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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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und die Gräfin von Nottingham.
verfügte sie sich, an statt zu der Königin zu gehen,
gerades Weges zu dem Cecil, welchem sie die an-
genehme Nachricht brachte, was zwischen ihr und
dem Grafen vorgefallen; ja, das Hertz im Leibe
lachte ihr, daß sie nunmehro die eintzige rückständi-
ge Hinderniß an des Essexs Tode in ihrer Hände
Gewalt wissen sollte. Alsdenn begaben sie sich
beyde zur Königin, welche sich erkundigte, welcher-
gestalt Essex ihren letzten Befehl aufgenommen
hätte? Da sagte der verleumderische Cecil: Er
hat sich sein Lebetage nicht hochmüthiger
erwiesen. Er ist so verstockt, daß er nicht
das geringste Zeichen einer Reue von sich
blicken lässet. Er redet von nichts, als
seinem Weibe, und sie ist der eintzige Zweck
seines
Discourses, den er mit allen, so zu
ihn kommen, führet.
Hierauf fieng die Kö-
nigin an: So laßt ihn denn sterben! laßt
ihn verderben! weil er es nicht anders ha-
ben will! Damit ich nur unter den mich
folternden Ungewißheiten Erleichterung
bekomme. Jch bin seiner
Execution
nicht länger zuwider! Der Cecil dürstete
viel zu sehr nach des Grafen Blut, als daß er der
Königin die geringste Zeit zu weiterer Uberlegung
eingeräumet. Jndem also Essex auf die Früch-
te von der Gräfin von Nottingham theuren Ver-
heissungen wartete, wurde ein Blut-Gerüste in

dem
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und die Graͤfin von Nottingham.
verfuͤgte ſie ſich, an ſtatt zu der Koͤnigin zu gehen,
gerades Weges zu dem Cecil, welchem ſie die an-
genehme Nachricht brachte, was zwiſchen ihr und
dem Grafen vorgefallen; ja, das Hertz im Leibe
lachte ihr, daß ſie nunmehro die eintzige ruͤckſtaͤndi-
ge Hinderniß an des Eſſexs Tode in ihrer Haͤnde
Gewalt wiſſen ſollte. Alsdenn begaben ſie ſich
beyde zur Koͤnigin, welche ſich erkundigte, welcher-
geſtalt Eſſex ihren letzten Befehl aufgenommen
haͤtte? Da ſagte der verleumderiſche Cecil: Er
hat ſich ſein Lebetage nicht hochmuͤthiger
erwieſen. Er iſt ſo verſtockt, daß er nicht
das geringſte Zeichen einer Reue von ſich
blicken laͤſſet. Er redet von nichts, als
ſeinem Weibe, und ſie iſt der eintzige Zweck
ſeines
Diſcourſes, den er mit allen, ſo zu
ihn kommen, fuͤhret.
Hierauf fieng die Koͤ-
nigin an: So laßt ihn denn ſterben! laßt
ihn verderben! weil er es nicht anders ha-
ben will! Damit ich nur unter den mich
folternden Ungewißheiten Erleichterung
bekomme. Jch bin ſeiner
Execution
nicht laͤnger zuwider! Der Cecil duͤrſtete
viel zu ſehr nach des Grafen Blut, als daß er der
Koͤnigin die geringſte Zeit zu weiterer Uberlegung
eingeraͤumet. Jndem alſo Eſſex auf die Fruͤch-
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heiſſungen wartete, wurde ein Blut-Geruͤſte in

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[391/0411] und die Graͤfin von Nottingham. verfuͤgte ſie ſich, an ſtatt zu der Koͤnigin zu gehen, gerades Weges zu dem Cecil, welchem ſie die an- genehme Nachricht brachte, was zwiſchen ihr und dem Grafen vorgefallen; ja, das Hertz im Leibe lachte ihr, daß ſie nunmehro die eintzige ruͤckſtaͤndi- ge Hinderniß an des Eſſexs Tode in ihrer Haͤnde Gewalt wiſſen ſollte. Alsdenn begaben ſie ſich beyde zur Koͤnigin, welche ſich erkundigte, welcher- geſtalt Eſſex ihren letzten Befehl aufgenommen haͤtte? Da ſagte der verleumderiſche Cecil: Er hat ſich ſein Lebetage nicht hochmuͤthiger erwieſen. Er iſt ſo verſtockt, daß er nicht das geringſte Zeichen einer Reue von ſich blicken laͤſſet. Er redet von nichts, als ſeinem Weibe, und ſie iſt der eintzige Zweck ſeines Diſcourſes, den er mit allen, ſo zu ihn kommen, fuͤhret. Hierauf fieng die Koͤ- nigin an: So laßt ihn denn ſterben! laßt ihn verderben! weil er es nicht anders ha- ben will! Damit ich nur unter den mich folternden Ungewißheiten Erleichterung bekomme. Jch bin ſeiner Execution nicht laͤnger zuwider! Der Cecil duͤrſtete viel zu ſehr nach des Grafen Blut, als daß er der Koͤnigin die geringſte Zeit zu weiterer Uberlegung eingeraͤumet. Jndem alſo Eſſex auf die Fruͤch- te von der Graͤfin von Nottingham theuren Ver- heiſſungen wartete, wurde ein Blut-Geruͤſte in dem B b 4

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/411>, abgerufen am 18.04.2024.