kopf,
und es fehlt ihr an nichts, als an Gelegenheit zur
Schelmerey. Erſchieſſen, erhaͤngen oder erſaͤuffen
will ich mich, wenn mich das Maͤdchen bey aller
meiner Einbildung und Ruhm von meiner no-
ſtrum-
Kraͤmerey (du biſt eine Art von Pedanten,
ein Kerl, der die Oberflaͤche der Gelehrſamkeit ge-
ſchickt abzuſchaͤumen weiß. Darum aͤrgere ich dich
mit ungewoͤhnlichen Worten, bey denen du ein ver-
dammtes Kunſtrichter-Geſichte machen wirſt.
Noch einmahl ließ es) von meiner noſtrum-Kraͤ-
merey
betrieget.

Der arme Hickmann! Jch bedaure ihn. Was
will er mit der Amazonin anfangen. So wahr
GOtt im Himmel lebet, Hickmann iſt ein Narre.
Eben faͤllt es mir bey: keine Ehe kann gluͤcklich ſeyn,

wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0244" n="230"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
wir wohnen, Briefe. Die&#x017F;es kann mir zum Vor-<lb/>
theil oder zum Schaden gereichen; jenen will ich<lb/>
bey meiner Rei&#x017F;e zu gebrauchen, und die&#x017F;en zu ver-<lb/>
meyden &#x017F;uchen.</p><lb/>
          <p>Bey allen meinen Unternehmungen dencke ich<lb/>
immer an den Ru&#x0364;ckweg. Niemand ha&#x0364;lt mich fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;toltz, der mich kennet: ich kann mit den Bedienten<lb/>
&#x017F;o vertraut als mit meines gleichen reden, wenn ich<lb/>
&#x017F;ie zu meinen Ab&#x017F;ichten gebrauchen, und ihnen ihre<lb/>
Gefa&#x0364;lligkeit vergu&#x0364;ten will. Die Bedienten gleichen<lb/>
den gemeinen Soldaten: &#x017F;ie thun oft ohne Bosheit<lb/>
allen mo&#x0364;glichen Schaden. Die guten Kerls haben<lb/>
keine weitere Ab&#x017F;icht dabey, als daß &#x017F;ie Schaden<lb/>
thun mo&#x0364;gen.</p><lb/>
          <p>Vor niemand fu&#x0364;rchte ich mich mehr, als vor der<lb/>
Fra&#x0364;ulein <hi rendition="#fr">Howe.</hi> Sie hat einen leichtfertigen Kopf,<lb/>
und es fehlt ihr an nichts, als an Gelegenheit zur<lb/>
Schelmerey. Er&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en, erha&#x0364;ngen oder er&#x017F;a&#x0364;uffen<lb/>
will ich mich, wenn mich das Ma&#x0364;dchen bey aller<lb/>
meiner Einbildung und Ruhm von meiner <hi rendition="#aq">no-<lb/>
&#x017F;trum-</hi>Kra&#x0364;merey (du bi&#x017F;t eine Art von Pedanten,<lb/>
ein Kerl, der die Oberfla&#x0364;che der Gelehr&#x017F;amkeit ge-<lb/>
&#x017F;chickt abzu&#x017F;cha&#x0364;umen weiß. Darum a&#x0364;rgere ich dich<lb/>
mit ungewo&#x0364;hnlichen Worten, bey denen du ein ver-<lb/>
dammtes Kun&#x017F;trichter-Ge&#x017F;ichte machen wir&#x017F;t.<lb/>
Noch einmahl ließ es) von meiner <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">no&#x017F;trum-</hi></hi><hi rendition="#fr">Kra&#x0364;-<lb/>
merey</hi> betrieget.</p><lb/>
          <p>Der arme <hi rendition="#fr">Hickmann!</hi> Jch bedaure ihn. Was<lb/>
will er mit der Amazonin anfangen. So wahr<lb/>
GOtt im Himmel lebet, <hi rendition="#fr">Hickmann</hi> i&#x017F;t ein Narre.<lb/>
Eben fa&#x0364;llt es mir bey: keine Ehe kann glu&#x0364;cklich &#x017F;eyn,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[230/0244] wir wohnen, Briefe. Dieſes kann mir zum Vor- theil oder zum Schaden gereichen; jenen will ich bey meiner Reiſe zu gebrauchen, und dieſen zu ver- meyden ſuchen. Bey allen meinen Unternehmungen dencke ich immer an den Ruͤckweg. Niemand haͤlt mich fuͤr ſtoltz, der mich kennet: ich kann mit den Bedienten ſo vertraut als mit meines gleichen reden, wenn ich ſie zu meinen Abſichten gebrauchen, und ihnen ihre Gefaͤlligkeit verguͤten will. Die Bedienten gleichen den gemeinen Soldaten: ſie thun oft ohne Bosheit allen moͤglichen Schaden. Die guten Kerls haben keine weitere Abſicht dabey, als daß ſie Schaden thun moͤgen. Vor niemand fuͤrchte ich mich mehr, als vor der Fraͤulein Howe. Sie hat einen leichtfertigen Kopf, und es fehlt ihr an nichts, als an Gelegenheit zur Schelmerey. Erſchieſſen, erhaͤngen oder erſaͤuffen will ich mich, wenn mich das Maͤdchen bey aller meiner Einbildung und Ruhm von meiner no- ſtrum-Kraͤmerey (du biſt eine Art von Pedanten, ein Kerl, der die Oberflaͤche der Gelehrſamkeit ge- ſchickt abzuſchaͤumen weiß. Darum aͤrgere ich dich mit ungewoͤhnlichen Worten, bey denen du ein ver- dammtes Kunſtrichter-Geſichte machen wirſt. Noch einmahl ließ es) von meiner noſtrum-Kraͤ- merey betrieget. Der arme Hickmann! Jch bedaure ihn. Was will er mit der Amazonin anfangen. So wahr GOtt im Himmel lebet, Hickmann iſt ein Narre. Eben faͤllt es mir bey: keine Ehe kann gluͤcklich ſeyn, wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/244
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/244>, abgerufen am 29.03.2024.