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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781.

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Jahre 1773 trug der Pferdehandel dem Her-
zogthume Würtemberg 42,065 Gulden ein.
Im Nassausaarbrückischen wurden um das J.
1747 auch Gestütte durch Hrn. Zehentner ange-
legt. Im Paderbornischen führte der Hr. von
Sind die Landgestütte ein. Zwar kostete es
ihm viel Mühe, indem die Bauern eine Art
von Leibeigenschaft darunter befürchteten. Er
brachte es indessen durch Vorstellung dahin,
daß die Bauern ihre Pferde von herrschaftlichen
Beschälern bedecken lassen. s) In dem Ba-
dendurlachischen ergiengen Verordnungen we-
gen der Landesgestütte, wovon, so wie über-
haupt von dem Badendurlachischen Oekonomie-
zustande Hr. Geh. Reinhard im Intell. Bl.
von 1765 S. 124. einige Nachricht giebt.

Ein
s) Er selbst giebt Nachricht davon in seinem Un-
terricht vou der Pferdezucht, S. 43. wo er auch
die Antwort der Bauern anführt. "Wir kön-
nen, sagten sie, aus alten Decumenten anfüh-
ren, daß alle Abgaben, die wir dem Herrn zu
geben schuldig sind, anfänglich nur freywillige
Geschenke waren; nach und nach hat man sie
uns zur Schuldigkeit aufgedrungen. Wenn wir
nun eingehen wollten, Pferde aus Zwang zu
erziehen, und dem Landesherrn den Anspruch
darauf zu lossen, so würden wir in kurzem kein
Pferd, kein Vieh und nichts eigenes mehr ha-
ben, und endlich in Leibeigenschaft verfallen."
Er bemerkt zugleich, daß die Lippischen Leibei-
genen noch mehr einzuwenden gehabt, und eine
ausgedehntere Leibeigenschaft befürchtet hätten.

Jahre 1773 trug der Pferdehandel dem Her-
zogthume Wuͤrtemberg 42,065 Gulden ein.
Im Naſſauſaarbruͤckiſchen wurden um das J.
1747 auch Geſtuͤtte durch Hrn. Zehentner ange-
legt. Im Paderborniſchen fuͤhrte der Hr. von
Sind die Landgeſtuͤtte ein. Zwar koſtete es
ihm viel Muͤhe, indem die Bauern eine Art
von Leibeigenſchaft darunter befuͤrchteten. Er
brachte es indeſſen durch Vorſtellung dahin,
daß die Bauern ihre Pferde von herrſchaftlichen
Beſchaͤlern bedecken laſſen. s) In dem Ba-
dendurlachiſchen ergiengen Verordnungen we-
gen der Landesgeſtuͤtte, wovon, ſo wie uͤber-
haupt von dem Badendurlachiſchen Oekonomie-
zuſtande Hr. Geh. Reinhard im Intell. Bl.
von 1765 S. 124. einige Nachricht giebt.

Ein
s) Er ſelbſt giebt Nachricht davon in ſeinem Un-
terricht vou der Pferdezucht, S. 43. wo er auch
die Antwort der Bauern anfuͤhrt. „Wir koͤn-
nen, ſagten ſie, aus alten Decumenten anfuͤh-
ren, daß alle Abgaben, die wir dem Herrn zu
geben ſchuldig ſind, anfaͤnglich nur freywillige
Geſchenke waren; nach und nach hat man ſie
uns zur Schuldigkeit aufgedrungen. Wenn wir
nun eingehen wollten, Pferde aus Zwang zu
erziehen, und dem Landesherrn den Anſpruch
darauf zu loſſen, ſo wuͤrden wir in kurzem kein
Pferd, kein Vieh und nichts eigenes mehr ha-
ben, und endlich in Leibeigenſchaft verfallen.“
Er bemerkt zugleich, daß die Lippiſchen Leibei-
genen noch mehr einzuwenden gehabt, und eine
ausgedehntere Leibeigenſchaft befuͤrchtet haͤtten.
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[232/0258] Jahre 1773 trug der Pferdehandel dem Her- zogthume Wuͤrtemberg 42,065 Gulden ein. Im Naſſauſaarbruͤckiſchen wurden um das J. 1747 auch Geſtuͤtte durch Hrn. Zehentner ange- legt. Im Paderborniſchen fuͤhrte der Hr. von Sind die Landgeſtuͤtte ein. Zwar koſtete es ihm viel Muͤhe, indem die Bauern eine Art von Leibeigenſchaft darunter befuͤrchteten. Er brachte es indeſſen durch Vorſtellung dahin, daß die Bauern ihre Pferde von herrſchaftlichen Beſchaͤlern bedecken laſſen. s) In dem Ba- dendurlachiſchen ergiengen Verordnungen we- gen der Landesgeſtuͤtte, wovon, ſo wie uͤber- haupt von dem Badendurlachiſchen Oekonomie- zuſtande Hr. Geh. Reinhard im Intell. Bl. von 1765 S. 124. einige Nachricht giebt. Ein s) Er ſelbſt giebt Nachricht davon in ſeinem Un- terricht vou der Pferdezucht, S. 43. wo er auch die Antwort der Bauern anfuͤhrt. „Wir koͤn- nen, ſagten ſie, aus alten Decumenten anfuͤh- ren, daß alle Abgaben, die wir dem Herrn zu geben ſchuldig ſind, anfaͤnglich nur freywillige Geſchenke waren; nach und nach hat man ſie uns zur Schuldigkeit aufgedrungen. Wenn wir nun eingehen wollten, Pferde aus Zwang zu erziehen, und dem Landesherrn den Anſpruch darauf zu loſſen, ſo wuͤrden wir in kurzem kein Pferd, kein Vieh und nichts eigenes mehr ha- ben, und endlich in Leibeigenſchaft verfallen.“ Er bemerkt zugleich, daß die Lippiſchen Leibei- genen noch mehr einzuwenden gehabt, und eine ausgedehntere Leibeigenſchaft befuͤrchtet haͤtten.

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Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/258>, abgerufen am 24.04.2024.