Die Reformation gab der Obrigkeit ihr An- sehen wieder, das eine falsch verstandene, stolze und herrschsüchtige Religion ihr entzogen; sie um- gab die Thronen der Fürsten selbst mit Heiligkeit, und begleitete ihre Befehle und Anordnungen mit einem Nachdruck, der in dem Munde eines wei- sen Regenten Wunder thun konnte.
Sachsen ist also das glückliche Land, wo die Oekonomie zuerst dieser Art von Verachtung und Unterdrückung entzogen wurde; wo der muthige Luther auftrat, und den Menschen zeigte, daß diese Beschäfftigung in den Augen Gottes gerechtferti- get sey.
Zwar war sie nun von dieser Seite gerettet, aber immer noch drückte sie das Vorurtheil der Niedrigkeit. Man sahe den Stand, der sich da- mit beschäfftigte, als minder frey an, und glaub- te sich selbst durch dieses Geschäfft demselben zu nähern. Dieses Vorurtheil wurde nicht wenig unterstützt durch die Entfernung des Standes von allen öffentlichen Geschäfften, da er in den meisten Staaten meist nur zum Sclavendienst der Vor- nehmern und Reichen bestimmt, und daher ohne
alles
Selbst die Stellen, welche D. Schreber in seiner Geschichte der Cameralwissensch. als Universitäts- w. S. 20-22. aus den Schriften des verdienst- vollen Luthers anführt, bezeugen, daß die Geist- lichen diese weltlichen Dinge mehr aus Stolz ver- achtet, und sich damit deswegen nicht beschäffti- get, theils aus Trägheit, und weil sie ihren Werth nicht erkenneten, als blos aus Politik, wie Tho- masius und mit ihm D. Schreber glauben.
Die Reformation gab der Obrigkeit ihr An- ſehen wieder, das eine falſch verſtandene, ſtolze und herrſchſuͤchtige Religion ihr entzogen; ſie um- gab die Thronen der Fuͤrſten ſelbſt mit Heiligkeit, und begleitete ihre Befehle und Anordnungen mit einem Nachdruck, der in dem Munde eines wei- ſen Regenten Wunder thun konnte.
Sachſen iſt alſo das gluͤckliche Land, wo die Oekonomie zuerſt dieſer Art von Verachtung und Unterdruͤckung entzogen wurde; wo der muthige Luther auftrat, und den Menſchen zeigte, daß dieſe Beſchaͤfftigung in den Augen Gottes gerechtferti- get ſey.
Zwar war ſie nun von dieſer Seite gerettet, aber immer noch druͤckte ſie das Vorurtheil der Niedrigkeit. Man ſahe den Stand, der ſich da- mit beſchaͤfftigte, als minder frey an, und glaub- te ſich ſelbſt durch dieſes Geſchaͤfft demſelben zu naͤhern. Dieſes Vorurtheil wurde nicht wenig unterstuͤtzt durch die Entfernung des Standes von allen oͤffentlichen Geſchaͤfften, da er in den meiſten Staaten meiſt nur zum Sclavendienſt der Vor- nehmern und Reichen beſtimmt, und daher ohne
alles
Selbſt die Stellen, welche D. Schreber in ſeiner Geſchichte der Cameralwiſſenſch. als Univerſitaͤts- w. S. 20-22. aus den Schriften des verdienſt- vollen Luthers anfuͤhrt, bezeugen, daß die Geiſt- lichen dieſe weltlichen Dinge mehr aus Stolz ver- achtet, und ſich damit deswegen nicht beſchaͤffti- get, theils aus Traͤgheit, und weil ſie ihren Werth nicht erkenneten, als blos aus Politik, wie Tho- maſius und mit ihm D. Schreber glauben.
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Die Reformation gab der Obrigkeit ihr An-
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gab die Thronen der Fuͤrſten ſelbſt mit Heiligkeit,
und begleitete ihre Befehle und Anordnungen mit
einem Nachdruck, der in dem Munde eines wei-
ſen Regenten Wunder thun konnte.
Sachſen iſt alſo das gluͤckliche Land, wo die
Oekonomie zuerſt dieſer Art von Verachtung und
Unterdruͤckung entzogen wurde; wo der muthige
Luther auftrat, und den Menſchen zeigte, daß dieſe
Beſchaͤfftigung in den Augen Gottes gerechtferti-
get ſey.
Zwar war ſie nun von dieſer Seite gerettet,
aber immer noch druͤckte ſie das Vorurtheil der
Niedrigkeit. Man ſahe den Stand, der ſich da-
mit beſchaͤfftigte, als minder frey an, und glaub-
te ſich ſelbſt durch dieſes Geſchaͤfft demſelben zu
naͤhern. Dieſes Vorurtheil wurde nicht wenig
unterstuͤtzt durch die Entfernung des Standes von
allen oͤffentlichen Geſchaͤfften, da er in den meiſten
Staaten meiſt nur zum Sclavendienſt der Vor-
nehmern und Reichen beſtimmt, und daher ohne
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e) Selbſt die Stellen, welche D. Schreber in ſeiner
Geſchichte der Cameralwiſſenſch. als Univerſitaͤts-
w. S. 20-22. aus den Schriften des verdienſt-
vollen Luthers anfuͤhrt, bezeugen, daß die Geiſt-
lichen dieſe weltlichen Dinge mehr aus Stolz ver-
achtet, und ſich damit deswegen nicht beſchaͤffti-
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nicht erkenneten, als blos aus Politik, wie Tho-
maſius und mit ihm D. Schreber glauben.
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/36>, abgerufen am 02.03.2021.
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