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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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Der schwarze Mathes.

Im Hinterwinkel steht die unheimliche Hütte.
Ich bin vor Kurzem in ihr gewesen und hab den
Raufbold Mathes, den Menschen mit der herben
Schale gesehen. Es ist ein gar kleines, hageres
Männchen, liegt hingestreckt auf einem Mooslager
und hat Arm und Kopf in Fetzen gewunden. Er
ist arg verletzt.

Die Fenster der Klause sind mit Lappen ver-
deckt; der Mann kann das Licht nicht vertragen.
Sein Weib, jung und anmuthig, aber abgehärmt
zum Erbarmen, kniet neben ihm und netzt ihm mit
Holzapfelessig die Stirne. Sein Auge starrt sie fast
leblos an, aber sein Mund mit den schneeweißen
Zähnen ist, als wolle er lächeln. Der Mann riecht
stark nach Pechöl.

Als ich eintrete, hockt ein blasser, schwarz-
lockiger Knabe und ein helläugiges Mädchen zu
seinen Füßen und diese Kinder spielen mit Moos-
flocken.


Der ſchwarze Mathes.

Im Hinterwinkel ſteht die unheimliche Hütte.
Ich bin vor Kurzem in ihr geweſen und hab den
Raufbold Mathes, den Menſchen mit der herben
Schale geſehen. Es iſt ein gar kleines, hageres
Männchen, liegt hingeſtreckt auf einem Mooslager
und hat Arm und Kopf in Fetzen gewunden. Er
iſt arg verletzt.

Die Fenſter der Klauſe ſind mit Lappen ver-
deckt; der Mann kann das Licht nicht vertragen.
Sein Weib, jung und anmuthig, aber abgehärmt
zum Erbarmen, kniet neben ihm und netzt ihm mit
Holzapfeleſſig die Stirne. Sein Auge ſtarrt ſie faſt
leblos an, aber ſein Mund mit den ſchneeweißen
Zähnen iſt, als wolle er lächeln. Der Mann riecht
ſtark nach Pechöl.

Als ich eintrete, hockt ein blaſſer, ſchwarz-
lockiger Knabe und ein helläugiges Mädchen zu
ſeinen Füßen und dieſe Kinder ſpielen mit Moos-
flocken.


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[127/0137] Der ſchwarze Mathes. Im Hinterwinkel ſteht die unheimliche Hütte. Ich bin vor Kurzem in ihr geweſen und hab den Raufbold Mathes, den Menſchen mit der herben Schale geſehen. Es iſt ein gar kleines, hageres Männchen, liegt hingeſtreckt auf einem Mooslager und hat Arm und Kopf in Fetzen gewunden. Er iſt arg verletzt. Die Fenſter der Klauſe ſind mit Lappen ver- deckt; der Mann kann das Licht nicht vertragen. Sein Weib, jung und anmuthig, aber abgehärmt zum Erbarmen, kniet neben ihm und netzt ihm mit Holzapfeleſſig die Stirne. Sein Auge ſtarrt ſie faſt leblos an, aber ſein Mund mit den ſchneeweißen Zähnen iſt, als wolle er lächeln. Der Mann riecht ſtark nach Pechöl. Als ich eintrete, hockt ein blaſſer, ſchwarz- lockiger Knabe und ein helläugiges Mädchen zu ſeinen Füßen und dieſe Kinder ſpielen mit Moos- flocken.

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/137>, abgerufen am 28.03.2024.