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Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893.

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A. Altorientalisches.
Reiches von Egypten auftretende Pflanzenornament 44) auf asiatischen
Ursprung zurückzuführen wäre. Der Umstand, dass Palmette und Ro-
sette im ersten Jahrtausend v. Ch. das beliebteste Ornament der assy-
rischen Kunst ausgemacht haben, beweist noch gar nichts für einen
mesopotamischen Ursprung dieser Motive. Noch umfassendere Verwen-
dung hat die Palmette späterhin in der griechischen Kunst gefunden,
und doch wird kaum Jemand behaupten, dass sie von den Griechen
selbständig erfunden worden ist. Auch müsste es auffällig erscheinen,
[Abbildung] Fig. 33.

Gemaltes assyrisches Bordürenmuster.

dass die Egypter, wenn sie schon Rosette und Palmette entlehnt hätten,
gerade das beliebteste Bordenmotiv der Mesopotamier -- das sofort zu
betrachtende Flechtband -- nicht auch in ihre Ornamentik aufgenommen
haben sollten.

Betrachten wir einmal eine Wandborde (Fig. 33) 45), die sich auf
emaillirten Ziegeln im Schutte des ältesten ninivitischen Palastes aus
der Zeit des Assurnasirpal (10. Jahrh. v. Ch.) gefunden hat. Wir gewahren

44) Nur der älteren Form der Lotusblüthe (Fig. 7) und dem sogen. Pa-
pyrus will Sybel die egyptische Provenienz einräumen.
45) Aus Layard, Ninive I. 86.

A. Altorientalisches.
Reiches von Egypten auftretende Pflanzenornament 44) auf asiatischen
Ursprung zurückzuführen wäre. Der Umstand, dass Palmette und Ro-
sette im ersten Jahrtausend v. Ch. das beliebteste Ornament der assy-
rischen Kunst ausgemacht haben, beweist noch gar nichts für einen
mesopotamischen Ursprung dieser Motive. Noch umfassendere Verwen-
dung hat die Palmette späterhin in der griechischen Kunst gefunden,
und doch wird kaum Jemand behaupten, dass sie von den Griechen
selbständig erfunden worden ist. Auch müsste es auffällig erscheinen,
[Abbildung] Fig. 33.

Gemaltes assyrisches Bordürenmuster.

dass die Egypter, wenn sie schon Rosette und Palmette entlehnt hätten,
gerade das beliebteste Bordenmotiv der Mesopotamier — das sofort zu
betrachtende Flechtband — nicht auch in ihre Ornamentik aufgenommen
haben sollten.

Betrachten wir einmal eine Wandborde (Fig. 33) 45), die sich auf
emaillirten Ziegeln im Schutte des ältesten ninivitischen Palastes aus
der Zeit des Assurnasirpal (10. Jahrh. v. Ch.) gefunden hat. Wir gewahren

44) Nur der älteren Form der Lotusblüthe (Fig. 7) und dem sogen. Pa-
pyrus will Sybel die egyptische Provenienz einräumen.
45) Aus Layard, Ninive I. 86.
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[88/0114] A. Altorientalisches. Reiches von Egypten auftretende Pflanzenornament 44) auf asiatischen Ursprung zurückzuführen wäre. Der Umstand, dass Palmette und Ro- sette im ersten Jahrtausend v. Ch. das beliebteste Ornament der assy- rischen Kunst ausgemacht haben, beweist noch gar nichts für einen mesopotamischen Ursprung dieser Motive. Noch umfassendere Verwen- dung hat die Palmette späterhin in der griechischen Kunst gefunden, und doch wird kaum Jemand behaupten, dass sie von den Griechen selbständig erfunden worden ist. Auch müsste es auffällig erscheinen, [Abbildung Fig. 33. Gemaltes assyrisches Bordürenmuster.] dass die Egypter, wenn sie schon Rosette und Palmette entlehnt hätten, gerade das beliebteste Bordenmotiv der Mesopotamier — das sofort zu betrachtende Flechtband — nicht auch in ihre Ornamentik aufgenommen haben sollten. Betrachten wir einmal eine Wandborde (Fig. 33) 45), die sich auf emaillirten Ziegeln im Schutte des ältesten ninivitischen Palastes aus der Zeit des Assurnasirpal (10. Jahrh. v. Ch.) gefunden hat. Wir gewahren 44) Nur der älteren Form der Lotusblüthe (Fig. 7) und dem sogen. Pa- pyrus will Sybel die egyptische Provenienz einräumen. 45) Aus Layard, Ninive I. 86.

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Zitationshilfe: Riegl, Alois: Stilfragen. Berlin, 1893, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/riegl_stilfragen_1893/114>, abgerufen am 25.04.2024.