Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite


Jch muß meine Zeugen jetzt vor mir die Muste-
rung paßiren lassen. Wer sind sie? Laß sehen! ---
Wie viele werden, wenn nur der Montag vorbey
ist, schwören können, daß sie nach meinem Nahmen
genennet ist: daß sie geantwortet hat, wenn sie als
Frau Lovelace angeredet ward: daß sie bloß mit
dem Zweck von ihren Freunden geflüchtet ist, damit
sie meinen Nahmen tragen möchte? Jhre eigenen
Anverwandten werden dieses nicht leugnen wollen. --
Meine Bediente treten auf: sie halten die Finger
schon in die Höhe: ihr Cammer-Mädchen Dorcas,
Frau Sinclair, deren ihre beyde Basen, und die
Jungfer Partington.

Wenn diese Zeugen verdächtig sind, so kommt
das beste Kunst-Stück. Vier angesehene Caval-
liers, von guten Mitteln und von alter Familie,
treten auf. Sie sind an einem gewissen Abend in
einer Gesellschaft gewesen, zu der sie Robert Lo-
velace
von Sandoun-Hall in Lancaster gebeten
hatte. Es war sonst noch gegenwärtig Magdale-
na
vewittwete Sinclairin, und Jungfrau Pri-
scilla Partington.
Der besagte Robert Lo-
velace
redete bey unzähligen Gelegenheiten obenbe-
nannte Fräulein als seine eheliche Liebste an; und
die übrige Gesellschaft nannte sie nie anders als Frau
Lovelace: sie empfing von einem jedweden die Glück-
wünsche zu ihrer Verehelichung, ohne darüber eini-
ges Mißvergnügen zu bezeigen, als nur dieses, daß
sie nach Art aller Bräute etwas schamhaft that.

Kerl,


Jch muß meine Zeugen jetzt vor mir die Muſte-
rung paßiren laſſen. Wer ſind ſie? Laß ſehen! ‒‒‒
Wie viele werden, wenn nur der Montag vorbey
iſt, ſchwoͤren koͤnnen, daß ſie nach meinem Nahmen
genennet iſt: daß ſie geantwortet hat, wenn ſie als
Frau Lovelace angeredet ward: daß ſie bloß mit
dem Zweck von ihren Freunden gefluͤchtet iſt, damit
ſie meinen Nahmen tragen moͤchte? Jhre eigenen
Anverwandten werden dieſes nicht leugnen wollen. ‒‒
Meine Bediente treten auf: ſie halten die Finger
ſchon in die Hoͤhe: ihr Cammer-Maͤdchen Dorcas,
Frau Sinclair, deren ihre beyde Baſen, und die
Jungfer Partington.

Wenn dieſe Zeugen verdaͤchtig ſind, ſo kommt
das beſte Kunſt-Stuͤck. Vier angeſehene Caval-
liers, von guten Mitteln und von alter Familie,
treten auf. Sie ſind an einem gewiſſen Abend in
einer Geſellſchaft geweſen, zu der ſie Robert Lo-
velace
von Sandoun-Hall in Lancaſter gebeten
hatte. Es war ſonſt noch gegenwaͤrtig Magdale-
na
vewittwete Sinclairin, und Jungfrau Pri-
ſcilla Partington.
Der beſagte Robert Lo-
velace
redete bey unzaͤhligen Gelegenheiten obenbe-
nannte Fraͤulein als ſeine eheliche Liebſte an; und
die uͤbrige Geſellſchaft nannte ſie nie anders als Frau
Lovelace: ſie empfing von einem jedweden die Gluͤck-
wuͤnſche zu ihrer Verehelichung, ohne daruͤber eini-
ges Mißvergnuͤgen zu bezeigen, als nur dieſes, daß
ſie nach Art aller Braͤute etwas ſchamhaft that.

