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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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Der Hertzog von York,
gedrucket hatte. Als die Damoiselle denselben
erhielte, sagte es ihr alsbald ihr Hertz, von wem er
käme; und indem sie sich mit begierigem Verlangen
nach ihrem Cabinet verfügete, fande sie den Jnhalt
folgender massen gestellet.

Allerschönstes Fräulein!

Es sind dero strahlende Augen die ein-
tzigen zwo gläntzende Sonnen, welche
das Reich der Liebe erleuchten: Sie er-
barmen sich daher über eine Standes-
Person, die bey dem ersten Anblick einer
so unvergleichlichen Schönheit biß aufs
Hertz verwundet worden. Sie betrach-
ten denjenigen, den keine Gefahr über-
winden kan, als einen um ihrent willen
verschmachtenden Sterbenden, und ei-
nen solchen, der wenige Tage in ihrer
Dienstbarkeit lebendig zubringen wird,
woferne ihn nicht dero angenehme Ant-
wort von denen finstern Kammern des
Grabes befreyet. Es ist zwar eine Ver-
messenheit, die eine harte Straffe ver-
dienet, daß ich, der eine so ungemeine
Gnade niemals mit der allergeringsten
Dienstleistung verdienet, solches zu ver-
langen mich freventlich unterstehen
darff; Nachdem ich aber weiß, was

mas-

Der Hertzog von York,
gedrucket hatte. Als die Damoiſelle denſelben
erhielte, ſagte es ihr alsbald ihr Hertz, von wem er
kaͤme; und indem ſie ſich mit begierigem Verlangen
nach ihrem Cabinet verfuͤgete, fande ſie den Jnhalt
folgender maſſen geſtellet.

Allerſchoͤnſtes Fraͤulein!

Es ſind dero ſtrahlende Augen die ein-
tzigen zwo glaͤntzende Sonnen, welche
das Reich der Liebe erleuchten: Sie er-
barmen ſich daher uͤber eine Standes-
Perſon, die bey dem erſten Anblick einer
ſo unvergleichlichen Schoͤnheit biß aufs
Hertz verwundet worden. Sie betrach-
ten denjenigen, den keine Gefahr uͤber-
winden kan, als einen um ihrent willen
verſchmachtenden Sterbenden, und ei-
nen ſolchen, der wenige Tage in ihrer
Dienſtbarkeit lebendig zubringen wird,
woferne ihn nicht dero angenehme Ant-
wort von denen finſtern Kammern des
Grabes befreyet. Es iſt zwar eine Ver-
meſſenheit, die eine harte Straffe ver-
dienet, daß ich, der eine ſo ungemeine
Gnade niemals mit der allergeringſten
Dienſtleiſtung verdienet, ſolches zu ver-
langen mich freventlich unterſtehen
darff; Nachdem ich aber weiß, was

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[476/0496] Der Hertzog von York, gedrucket hatte. Als die Damoiſelle denſelben erhielte, ſagte es ihr alsbald ihr Hertz, von wem er kaͤme; und indem ſie ſich mit begierigem Verlangen nach ihrem Cabinet verfuͤgete, fande ſie den Jnhalt folgender maſſen geſtellet. Allerſchoͤnſtes Fraͤulein! Es ſind dero ſtrahlende Augen die ein- tzigen zwo glaͤntzende Sonnen, welche das Reich der Liebe erleuchten: Sie er- barmen ſich daher uͤber eine Standes- Perſon, die bey dem erſten Anblick einer ſo unvergleichlichen Schoͤnheit biß aufs Hertz verwundet worden. Sie betrach- ten denjenigen, den keine Gefahr uͤber- winden kan, als einen um ihrent willen verſchmachtenden Sterbenden, und ei- nen ſolchen, der wenige Tage in ihrer Dienſtbarkeit lebendig zubringen wird, woferne ihn nicht dero angenehme Ant- wort von denen finſtern Kammern des Grabes befreyet. Es iſt zwar eine Ver- meſſenheit, die eine harte Straffe ver- dienet, daß ich, der eine ſo ungemeine Gnade niemals mit der allergeringſten Dienſtleiſtung verdienet, ſolches zu ver- langen mich freventlich unterſtehen darff; Nachdem ich aber weiß, was maſ-

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/496>, abgerufen am 28.03.2024.