Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



lung etwas finden, das einiger Maaßen entschul-
digen kann

Jhre unglückliche
Clarissa Harlowe.


Der sechste Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.

Du mahnest mich wegen meines Versprechens,
daß ich alles genau erzählen will, was zwi-
schen mir und meiner Göttin vorgehet. Jch habe
nie eine bessere Materie unter der Feder gehabt: ich
habe auch Zeit genug, denn wenn es nach ihrem
Willen gehet, so soll mir der Zugang zu ihr nicht
leichter werden, als dem unterthänigsten Sclaven
die Ehre einen morgenländischen Monarchen zu se-
hen. Es kann also die Saumseeligkeit im Schrei-
ben durch nichts entschuldiget werden; sie würde
dem Mangel des guten Willens zuzuschreiben seyn.
Weil aber dieser Mangel in Betrachtung unserer
Freundschaft und deiner Dienstfertigkeit, auf mei-
nen Winck nach dem weißen Hirsch zu mir zu kom-
men, gar nicht entschuldiget werden könnte; so will
ich suchen mein Wort zu halten.

Du weissest mit was für einem Entschluß ich
von dir und deinen Brüdern Abschied nahm, daß

wir



lung etwas finden, das einiger Maaßen entſchul-
digen kann

Jhre ungluͤckliche
Clariſſa Harlowe.


Der ſechſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.

Du mahneſt mich wegen meines Verſprechens,
daß ich alles genau erzaͤhlen will, was zwi-
ſchen mir und meiner Goͤttin vorgehet. Jch habe
nie eine beſſere Materie unter der Feder gehabt: ich
habe auch Zeit genug, denn wenn es nach ihrem
Willen gehet, ſo ſoll mir der Zugang zu ihr nicht
leichter werden, als dem unterthaͤnigſten Sclaven
die Ehre einen morgenlaͤndiſchen Monarchen zu ſe-
hen. Es kann alſo die Saumſeeligkeit im Schrei-
ben durch nichts entſchuldiget werden; ſie wuͤrde
dem Mangel des guten Willens zuzuſchreiben ſeyn.
Weil aber dieſer Mangel in Betrachtung unſerer
Freundſchaft und deiner Dienſtfertigkeit, auf mei-
nen Winck nach dem weißen Hirſch zu mir zu kom-
men, gar nicht entſchuldiget werden koͤnnte; ſo will
ich ſuchen mein Wort zu halten.

Du weiſſeſt mit was fuͤr einem Entſchluß ich
von dir und deinen Bruͤdern Abſchied nahm, daß

wir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0096" n="82"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
lung etwas finden, das einiger Maaßen ent&#x017F;chul-<lb/>
digen kann</p><lb/>
          <closer>
            <salute> <hi rendition="#et">Jhre unglu&#x0364;ckliche<lb/><hi rendition="#fr">Clari&#x017F;&#x017F;a Harlowe.</hi></hi> </salute>
          </closer>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der &#x017F;ech&#x017F;te Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Dienstags und Mittewochens den 11.<lb/>
und 12 April.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>u mahne&#x017F;t mich wegen meines Ver&#x017F;prechens,<lb/>
daß ich alles genau erza&#x0364;hlen will, was zwi-<lb/>
&#x017F;chen mir und meiner Go&#x0364;ttin vorgehet. Jch habe<lb/>
nie eine be&#x017F;&#x017F;ere Materie unter der Feder gehabt: ich<lb/>
habe auch Zeit genug, denn wenn es nach ihrem<lb/>
Willen gehet, &#x017F;o &#x017F;oll mir der Zugang zu ihr nicht<lb/>
leichter werden, als dem untertha&#x0364;nig&#x017F;ten Sclaven<lb/>
die Ehre einen morgenla&#x0364;ndi&#x017F;chen Monarchen zu &#x017F;e-<lb/>
hen. Es kann al&#x017F;o die Saum&#x017F;eeligkeit im Schrei-<lb/>
ben durch nichts ent&#x017F;chuldiget werden; &#x017F;ie wu&#x0364;rde<lb/>
dem Mangel des guten Willens zuzu&#x017F;chreiben &#x017F;eyn.<lb/>
Weil aber die&#x017F;er Mangel in Betrachtung un&#x017F;erer<lb/>
Freund&#x017F;chaft und deiner Dien&#x017F;tfertigkeit, auf mei-<lb/>
nen Winck nach dem weißen Hir&#x017F;ch zu mir zu kom-<lb/>
men, gar nicht ent&#x017F;chuldiget werden ko&#x0364;nnte; &#x017F;o will<lb/>
ich &#x017F;uchen mein Wort zu halten.</p><lb/>
          <p>Du wei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t mit was fu&#x0364;r einem Ent&#x017F;chluß ich<lb/>
von dir und deinen Bru&#x0364;dern Ab&#x017F;chied nahm, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wir</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0096] lung etwas finden, das einiger Maaßen entſchul- digen kann Jhre ungluͤckliche Clariſſa Harlowe. Der ſechſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford. Dienstags und Mittewochens den 11. und 12 April. Du mahneſt mich wegen meines Verſprechens, daß ich alles genau erzaͤhlen will, was zwi- ſchen mir und meiner Goͤttin vorgehet. Jch habe nie eine beſſere Materie unter der Feder gehabt: ich habe auch Zeit genug, denn wenn es nach ihrem Willen gehet, ſo ſoll mir der Zugang zu ihr nicht leichter werden, als dem unterthaͤnigſten Sclaven die Ehre einen morgenlaͤndiſchen Monarchen zu ſe- hen. Es kann alſo die Saumſeeligkeit im Schrei- ben durch nichts entſchuldiget werden; ſie wuͤrde dem Mangel des guten Willens zuzuſchreiben ſeyn. Weil aber dieſer Mangel in Betrachtung unſerer Freundſchaft und deiner Dienſtfertigkeit, auf mei- nen Winck nach dem weißen Hirſch zu mir zu kom- men, gar nicht entſchuldiget werden koͤnnte; ſo will ich ſuchen mein Wort zu halten. Du weiſſeſt mit was fuͤr einem Entſchluß ich von dir und deinen Bruͤdern Abſchied nahm, daß wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/96
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/96>, abgerufen am 28.03.2024.