lung etwas finden, das einiger Maaßen entschul- digen kann
Jhre unglückliche Clarissa Harlowe.
Der sechste Brief von Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.
Dienstags und Mittewochens den 11. und 12 April.
Du mahnest mich wegen meines Versprechens, daß ich alles genau erzählen will, was zwi- schen mir und meiner Göttin vorgehet. Jch habe nie eine bessere Materie unter der Feder gehabt: ich habe auch Zeit genug, denn wenn es nach ihrem Willen gehet, so soll mir der Zugang zu ihr nicht leichter werden, als dem unterthänigsten Sclaven die Ehre einen morgenländischen Monarchen zu se- hen. Es kann also die Saumseeligkeit im Schrei- ben durch nichts entschuldiget werden; sie würde dem Mangel des guten Willens zuzuschreiben seyn. Weil aber dieser Mangel in Betrachtung unserer Freundschaft und deiner Dienstfertigkeit, auf mei- nen Winck nach dem weißen Hirsch zu mir zu kom- men, gar nicht entschuldiget werden könnte; so will ich suchen mein Wort zu halten.
Du weissest mit was für einem Entschluß ich von dir und deinen Brüdern Abschied nahm, daß
wir
lung etwas finden, das einiger Maaßen entſchul- digen kann
Jhre ungluͤckliche Clariſſa Harlowe.
Der ſechſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.
Dienstags und Mittewochens den 11. und 12 April.
Du mahneſt mich wegen meines Verſprechens, daß ich alles genau erzaͤhlen will, was zwi- ſchen mir und meiner Goͤttin vorgehet. Jch habe nie eine beſſere Materie unter der Feder gehabt: ich habe auch Zeit genug, denn wenn es nach ihrem Willen gehet, ſo ſoll mir der Zugang zu ihr nicht leichter werden, als dem unterthaͤnigſten Sclaven die Ehre einen morgenlaͤndiſchen Monarchen zu ſe- hen. Es kann alſo die Saumſeeligkeit im Schrei- ben durch nichts entſchuldiget werden; ſie wuͤrde dem Mangel des guten Willens zuzuſchreiben ſeyn. Weil aber dieſer Mangel in Betrachtung unſerer Freundſchaft und deiner Dienſtfertigkeit, auf mei- nen Winck nach dem weißen Hirſch zu mir zu kom- men, gar nicht entſchuldiget werden koͤnnte; ſo will ich ſuchen mein Wort zu halten.
Du weiſſeſt mit was fuͤr einem Entſchluß ich von dir und deinen Bruͤdern Abſchied nahm, daß
wir
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[82/0096]
lung etwas finden, das einiger Maaßen entſchul-
digen kann
Jhre ungluͤckliche
Clariſſa Harlowe.
Der ſechſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.
Dienstags und Mittewochens den 11.
und 12 April.
Du mahneſt mich wegen meines Verſprechens,
daß ich alles genau erzaͤhlen will, was zwi-
ſchen mir und meiner Goͤttin vorgehet. Jch habe
nie eine beſſere Materie unter der Feder gehabt: ich
habe auch Zeit genug, denn wenn es nach ihrem
Willen gehet, ſo ſoll mir der Zugang zu ihr nicht
leichter werden, als dem unterthaͤnigſten Sclaven
die Ehre einen morgenlaͤndiſchen Monarchen zu ſe-
hen. Es kann alſo die Saumſeeligkeit im Schrei-
ben durch nichts entſchuldiget werden; ſie wuͤrde
dem Mangel des guten Willens zuzuſchreiben ſeyn.
Weil aber dieſer Mangel in Betrachtung unſerer
Freundſchaft und deiner Dienſtfertigkeit, auf mei-
nen Winck nach dem weißen Hirſch zu mir zu kom-
men, gar nicht entſchuldiget werden koͤnnte; ſo will
ich ſuchen mein Wort zu halten.
Du weiſſeſt mit was fuͤr einem Entſchluß ich
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/96>, abgerufen am 28.03.2024.
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