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Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837.

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schöne grüne Linden, meistens von geringer Grösse N002
und strauchartig, nebst wilden Rosensträuchern, die in N003
üppiger Fülle zur Seite des Weges blühten, bilden N004
zuweilen für das Auge überraschend angenehme Grup- N005
pen, doch waren ihre Formen botanisch noch immer N006
dieselben wohlbekannten, wie sie sich auch bei Berlin N007
finden. Der Wald fängt gleich hinter Malmüsch an, N008
und währte ohne Unterbrechung die folgenden Tage, N009
den 10ten und den 11ten Juni fort. Nur in der Um- N010
gebung der Dörfer ist er etwas gelichtet und in Acker- N011
feld verwandelt, aber die Dörfer finden sich nur sparsam, N012
alle 20 bis 25 Werste, wo die Stationen sind, dazwi- N013
schen nie. Unabsichtlich ist er auch an andern Stellen N014
durch Waldbrände weggenommen, deren Verwüstungen N015
öfter in den Sibirischen Wäldern sichtbar sind, die N016
wir aber nie so häufig angetroffen haben wie hier. N017
Wir fuhren zuweilen meilenweit, ohne zu den Seiten N018
etwas anderes als die verkohlten Ueberreste der Baum- N019
stämme zu sehen, was einen traurigen Anblick ge- N020
währte. Freilich werden dergleichen Waldbrände zu- N021
weilen wohl absichtlich wie in Schweden angelegt, N022
um Land zum Ackern zu gewinnen, aber nur bei wei- N023
tem dem kleinern Theile nach; die meisten entstehen N024
aus Nachlässigkeit von Hirten oder Wanderern, die N025
sich im Walde zur Erwärmung oder zur Bereitung N026
von Speisen ein Feuer machen, das sie beim Fortgehen N027
nicht wieder löschen. Das Feuer greift denn oft ausser- N028
ordentlich um sich, und wird gewöhnlich nur durch N029
zufällige Umstände, meistens nur durch starke Regen- N030
güsse gelöscht. Auf diese Weise werden oft unge- N031
heure Strecken Waldes vernichtet, aber man achtet N032
darauf nicht, der Wald hat keinen Werth, und wächst N033
mit der Zeit wieder nach.

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Die Strasse, die durch den Wald geht, ist wie N002
alle Russischen Landstrassen gross und breit, ausser- N003
dem aber noch zu beiden Seiten fast um eine gleiche N004
Breite vom Walde frei gemacht. Sie ist auch hier auf

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schöne grüne Linden, meistens von geringer Grösse N002
und strauchartig, nebst wilden Rosensträuchern, die in N003
üppiger Fülle zur Seite des Weges blühten, bilden N004
zuweilen für das Auge überraschend angenehme Grup- N005
pen, doch waren ihre Formen botanisch noch immer N006
dieselben wohlbekannten, wie sie sich auch bei Berlin N007
finden. Der Wald fängt gleich hinter Malmüsch an, N008
und währte ohne Unterbrechung die folgenden Tage, N009
den 10ten und den 11ten Juni fort. Nur in der Um- N010
gebung der Dörfer ist er etwas gelichtet und in Acker- N011
feld verwandelt, aber die Dörfer finden sich nur sparsam, N012
alle 20 bis 25 Werste, wo die Stationen sind, dazwi- N013
schen nie. Unabsichtlich ist er auch an andern Stellen N014
durch Waldbrände weggenommen, deren Verwüstungen N015
öfter in den Sibirischen Wäldern sichtbar sind, die N016
wir aber nie so häufig angetroffen haben wie hier. N017
Wir fuhren zuweilen meilenweit, ohne zu den Seiten N018
etwas anderes als die verkohlten Ueberreste der Baum- N019
stämme zu sehen, was einen traurigen Anblick ge- N020
währte. Freilich werden dergleichen Waldbrände zu- N021
weilen wohl absichtlich wie in Schweden angelegt, N022
um Land zum Ackern zu gewinnen, aber nur bei wei- N023
tem dem kleinern Theile nach; die meisten entstehen N024
aus Nachlässigkeit von Hirten oder Wanderern, die N025
sich im Walde zur Erwärmung oder zur Bereitung N026
von Speisen ein Feuer machen, das sie beim Fortgehen N027
nicht wieder löschen. Das Feuer greift denn oft ausser- N028
ordentlich um sich, und wird gewöhnlich nur durch N029
zufällige Umstände, meistens nur durch starke Regen- N030
güsse gelöscht. Auf diese Weise werden oft unge- N031
heure Strecken Waldes vernichtet, aber man achtet N032
darauf nicht, der Wald hat keinen Werth, und wächst N033
mit der Zeit wieder nach.

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Die Strasse, die durch den Wald geht, ist wie N002
alle Russischen Landstrassen gross und breit, ausser- N003
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[113/0147] N001 schöne grüne Linden, meistens von geringer Grösse N002 und strauchartig, nebst wilden Rosensträuchern, die in N003 üppiger Fülle zur Seite des Weges blühten, bilden N004 zuweilen für das Auge überraschend angenehme Grup- N005 pen, doch waren ihre Formen botanisch noch immer N006 dieselben wohlbekannten, wie sie sich auch bei Berlin N007 finden. Der Wald fängt gleich hinter Malmüsch an, N008 und währte ohne Unterbrechung die folgenden Tage, N009 den 10ten und den 11ten Juni fort. Nur in der Um- N010 gebung der Dörfer ist er etwas gelichtet und in Acker- N011 feld verwandelt, aber die Dörfer finden sich nur sparsam, N012 alle 20 bis 25 Werste, wo die Stationen sind, dazwi- N013 schen nie. Unabsichtlich ist er auch an andern Stellen N014 durch Waldbrände weggenommen, deren Verwüstungen N015 öfter in den Sibirischen Wäldern sichtbar sind, die N016 wir aber nie so häufig angetroffen haben wie hier. N017 Wir fuhren zuweilen meilenweit, ohne zu den Seiten N018 etwas anderes als die verkohlten Ueberreste der Baum- N019 stämme zu sehen, was einen traurigen Anblick ge- N020 währte. Freilich werden dergleichen Waldbrände zu- N021 weilen wohl absichtlich wie in Schweden angelegt, N022 um Land zum Ackern zu gewinnen, aber nur bei wei- N023 tem dem kleinern Theile nach; die meisten entstehen N024 aus Nachlässigkeit von Hirten oder Wanderern, die N025 sich im Walde zur Erwärmung oder zur Bereitung N026 von Speisen ein Feuer machen, das sie beim Fortgehen N027 nicht wieder löschen. Das Feuer greift denn oft ausser- N028 ordentlich um sich, und wird gewöhnlich nur durch N029 zufällige Umstände, meistens nur durch starke Regen- N030 güsse gelöscht. Auf diese Weise werden oft unge- N031 heure Strecken Waldes vernichtet, aber man achtet N032 darauf nicht, der Wald hat keinen Werth, und wächst N033 mit der Zeit wieder nach. N001 Die Strasse, die durch den Wald geht, ist wie N002 alle Russischen Landstrassen gross und breit, ausser- N003 dem aber noch zu beiden Seiten fast um eine gleiche N004 Breite vom Walde frei gemacht. Sie ist auch hier auf N001 8

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Zitationshilfe: Gustav Rose: Reise nach dem Ural, dem Altai und dem Kaspischen Meere. Band 1. Berlin, 1837, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rose_ural01_1837/147>, abgerufen am 25.04.2024.