Gotte" zu opfern 1), wohl nicht ohne Einfluss des delphischen Orakels, das wenigstens bei Lykurg den Uebergang von heroi- scher zu göttlicher Verehrung selbst angebahnt zu haben scheint 2). Die Grenzen zwischen Heros und Gott fingen an, fliessend zu werden, nicht selten wird ein Heros von beschränktester Local- geltung als "Gott" bezeichnet 3), ohne dass wir darum an eine förmliche Erhöhung zum Götterrang und hiermit verbundene Veränderung des Opferritus zu denken hätten. Die Heroen- würde schien offenbar etwas entwerthet zu sein, wenn auch die Zeit noch nicht eingetreten war, in der die Benennung eines Verstorbenen als Heros kaum noch etwas diesen vor anderen Todten Auszeichnendes bedeutete.
10.
Bei aller Ausdehnung, ja Verflüchtigung des Heroen- begriffes behielt im Volke der Heroenglaube lange Geltung und kernhaften Inhalt. Wenig stand diese Art des Geister- glaubens dem Glauben an die hohen Götter selbst an Bedeu- tung nach. War der Kreis der Geltung der einzelnen Stadt- heroen ein enger begrenzter, so standen ihren Verehrern diese Ahnengeister, die ihnen und der Heimath allein gehörten, näher und waren ihnen vertrauter als andere Unsichtbare höheren Ranges. Ewig wie die Götter, stehen die Heroen diesen in der Achtung nicht allzu fern, "nur dass sie ihnen
bei Achill. Gott war er z. B. in Epirus (als Aspetos angerufen Plut. Pyrrh. 1), auf Astypalaea (Cic. nat. d. 3, § 45), in Erythrae (Inschr. aus dem 3. Jahrhundert: Dittenberger syll. inscr. 370, 50. 75) u. s. w. Als Heros wurde er verehrt in Elis, wo ihm ek manteias ein leeres Grab errichtet war und an seinem Jahresfeste die Weiber ihn, bei Sonnen- untergang, koptesthai nomizousin, also wie einen Gestorbenen beklagen. Paus. 6, 23, 3.
1) Ich will keine Beispiele häufen, vgl. nur etwa Plut. mul. virtut. p. 255 E: te Lampsake proteron eroikas timas apodidontes, usteron os theo thuein epsephisanto.
2) In den bekannten Versen: ekeis, o Lukoorge ktl. Herodot 1, 65.
3) So nennt Eupolis den Heros Akademos, Sophokles den Heros Kolonos einen theos u. dgl. m. S. Nauck zu Soph. O. C. 65.
Gotte“ zu opfern 1), wohl nicht ohne Einfluss des delphischen Orakels, das wenigstens bei Lykurg den Uebergang von heroi- scher zu göttlicher Verehrung selbst angebahnt zu haben scheint 2). Die Grenzen zwischen Heros und Gott fingen an, fliessend zu werden, nicht selten wird ein Heros von beschränktester Local- geltung als „Gott“ bezeichnet 3), ohne dass wir darum an eine förmliche Erhöhung zum Götterrang und hiermit verbundene Veränderung des Opferritus zu denken hätten. Die Heroen- würde schien offenbar etwas entwerthet zu sein, wenn auch die Zeit noch nicht eingetreten war, in der die Benennung eines Verstorbenen als Heros kaum noch etwas diesen vor anderen Todten Auszeichnendes bedeutete.
10.
