Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

Johanna Shore,
Gewalt mit ihrem Könige so manchen guten Dienst
in der Welt gethan, und eine grosse Menge Leute zu
Reichthümern und Ehren erhöhet hatte, zuletzt doch
einen eintzigen guten Freund würde finden kön-
nen, der so danckbar gewesen, ihr mit einem oder
dem andern Trost zu statten zu kommen, und sich
ihr, bey ihrer äussersten Armuth und schmählichstem
Mangel, anzunehmen; Alleine iedermann schiene
gleichsam mit denen andern ein Bündniß gemacht zu
haben, seine Thüren vor ihr zu verriegeln, und nicht
das allergeringste Mitleiden gegen sie zu bezeugen.
So bald sie die erste Nachricht von des Lord
Hastings
seinem Tod erhalten hatte, und das Un-
gewitter, so über ihrem Haupte schwebete, vor Au-
gen sahe, vermeynte sie, die Behausung ihrer alten
vertrauten Freundin, der Madame Blagues,
werde zu ihren Diensten stehen; dieser gab sie
demnach ihr Geschmeide und vornehmsten Sachen
in Verwahrung, auf Versprechen, es sollte ihr al-
les sicher wieder zugestellet werden, wenn sie es
verlangen würde; Als sie aber die Noth, sich dar-
nach umzusehen, antriebe, leugnete ihr die treulose
Frau alles, und stiesse sie mit denen leichtfertigsten
Schimpff- und Droh-Worten zum Hause hinaus.
Also belegte sie ihr unglückseliges Verhängniß mit
dem Bettel-Stabe, biß zum Schluß ihres armseli-
gen Lebens; und die jämmerlichen Tage desselben
überwogen die Zeit bey weiten, welche sie in Uppig-

keit,

Johanna Shore,
Gewalt mit ihrem Koͤnige ſo manchen guten Dienſt
in der Welt gethan, und eine groſſe Menge Leute zu
Reichthuͤmern und Ehren erhoͤhet hatte, zuletzt doch
einen eintzigen guten Freund wuͤrde finden koͤn-
nen, der ſo danckbar geweſen, ihr mit einem oder
dem andern Troſt zu ſtatten zu kommen, und ſich
ihr, bey ihrer aͤuſſerſten Armuth und ſchmaͤhlichſtem
Mangel, anzunehmen; Alleine iedermann ſchiene
gleichſam mit denen andern ein Buͤndniß gemacht zu
haben, ſeine Thuͤren vor ihr zu verriegeln, und nicht
das allergeringſte Mitleiden gegen ſie zu bezeugen.
So bald ſie die erſte Nachricht von des Lord
Haſtings
ſeinem Tod erhalten hatte, und das Un-
gewitter, ſo uͤber ihrem Haupte ſchwebete, vor Au-
gen ſahe, vermeynte ſie, die Behauſung ihrer alten
vertrauten Freundin, der Madame Blagues,
werde zu ihren Dienſten ſtehen; dieſer gab ſie
demnach ihr Geſchmeide und vornehmſten Sachen
in Verwahrung, auf Verſprechen, es ſollte ihr al-
les ſicher wieder zugeſtellet werden, wenn ſie es
verlangen wuͤrde; Als ſie aber die Noth, ſich dar-
nach umzuſehen, antriebe, leugnete ihr die treuloſe
Frau alles, und ſtieſſe ſie mit denen leichtfertigſten
Schimpff- und Droh-Worten zum Hauſe hinaus.
Alſo belegte ſie ihr ungluͤckſeliges Verhaͤngniß mit
dem Bettel-Stabe, biß zum Schluß ihres armſeli-
gen Lebens; und die jaͤmmerlichen Tage deſſelben
uͤberwogen die Zeit bey weiten, welche ſie in Uppig-