Kerl,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <pb facs="#f0500" n="486"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jch muß meine Zeugen jetzt vor mir die Mu&#x017F;te-<lb/>
rung paßiren la&#x017F;&#x017F;en. Wer &#x017F;ind &#x017F;ie? Laß &#x017F;ehen! &#x2012;&#x2012;&#x2012;<lb/>
Wie viele werden, wenn nur der Montag vorbey<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;chwo&#x0364;ren ko&#x0364;nnen, daß &#x017F;ie nach meinem Nahmen<lb/>
genennet i&#x017F;t: daß &#x017F;ie geantwortet hat, wenn &#x017F;ie als<lb/>
Frau <hi rendition="#fr">Lovelace</hi> angeredet ward: daß &#x017F;ie bloß mit<lb/>
dem Zweck von ihren Freunden geflu&#x0364;chtet i&#x017F;t, damit<lb/>
&#x017F;ie meinen Nahmen tragen mo&#x0364;chte? Jhre eigenen<lb/>
Anverwandten werden die&#x017F;es nicht leugnen wollen. &#x2012;&#x2012;<lb/>
Meine Bediente treten auf: &#x017F;ie halten die Finger<lb/>
&#x017F;chon in die Ho&#x0364;he: ihr Cammer-Ma&#x0364;dchen <hi rendition="#fr">Dorcas,</hi><lb/>
Frau <hi rendition="#fr">Sinclair,</hi> deren ihre beyde Ba&#x017F;en, und die<lb/>
Jungfer <hi rendition="#fr">Partington.</hi></p><lb/>
          <p>Wenn die&#x017F;e Zeugen verda&#x0364;chtig &#x017F;ind, &#x017F;o kommt<lb/>
das be&#x017F;te Kun&#x017F;t-Stu&#x0364;ck. Vier ange&#x017F;ehene Caval-<lb/>
liers, von guten Mitteln und von alter Familie,<lb/>
treten auf. Sie &#x017F;ind an einem gewi&#x017F;&#x017F;en Abend in<lb/>
einer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft gewe&#x017F;en, zu der &#x017F;ie <hi rendition="#fr">Robert Lo-<lb/>
velace</hi> von <hi rendition="#fr">Sandoun-Hall</hi> in <hi rendition="#fr">Lanca&#x017F;ter</hi> gebeten<lb/>
hatte. Es war &#x017F;on&#x017F;t noch gegenwa&#x0364;rtig <hi rendition="#fr">Magdale-<lb/>
na</hi> vewittwete <hi rendition="#fr">Sinclairin,</hi> und Jungfrau <hi rendition="#fr">Pri-<lb/>
&#x017F;cilla Partington.</hi> Der be&#x017F;agte <hi rendition="#fr">Robert Lo-<lb/>
velace</hi> redete bey unza&#x0364;hligen Gelegenheiten obenbe-<lb/>
nannte Fra&#x0364;ulein als &#x017F;eine eheliche Lieb&#x017F;te an; und<lb/>
die u&#x0364;brige Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft nannte &#x017F;ie nie anders als Frau<lb/><hi rendition="#fr">Lovelace:</hi> &#x017F;ie empfing von einem jedweden die Glu&#x0364;ck-<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;che zu ihrer Verehelichung, ohne daru&#x0364;ber eini-<lb/>
ges Mißvergnu&#x0364;gen zu bezeigen, als nur die&#x017F;es, daß<lb/>
&#x017F;ie nach Art aller Bra&#x0364;ute etwas &#x017F;chamhaft that.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Kerl,</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[486/0500] Jch muß meine Zeugen jetzt vor mir die Muſte- rung paßiren laſſen. Wer ſind ſie? Laß ſehen! ‒‒‒ Wie viele werden, wenn nur der Montag vorbey iſt, ſchwoͤren koͤnnen, daß ſie nach meinem Nahmen genennet iſt: daß ſie geantwortet hat, wenn ſie als Frau Lovelace angeredet ward: daß ſie bloß mit dem Zweck von ihren Freunden gefluͤchtet iſt, damit ſie meinen Nahmen tragen moͤchte? Jhre eigenen Anverwandten werden dieſes nicht leugnen wollen. ‒‒ Meine Bediente treten auf: ſie halten die Finger ſchon in die Hoͤhe: ihr Cammer-Maͤdchen Dorcas, Frau Sinclair, deren ihre beyde Baſen, und die Jungfer Partington. Wenn dieſe Zeugen verdaͤchtig ſind, ſo kommt das beſte Kunſt-Stuͤck. Vier angeſehene Caval- liers, von guten Mitteln und von alter Familie, treten auf. Sie ſind an einem gewiſſen Abend in einer Geſellſchaft geweſen, zu der ſie Robert Lo- velace von Sandoun-Hall in Lancaſter gebeten hatte. Es war ſonſt noch gegenwaͤrtig Magdale- na vewittwete Sinclairin, und Jungfrau Pri- ſcilla Partington. Der beſagte Robert Lo- velace redete bey unzaͤhligen Gelegenheiten obenbe- nannte Fraͤulein als ſeine eheliche Liebſte an; und die uͤbrige Geſellſchaft nannte ſie nie anders als Frau Lovelace: ſie empfing von einem jedweden die Gluͤck- wuͤnſche zu ihrer Verehelichung, ohne daruͤber eini- ges Mißvergnuͤgen zu bezeigen, als nur dieſes, daß ſie nach Art aller Braͤute etwas ſchamhaft that. Kerl,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/500
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 486. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/500>, abgerufen am 25.04.2024.