Bei aller Ausdehnung, ja Verflüchtigung des Heroen- begriffes behielt im Volke der Heroenglaube lange Geltung und kernhaften Inhalt. Wenig stand diese Art des Geister- glaubens dem Glauben an die hohen Götter selbst an Bedeu- tung nach. War der Kreis der Geltung der einzelnen Stadt- heroen ein enger begrenzter, so standen ihren Verehrern diese Ahnengeister, die ihnen und der Heimath allein gehörten, näher und waren ihnen vertrauter als andere Unsichtbare höheren Ranges. Ewig wie die Götter, stehen die Heroen diesen in der Achtung nicht allzu fern, „nur dass sie ihnen
bei Achill. Gott war er z. B. in Epirus (als Ἄσπετος angerufen Plut. Pyrrh. 1), auf Astypalaea (Cic. nat. d. 3, § 45), in Erythrae (Inschr. aus dem 3. Jahrhundert: Dittenberger syll. inscr. 370, 50. 75) u. s. w. Als Heros wurde er verehrt in Elis, wo ihm ἐκ μαντείας ein leeres Grab errichtet war und an seinem Jahresfeste die Weiber ihn, bei Sonnen- untergang, κόπτεσϑαι νομίζουσιν, also wie einen Gestorbenen beklagen. Paus. 6, 23, 3.
1) Ich will keine Beispiele häufen, vgl. nur etwa Plut. mul. virtut. p. 255 E: τῇ Λαμψάκῃ πρότερον ἡρωϊκὰς τιμὰς ἀποδιδόντες, ὕστερον ὡς ϑεῷ ϑύειν ἐψηφίσαντο.
2) In den bekannten Versen: ἥκεις, ὦ Λυκόοργε κτλ. Herodot 1, 65.
3) So nennt Eupolis den Heros Akademos, Sophokles den Heros Kolonos einen ϑεός u. dgl. m. S. Nauck zu Soph. O. C. 65.
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Gotte“ zu opfern 1), wohl nicht ohne Einfluss des delphischen
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Die Grenzen zwischen Heros und Gott fingen an, fliessend zu
werden, nicht selten wird ein Heros von beschränktester Local-
geltung als „Gott“ bezeichnet 3), ohne dass wir darum an eine
förmliche Erhöhung zum Götterrang und hiermit verbundene
Veränderung des Opferritus zu denken hätten. Die Heroen-
würde schien offenbar etwas entwerthet zu sein, wenn auch die
Zeit noch nicht eingetreten war, in der die Benennung eines
Verstorbenen als Heros kaum noch etwas diesen vor anderen
Todten Auszeichnendes bedeutete.
10.
Bei aller Ausdehnung, ja Verflüchtigung des Heroen-
begriffes behielt im Volke der Heroenglaube lange Geltung
und kernhaften Inhalt. Wenig stand diese Art des Geister-
glaubens dem Glauben an die hohen Götter selbst an Bedeu-
tung nach. War der Kreis der Geltung der einzelnen Stadt-
heroen ein enger begrenzter, so standen ihren Verehrern diese
Ahnengeister, die ihnen und der Heimath allein gehörten,
näher und waren ihnen vertrauter als andere Unsichtbare
höheren Ranges. Ewig wie die Götter, stehen die Heroen
diesen in der Achtung nicht allzu fern, „nur dass sie ihnen
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1) Ich will keine Beispiele häufen, vgl. nur etwa Plut. mul. virtut.
p. 255 E: τῇ Λαμψάκῃ πρότερον ἡρωϊκὰς τιμὰς ἀποδιδόντες, ὕστερον ὡς ϑεῷ
ϑύειν ἐψηφίσαντο.
2) In den bekannten Versen: ἥκεις, ὦ Λυκόοργε κτλ. Herodot 1, 65.
3) So nennt Eupolis den Heros Akademos, Sophokles den Heros
Kolonos einen ϑεός u. dgl. m. S. Nauck zu Soph. O. C. 65.
4) bei Achill. Gott war er z. B. in Epirus (als Ἄσπετος angerufen Plut.
Pyrrh. 1), auf Astypalaea (Cic. nat. d. 3, § 45), in Erythrae (Inschr. aus
dem 3. Jahrhundert: Dittenberger syll. inscr. 370, 50. 75) u. s. w. Als
Heros wurde er verehrt in Elis, wo ihm ἐκ μαντείας ein leeres Grab
errichtet war und an seinem Jahresfeste die Weiber ihn, bei Sonnen-
untergang, κόπτεσϑαι νομίζουσιν, also wie einen Gestorbenen beklagen.
Paus. 6, 23, 3.
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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/188>, abgerufen am 02.12.2023.
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