keit,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0070" n="50"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Johanna Shore,</hi></hi></fw><lb/>
Gewalt mit ihrem Ko&#x0364;nige &#x017F;o manchen guten Dien&#x017F;t<lb/>
in der Welt gethan, und eine gro&#x017F;&#x017F;e Menge Leute zu<lb/>
Reichthu&#x0364;mern und Ehren erho&#x0364;het hatte, zuletzt doch<lb/>
einen eintzigen guten Freund wu&#x0364;rde finden ko&#x0364;n-<lb/>
nen, der &#x017F;o danckbar gewe&#x017F;en, ihr mit einem oder<lb/>
dem andern Tro&#x017F;t zu &#x017F;tatten zu kommen, und &#x017F;ich<lb/>
ihr, bey ihrer a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Armuth und &#x017F;chma&#x0364;hlich&#x017F;tem<lb/>
Mangel, anzunehmen; Alleine iedermann &#x017F;chiene<lb/>
gleich&#x017F;am mit denen andern ein Bu&#x0364;ndniß gemacht zu<lb/>
haben, &#x017F;eine Thu&#x0364;ren vor ihr zu verriegeln, und nicht<lb/>
das allergering&#x017F;te Mitleiden gegen &#x017F;ie zu bezeugen.<lb/>
So bald &#x017F;ie die er&#x017F;te Nachricht von des <hi rendition="#aq">Lord<lb/>
Ha&#x017F;tings</hi> &#x017F;einem Tod erhalten hatte, und das Un-<lb/>
gewitter, &#x017F;o u&#x0364;ber ihrem Haupte &#x017F;chwebete, vor Au-<lb/>
gen &#x017F;ahe, vermeynte &#x017F;ie, die Behau&#x017F;ung ihrer alten<lb/>
vertrauten Freundin, der <hi rendition="#aq">Madame Blagues,</hi><lb/>
werde zu ihren Dien&#x017F;ten &#x017F;tehen; die&#x017F;er gab &#x017F;ie<lb/>
demnach ihr Ge&#x017F;chmeide und vornehm&#x017F;ten Sachen<lb/>
in Verwahrung, auf Ver&#x017F;prechen, es &#x017F;ollte ihr al-<lb/>
les &#x017F;icher wieder zuge&#x017F;tellet werden, wenn &#x017F;ie es<lb/>
verlangen wu&#x0364;rde; Als &#x017F;ie aber die Noth, &#x017F;ich dar-<lb/>
nach umzu&#x017F;ehen, antriebe, leugnete ihr die treulo&#x017F;e<lb/>
Frau alles, und &#x017F;tie&#x017F;&#x017F;e &#x017F;ie mit denen leichtfertig&#x017F;ten<lb/>
Schimpff- und Droh-Worten zum Hau&#x017F;e hinaus.<lb/>
Al&#x017F;o belegte &#x017F;ie ihr unglu&#x0364;ck&#x017F;eliges Verha&#x0364;ngniß mit<lb/>
dem Bettel-Stabe, biß zum Schluß ihres arm&#x017F;eli-<lb/>
gen Lebens; und die ja&#x0364;mmerlichen Tage de&#x017F;&#x017F;elben<lb/>
u&#x0364;berwogen die Zeit bey weiten, welche &#x017F;ie in Uppig-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">keit,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0070] Johanna Shore, Gewalt mit ihrem Koͤnige ſo manchen guten Dienſt in der Welt gethan, und eine groſſe Menge Leute zu Reichthuͤmern und Ehren erhoͤhet hatte, zuletzt doch einen eintzigen guten Freund wuͤrde finden koͤn- nen, der ſo danckbar geweſen, ihr mit einem oder dem andern Troſt zu ſtatten zu kommen, und ſich ihr, bey ihrer aͤuſſerſten Armuth und ſchmaͤhlichſtem Mangel, anzunehmen; Alleine iedermann ſchiene gleichſam mit denen andern ein Buͤndniß gemacht zu haben, ſeine Thuͤren vor ihr zu verriegeln, und nicht das allergeringſte Mitleiden gegen ſie zu bezeugen. So bald ſie die erſte Nachricht von des Lord Haſtings ſeinem Tod erhalten hatte, und das Un- gewitter, ſo uͤber ihrem Haupte ſchwebete, vor Au- gen ſahe, vermeynte ſie, die Behauſung ihrer alten vertrauten Freundin, der Madame Blagues, werde zu ihren Dienſten ſtehen; dieſer gab ſie demnach ihr Geſchmeide und vornehmſten Sachen in Verwahrung, auf Verſprechen, es ſollte ihr al- les ſicher wieder zugeſtellet werden, wenn ſie es verlangen wuͤrde; Als ſie aber die Noth, ſich dar- nach umzuſehen, antriebe, leugnete ihr die treuloſe Frau alles, und ſtieſſe ſie mit denen leichtfertigſten Schimpff- und Droh-Worten zum Hauſe hinaus. Alſo belegte ſie ihr ungluͤckſeliges Verhaͤngniß mit dem Bettel-Stabe, biß zum Schluß ihres armſeli- gen Lebens; und die jaͤmmerlichen Tage deſſelben uͤberwogen die Zeit bey weiten, welche ſie in Uppig- keit,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Angaben des Verlagsortes und des Verlegers si… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/70
Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/70>, abgerufen am 25.04.2024.