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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Abstatt- u. Annehmung der Besuche.
Zweck seiner Reise erfordert; ist er aber wieder zu
Hause, so ist er damit sparsamer, und giebet keine
weitern Besuche, als bey denen, die seine Glückse-
ligkeit und wahre Zufriedenheit beförden und erhal-
ten helffen. Er bleibet zu Hause, so viel er kan, und
erkennet denjenigen vor den grösten Thoren von
der Welt, der in seinem Hause Ruhe hat, und
dasjenige schon bey sich mit Bequemlichkeit besitzt,
was er anderwerts mit Mühe und Verdruß sucht,
und doch wohl nicht findet. S. Instruction de
Monsieur de Chavergny, p.
337.

§. 2. Der Frantzösische Autor der Pflicht und
Schuldigkeit, welche man in seinem Haußwesen
in Acht zu nehmen hat, urtheilet wohl recht nach der
Wahrheit, wenn er p. 2[verlorenes Material - 1 Zeichen fehlt]4. schreibt: Es finden sich
unzehliche Faullentzer und Müßiggänger, welche
sich eine stetswährende Beschäfftigung daraus ma-
chen, daß sie Visiten geben und annehmen, sie sind
ihnen selbst beschwerlich, darum wollen sie auch an-
dere Leute beunruhigen; denn, kan man sich wohl
eine verdrüßlichere Sache vorstellen, als diese Art
der langen und ungelegenen Visiten, da man genö-
thiget wird, den Tag so elender weise zu verderben,
in Anhörung der Schwachheiten, des Unverstan-
des, und unartigen Discourses derer, die solche ab-
statten, dieses ist eine grosse Beschwerlichkeit.

§. 3. Solche unnütze Visiten werden insgemein
von denen abgestattet, welchen die Zeit zu lang wird,
und die gerne einen Zeitvertreib haben wollen, oder
die aus einer interessirten Absicht zu den andern

lauffen,
Y 4

Von Abſtatt- u. Annehmung der Beſuche.
Zweck ſeiner Reiſe erfordert; iſt er aber wieder zu
Hauſe, ſo iſt er damit ſparſamer, und giebet keine
weitern Beſuche, als bey denen, die ſeine Gluͤckſe-
ligkeit und wahre Zufriedenheit befoͤrden und erhal-
ten helffen. Er bleibet zu Hauſe, ſo viel er kan, und
erkennet denjenigen vor den groͤſten Thoren von
der Welt, der in ſeinem Hauſe Ruhe hat, und
dasjenige ſchon bey ſich mit Bequemlichkeit beſitzt,
was er anderwerts mit Muͤhe und Verdruß ſucht,
und doch wohl nicht findet. S. Inſtruction de
Monſieur de Chavergny, p.
337.

§. 2. Der Frantzoͤſiſche Autor der Pflicht und
Schuldigkeit, welche man in ſeinem Haußweſen
in Acht zu nehmen hat, urtheilet wohl recht nach der
Wahrheit, wenn er p. 2[verlorenes Material – 1 Zeichen fehlt]4. ſchreibt: Es finden ſich
unzehliche Faullentzer und Muͤßiggaͤnger, welche
ſich eine ſtetswaͤhrende Beſchaͤfftigung daraus ma-
chen, daß ſie Viſiten geben und annehmen, ſie ſind
ihnen ſelbſt beſchwerlich, darum wollen ſie auch an-
dere Leute beunruhigen; denn, kan man ſich wohl
eine verdruͤßlichere Sache vorſtellen, als dieſe Art
der langen und ungelegenen Viſiten, da man genoͤ-
thiget wird, den Tag ſo elender weiſe zu verderben,
in Anhoͤrung der Schwachheiten, des Unverſtan-
des, und unartigen Diſcourſes derer, die ſolche ab-
ſtatten, dieſes iſt eine groſſe Beſchwerlichkeit.

§. 3. Solche unnuͤtze Viſiten werden insgemein
von denen abgeſtattet, welchen die Zeit zu lang wird,
und die gerne einen Zeitvertreib haben wollen, oder
die aus einer intereſſirten Abſicht zu den andern

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Y 4
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[343/0363] Von Abſtatt- u. Annehmung der Beſuche. Zweck ſeiner Reiſe erfordert; iſt er aber wieder zu Hauſe, ſo iſt er damit ſparſamer, und giebet keine weitern Beſuche, als bey denen, die ſeine Gluͤckſe- ligkeit und wahre Zufriedenheit befoͤrden und erhal- ten helffen. Er bleibet zu Hauſe, ſo viel er kan, und erkennet denjenigen vor den groͤſten Thoren von der Welt, der in ſeinem Hauſe Ruhe hat, und dasjenige ſchon bey ſich mit Bequemlichkeit beſitzt, was er anderwerts mit Muͤhe und Verdruß ſucht, und doch wohl nicht findet. S. Inſtruction de Monſieur de Chavergny, p. 337. §. 2. Der Frantzoͤſiſche Autor der Pflicht und Schuldigkeit, welche man in ſeinem Haußweſen in Acht zu nehmen hat, urtheilet wohl recht nach der Wahrheit, wenn er p. 2_4. ſchreibt: Es finden ſich unzehliche Faullentzer und Muͤßiggaͤnger, welche ſich eine ſtetswaͤhrende Beſchaͤfftigung daraus ma- chen, daß ſie Viſiten geben und annehmen, ſie ſind ihnen ſelbſt beſchwerlich, darum wollen ſie auch an- dere Leute beunruhigen; denn, kan man ſich wohl eine verdruͤßlichere Sache vorſtellen, als dieſe Art der langen und ungelegenen Viſiten, da man genoͤ- thiget wird, den Tag ſo elender weiſe zu verderben, in Anhoͤrung der Schwachheiten, des Unverſtan- des, und unartigen Diſcourſes derer, die ſolche ab- ſtatten, dieſes iſt eine groſſe Beſchwerlichkeit. §. 3. Solche unnuͤtze Viſiten werden insgemein von denen abgeſtattet, welchen die Zeit zu lang wird, und die gerne einen Zeitvertreib haben wollen, oder die aus einer intereſſirten Abſicht zu den andern lauffen, Y 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/363>, abgerufen am 29.03.2024.