Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite

Von Abstatt- u. Annehmung der Besuche.
leiblichen Gaben GOttes mißbrauchte, die Ehre
des Nahmens GOttes, und der Seelen Besserung,
und des gemeinen Besten gar vergässe, und einer
dem andern in der Eitelkeit des Sinnes und heuch-
lerischen Christenthums immer weiter verstockte,
wären das Netz und die Falle, darinnen sich viel
tausend Menschen zur Hölle stürtzten.

§. 6. Doch wir wollen der Welt ihre sündlichen
Mißbräuche zu ihrer schweren Verantwortung an-
heim gestellt lassen, und bey dem zuläßigen und er-
laubten verbleiben, und unserm jungen Cavalier ei-
nige nützliche Regeln und Anmerckungen ertheilen,
was er bey Abstattung und Annehmung der Visiten
in Acht zu nehmen hat.

§. 7. Hält sich ein junger Cavalier in der Frem-
de an einem solchen Ort auf, wo ein Ambassadeur,
Envoye
oder Resident von seinem Landes-Herrn,
oder von einer mit ihm alliirten Puissance ist, so
muß er demselben alsobald die schuldige Aufwar-
tung machen, sich dessen Protection ausbitten, die
an ihm habenden Recommendationes überreichen,
und sich ihm bestens empfehlen. Der Nutzen die-
ser Bekandtschafft ist unvergleichlich groß, denn er
bekommt viel Dinge zu sehen und zu hören, welche
andere, die sich nicht wohl adressirt haben, entwe-
der gar nicht, oder doch nicht so wohl erfahren und
sehen; er hat Ehre davon, wenn er bey dem Herrn
Gesandten seinen Zutritt hat, und wohl gelitten ist;
er wird unter den Grossen des Landes bekandt, und
und von ihnen, bey Hofe oder in andern Gesellschaff-

ten,
Y 5

Von Abſtatt- u. Annehmung der Beſuche.
leiblichen Gaben GOttes mißbrauchte, die Ehre
des Nahmens GOttes, und der Seelen Beſſerung,
und des gemeinen Beſten gar vergaͤſſe, und einer
dem andern in der Eitelkeit des Sinnes und heuch-
leriſchen Chriſtenthums immer weiter verſtockte,
waͤren das Netz und die Falle, darinnen ſich viel
tauſend Menſchen zur Hoͤlle ſtuͤrtzten.

§. 6. Doch wir wollen der Welt ihre ſuͤndlichen
Mißbraͤuche zu ihrer ſchweren Verantwortung an-
heim geſtellt laſſen, und bey dem zulaͤßigen und er-
laubten verbleiben, und unſerm jungen Cavalier ei-
nige nuͤtzliche Regeln und Anmerckungen ertheilen,
was er bey Abſtattung und Annehmung der Viſiten
in Acht zu nehmen hat.

§. 7. Haͤlt ſich ein junger Cavalier in der Frem-
de an einem ſolchen Ort auf, wo ein Ambaſſadeur,
Envoyé
oder Reſident von ſeinem Landes-Herrn,
oder von einer mit ihm alliirten Puiſſance iſt, ſo
muß er demſelben alſobald die ſchuldige Aufwar-
tung machen, ſich deſſen Protection ausbitten, die
an ihm habenden Recommendationes uͤberreichen,
und ſich ihm beſtens empfehlen. Der Nutzen die-
ſer Bekandtſchafft iſt unvergleichlich groß, denn er
bekommt viel Dinge zu ſehen und zu hoͤren, welche
andere, die ſich nicht wohl adreſſirt haben, entwe-
der gar nicht, oder doch nicht ſo wohl erfahren und
ſehen; er hat Ehre davon, wenn er bey dem Herrn
Geſandten ſeinen Zutritt hat, und wohl gelitten iſt;
er wird unter den Groſſen des Landes bekandt, und
und von ihnen, bey Hofe oder in andern Geſellſchaff-

