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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. XIII. Capitul.
zu nehmen, sind in folgenden Versen enthalten, die
der Herr von Tzschirnau, in seinem Unterricht eines
getreuen Hofmeisters p. 230. aus den Maximen
de la Sagesse humaine, ou le portrait de l'honnet
homme,
in das Teutsche übersetzt:

Jn Kleidern halte dich so gut, als dir ge-
bührt,
Recht reinlich, ohne Pracht, und übe deine
Sinnen,
Jn dem, was Mode ist, und was der Kauff-
mann führt,
An Gold und Silber, Tuch, und auserlesnen
Linnen.

§. 3. Eine manierliche Kleidung gereicht einiger
massen mit zur Beförderung unsrer zeitlichen Glück-
seligkeit. Die Höhern würdigen denjenigen, der
in ordentlicher Kleidung einhergehet, viel eher ihres
Zutritts und ihrer Gesellschafft, und scheuen sich hin-
gegen fast vor dem, der allzu schlecht gekleidet. Der
gemeine Mann, der ohnedem mehrentheils nur
nach dem äusserlichen urtheilet, hat eine weit grösse-
re Ehrerbietung vor diejenigen, die ihn an Klei-
dung übertreffen, und wird hiedurch viel williger,
ihnen Ehrerbietung und Gehorsam zu erweisen, er
achtet sie vor vernünfftiger, klüger und glückseliger,
und stehet in den Gedancken, daß die Höhern auch
eben so urtheilen möchten, als wie sie. Der Abt
von Bellegarde sagt in seinen Reflexions T. I. p. m.
129. Un habit dore donner, des entrees dans
des lieux, ou l' on ne seroit pas soufert, si l' on

etoit

II. Theil. XIII. Capitul.
zu nehmen, ſind in folgenden Verſen enthalten, die
der Herr von Tzſchirnau, in ſeinem Unterricht eines
getreuen Hofmeiſters p. 230. aus den Maximen
de la Sageſſe humaine, ou le portrait de l’honnet
homme,
in das Teutſche uͤberſetzt:

Jn Kleidern halte dich ſo gut, als dir ge-
buͤhrt,
Recht reinlich, ohne Pracht, und uͤbe deine
Sinnen,
Jn dem, was Mode iſt, und was der Kauff-
mann fuͤhrt,
An Gold und Silber, Tuch, und auserleſnen
Linnen.

§. 3. Eine manierliche Kleidung gereicht einiger
maſſen mit zur Befoͤrderung unſrer zeitlichen Gluͤck-
ſeligkeit. Die Hoͤhern wuͤrdigen denjenigen, der
in ordentlicher Kleidung einhergehet, viel eher ihres
Zutritts und ihrer Geſellſchafft, und ſcheuen ſich hin-
gegen faſt vor dem, der allzu ſchlecht gekleidet. Der
gemeine Mann, der ohnedem mehrentheils nur
nach dem aͤuſſerlichen urtheilet, hat eine weit groͤſſe-
re Ehrerbietung vor diejenigen, die ihn an Klei-
dung uͤbertreffen, und wird hiedurch viel williger,
ihnen Ehrerbietung und Gehorſam zu erweiſen, er
achtet ſie vor vernuͤnfftiger, kluͤger und gluͤckſeliger,
und ſtehet in den Gedancken, daß die Hoͤhern auch
eben ſo urtheilen moͤchten, als wie ſie. Der Abt
von Bellegarde ſagt in ſeinen Reflexions T. I. p. m.
129. Un habit doré donner, des entrées dans
des lieux, ou l’ on ne ſeroit pas ſoufert, ſi l’ on

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[544/0564] II. Theil. XIII. Capitul. zu nehmen, ſind in folgenden Verſen enthalten, die der Herr von Tzſchirnau, in ſeinem Unterricht eines getreuen Hofmeiſters p. 230. aus den Maximen de la Sageſſe humaine, ou le portrait de l’honnet homme, in das Teutſche uͤberſetzt: Jn Kleidern halte dich ſo gut, als dir ge- buͤhrt, Recht reinlich, ohne Pracht, und uͤbe deine Sinnen, Jn dem, was Mode iſt, und was der Kauff- mann fuͤhrt, An Gold und Silber, Tuch, und auserleſnen Linnen. §. 3. Eine manierliche Kleidung gereicht einiger maſſen mit zur Befoͤrderung unſrer zeitlichen Gluͤck- ſeligkeit. Die Hoͤhern wuͤrdigen denjenigen, der in ordentlicher Kleidung einhergehet, viel eher ihres Zutritts und ihrer Geſellſchafft, und ſcheuen ſich hin- gegen faſt vor dem, der allzu ſchlecht gekleidet. Der gemeine Mann, der ohnedem mehrentheils nur nach dem aͤuſſerlichen urtheilet, hat eine weit groͤſſe- re Ehrerbietung vor diejenigen, die ihn an Klei- dung uͤbertreffen, und wird hiedurch viel williger, ihnen Ehrerbietung und Gehorſam zu erweiſen, er achtet ſie vor vernuͤnfftiger, kluͤger und gluͤckſeliger, und ſtehet in den Gedancken, daß die Hoͤhern auch eben ſo urtheilen moͤchten, als wie ſie. Der Abt von Bellegarde ſagt in ſeinen Reflexions T. I. p. m. 129. Un habit doré donner, des entrées dans des lieux, ou l’ on ne ſeroit pas ſoufert, ſi l’ on etoit

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 544. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/564>, abgerufen am 29.03.2024.