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Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875.

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"Das wird ein Gärtelein," sagt das Mäd-
chen, "und da baue ich weiße Rosen an!"

Der Knabe bildet aus dem Moose ein Kreuz
und ruft: "Vater, jetzt weiß ich es: ich mache den
Holdenschlager Freithof!"

Die Mutter erschrickt und verweist den Klei-
nen das gellende Geschrei; der Mathes aber sagt:
"Je, schreien magst sie schon lassen; den Freithof
wird auch noch Einer brauchen. Aber, Eines, Weib,
laß dem Lazarus seinen Jähzorn nicht gelten. Um
des Herrgotts Willen, nur das nicht! Du schweigst?
Du willst mein Wort nicht halten? Meinst etwan,
du verstündest es besser, als ich?! Du! ich sag'
dir's, Weib! --"

Die Lappen reißt er von den Armen und
will sich aufrichten. Das Weib sagt ihm liebreiche
Worte und schiebt ihn sanft zurück. Mehr noch
aber schiebt die Schwäche und er sinkt auf das
Lager.

Die Kinder sind aus der Hütte gewiesen
worden, und auf dem sonnigen Wiesenplane bin
ich eine Weile bei ihnen gewesen und habe mich mit
ihnen unter Spielen und Märchenerzählen ergötzt.

Ein par Tage später komme ich wieder hinauf.
Da geht es dem Kranken ein gut Theil schlechter.
Er kann sich nicht mehr aufrichten, wenn die Wuth
kommt.


„Das wird ein Gärtelein,“ ſagt das Mäd-
chen, „und da baue ich weiße Roſen an!“

Der Knabe bildet aus dem Mooſe ein Kreuz
und ruft: „Vater, jetzt weiß ich es: ich mache den
Holdenſchlager Freithof!“

Die Mutter erſchrickt und verweiſt den Klei-
nen das gellende Geſchrei; der Mathes aber ſagt:
„Je, ſchreien magſt ſie ſchon laſſen; den Freithof
wird auch noch Einer brauchen. Aber, Eines, Weib,
laß dem Lazarus ſeinen Jähzorn nicht gelten. Um
des Herrgotts Willen, nur das nicht! Du ſchweigſt?
Du willſt mein Wort nicht halten? Meinſt etwan,
du verſtündeſt es beſſer, als ich?! Du! ich ſag’
dir’s, Weib! —“

Die Lappen reißt er von den Armen und
will ſich aufrichten. Das Weib ſagt ihm liebreiche
Worte und ſchiebt ihn ſanft zurück. Mehr noch
aber ſchiebt die Schwäche und er ſinkt auf das
Lager.

Die Kinder ſind aus der Hütte gewieſen
worden, und auf dem ſonnigen Wieſenplane bin
ich eine Weile bei ihnen geweſen und habe mich mit
ihnen unter Spielen und Märchenerzählen ergötzt.

Ein par Tage ſpäter komme ich wieder hinauf.
Da geht es dem Kranken ein gut Theil ſchlechter.
Er kann ſich nicht mehr aufrichten, wenn die Wuth
kommt.


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[128/0138] „Das wird ein Gärtelein,“ ſagt das Mäd- chen, „und da baue ich weiße Roſen an!“ Der Knabe bildet aus dem Mooſe ein Kreuz und ruft: „Vater, jetzt weiß ich es: ich mache den Holdenſchlager Freithof!“ Die Mutter erſchrickt und verweiſt den Klei- nen das gellende Geſchrei; der Mathes aber ſagt: „Je, ſchreien magſt ſie ſchon laſſen; den Freithof wird auch noch Einer brauchen. Aber, Eines, Weib, laß dem Lazarus ſeinen Jähzorn nicht gelten. Um des Herrgotts Willen, nur das nicht! Du ſchweigſt? Du willſt mein Wort nicht halten? Meinſt etwan, du verſtündeſt es beſſer, als ich?! Du! ich ſag’ dir’s, Weib! —“ Die Lappen reißt er von den Armen und will ſich aufrichten. Das Weib ſagt ihm liebreiche Worte und ſchiebt ihn ſanft zurück. Mehr noch aber ſchiebt die Schwäche und er ſinkt auf das Lager. Die Kinder ſind aus der Hütte gewieſen worden, und auf dem ſonnigen Wieſenplane bin ich eine Weile bei ihnen geweſen und habe mich mit ihnen unter Spielen und Märchenerzählen ergötzt. Ein par Tage ſpäter komme ich wieder hinauf. Da geht es dem Kranken ein gut Theil ſchlechter. Er kann ſich nicht mehr aufrichten, wenn die Wuth kommt.

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Zitationshilfe: Rosegger, Peter: Die Schriften des Waldschulmeisters. Pest, 1875, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rosegger_waldschulmeister_1875/138>, abgerufen am 28.03.2024.