ten,
Y 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0365" n="345"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Von Ab&#x017F;tatt- u. Annehmung der Be&#x017F;uche.</hi></fw><lb/>
leiblichen Gaben GOttes mißbrauchte, die Ehre<lb/>
des Nahmens GOttes, und der Seelen Be&#x017F;&#x017F;erung,<lb/>
und des gemeinen Be&#x017F;ten gar verga&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, und einer<lb/>
dem andern in der Eitelkeit des Sinnes und heuch-<lb/>
leri&#x017F;chen Chri&#x017F;tenthums immer weiter ver&#x017F;tockte,<lb/>
wa&#x0364;ren das Netz und die Falle, darinnen &#x017F;ich viel<lb/>
tau&#x017F;end Men&#x017F;chen zur Ho&#x0364;lle &#x017F;tu&#x0364;rtzten.</p><lb/>
        <p>§. 6. Doch wir wollen der Welt ihre &#x017F;u&#x0364;ndlichen<lb/>
Mißbra&#x0364;uche zu ihrer &#x017F;chweren Verantwortung an-<lb/>
heim ge&#x017F;tellt la&#x017F;&#x017F;en, und bey dem zula&#x0364;ßigen und er-<lb/>
laubten verbleiben, und un&#x017F;erm jungen <hi rendition="#aq">Cavalier</hi> ei-<lb/>
nige nu&#x0364;tzliche Regeln und Anmerckungen ertheilen,<lb/>
was er bey Ab&#x017F;tattung und Annehmung der <hi rendition="#aq">Vi&#x017F;it</hi>en<lb/>
in Acht zu nehmen hat.</p><lb/>
        <p>§. 7. Ha&#x0364;lt &#x017F;ich ein junger <hi rendition="#aq">Cavalier</hi> in der Frem-<lb/>
de an einem &#x017F;olchen Ort auf, wo ein <hi rendition="#aq">Amba&#x017F;&#x017F;adeur,<lb/>
Envoyé</hi> oder <hi rendition="#aq">Re&#x017F;ident</hi> von &#x017F;einem Landes-Herrn,<lb/>
oder von einer mit ihm <hi rendition="#aq">allii</hi>rten <hi rendition="#aq">Pui&#x017F;&#x017F;ance</hi> i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
muß er dem&#x017F;elben al&#x017F;obald die &#x017F;chuldige Aufwar-<lb/>
tung machen, &#x017F;ich de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#aq">Protection</hi> ausbitten, die<lb/>
an ihm habenden <hi rendition="#aq">Recommendationes</hi> u&#x0364;berreichen,<lb/>
und &#x017F;ich ihm be&#x017F;tens empfehlen. Der Nutzen die-<lb/>
&#x017F;er Bekandt&#x017F;chafft i&#x017F;t unvergleichlich groß, denn er<lb/>
bekommt viel Dinge zu &#x017F;ehen und zu ho&#x0364;ren, welche<lb/>
andere, die &#x017F;ich nicht wohl <hi rendition="#aq">adre&#x017F;&#x017F;i</hi>rt haben, entwe-<lb/>
der gar nicht, oder doch nicht &#x017F;o wohl erfahren und<lb/>
&#x017F;ehen; er hat Ehre davon, wenn er bey dem Herrn<lb/>
Ge&#x017F;andten &#x017F;einen Zutritt hat, und wohl gelitten i&#x017F;t;<lb/>
er wird unter den Gro&#x017F;&#x017F;en des Landes bekandt, und<lb/>
und von ihnen, bey Hofe oder in andern Ge&#x017F;ell&#x017F;chaff-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Y 5</fw><fw place="bottom" type="catch">ten,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[345/0365] Von Abſtatt- u. Annehmung der Beſuche. leiblichen Gaben GOttes mißbrauchte, die Ehre des Nahmens GOttes, und der Seelen Beſſerung, und des gemeinen Beſten gar vergaͤſſe, und einer dem andern in der Eitelkeit des Sinnes und heuch- leriſchen Chriſtenthums immer weiter verſtockte, waͤren das Netz und die Falle, darinnen ſich viel tauſend Menſchen zur Hoͤlle ſtuͤrtzten. §. 6. Doch wir wollen der Welt ihre ſuͤndlichen Mißbraͤuche zu ihrer ſchweren Verantwortung an- heim geſtellt laſſen, und bey dem zulaͤßigen und er- laubten verbleiben, und unſerm jungen Cavalier ei- nige nuͤtzliche Regeln und Anmerckungen ertheilen, was er bey Abſtattung und Annehmung der Viſiten in Acht zu nehmen hat. §. 7. Haͤlt ſich ein junger Cavalier in der Frem- de an einem ſolchen Ort auf, wo ein Ambaſſadeur, Envoyé oder Reſident von ſeinem Landes-Herrn, oder von einer mit ihm alliirten Puiſſance iſt, ſo muß er demſelben alſobald die ſchuldige Aufwar- tung machen, ſich deſſen Protection ausbitten, die an ihm habenden Recommendationes uͤberreichen, und ſich ihm beſtens empfehlen. Der Nutzen die- ſer Bekandtſchafft iſt unvergleichlich groß, denn er bekommt viel Dinge zu ſehen und zu hoͤren, welche andere, die ſich nicht wohl adreſſirt haben, entwe- der gar nicht, oder doch nicht ſo wohl erfahren und ſehen; er hat Ehre davon, wenn er bey dem Herrn Geſandten ſeinen Zutritt hat, und wohl gelitten iſt; er wird unter den Groſſen des Landes bekandt, und und von ihnen, bey Hofe oder in andern Geſellſchaff- ten, Y 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/365
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/365>, abgerufen am 25.04.2024.