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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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und besonders der Form, jene rein sinnliche Schönheit zu ge-
ben, welche die Venezianer schon seit den letzten Decennien des
funfzehnten Jahrhundertes, besonders in den nächsten des fol-
genden erstrebten, verweiset auf eine frühe Berührung mit den
lombardischen Malern, welche historisch nicht nachzuweisen ist.
Vielleicht hat er eine Weile dem Cosimo Rosselli als Geselle ge-
dient, und daher seinen zweyten Namen erhalten; da er indeß
von diesem Künstler weder die Manier, noch die Richtung an-
genommen, so wird er im eigentlichen Sinne schwerlich dessen
Schüler seyn. Die wichtigsten Werke des Piero di Cosimo be-
finden sich, das eine hinter dem Hauptaltare der Francisca-
nerkirche zu Fiesole, mit der Aufschrift Pier di Cosimo 1480.;
das andere in dem Quartier des Commissares des florentini-
schen Findelhauses (Innocenti). Das letzte, eine Madonna
auf dem Throne von Heiligen und Engeln umgeben, ist durch
seine größere Ausführung und bessere Erhaltung, jenes durch
die Inschrift wichtig, in welcher die Auswerfung des Endvo-
cales im Taufnamen ebenfalls auf lombardische Gewöhnungen
hinzudeuten scheint.

Ich benutze den offenen Raum dieses Blattes, um, zur
Jugend des Pietro Perugino zurückkehrend, eines Rundgemäl-
des der Kön. Preuß., ehmals Solly'schen Sammlung zu er-
wähnen, welches mir eine der ältesten Arbeiten des gedachten
Meisters zu seyn scheint, weil es, zwar ganz in der Manier
des Fiorenzo di Lorenzo, doch minder fertig gemalt ist, zugleich
der Eigenthümlichkeit des Ersten bey weitem mehr entspricht,
als jener des Anderen. Dieselbe Sammlung besitzt auch ein
Jugendwerk Raphaels, die Jungfrau mit dem Kinde in einer
herrlichen Landschaft.




Be-

und beſonders der Form, jene rein ſinnliche Schoͤnheit zu ge-
ben, welche die Venezianer ſchon ſeit den letzten Decennien des
funfzehnten Jahrhundertes, beſonders in den naͤchſten des fol-
genden erſtrebten, verweiſet auf eine fruͤhe Beruͤhrung mit den
lombardiſchen Malern, welche hiſtoriſch nicht nachzuweiſen iſt.
Vielleicht hat er eine Weile dem Coſimo Roſſelli als Geſelle ge-
dient, und daher ſeinen zweyten Namen erhalten; da er indeß
von dieſem Kuͤnſtler weder die Manier, noch die Richtung an-
genommen, ſo wird er im eigentlichen Sinne ſchwerlich deſſen
Schuͤler ſeyn. Die wichtigſten Werke des Piero di Coſimo be-
finden ſich, das eine hinter dem Hauptaltare der Francisca-
nerkirche zu Fieſole, mit der Aufſchrift Pier di Cosimo 1480.;
das andere in dem Quartier des Commiſſares des florentini-
ſchen Findelhauſes (Innocenti). Das letzte, eine Madonna
auf dem Throne von Heiligen und Engeln umgeben, iſt durch
ſeine groͤßere Ausfuͤhrung und beſſere Erhaltung, jenes durch
die Inſchrift wichtig, in welcher die Auswerfung des Endvo-
cales im Taufnamen ebenfalls auf lombardiſche Gewoͤhnungen
hinzudeuten ſcheint.

Ich benutze den offenen Raum dieſes Blattes, um, zur
Jugend des Pietro Perugino zuruͤckkehrend, eines Rundgemaͤl-
des der Koͤn. Preuß., ehmals Solly’ſchen Sammlung zu er-
waͤhnen, welches mir eine der aͤlteſten Arbeiten des gedachten
Meiſters zu ſeyn ſcheint, weil es, zwar ganz in der Manier
des Fiorenzo di Lorenzo, doch minder fertig gemalt iſt, zugleich
der Eigenthuͤmlichkeit des Erſten bey weitem mehr entſpricht,
als jener des Anderen. Dieſelbe Sammlung beſitzt auch ein
Jugendwerk Raphaels, die Jungfrau mit dem Kinde in einer
herrlichen Landſchaft.




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[352/0370] und beſonders der Form, jene rein ſinnliche Schoͤnheit zu ge- ben, welche die Venezianer ſchon ſeit den letzten Decennien des funfzehnten Jahrhundertes, beſonders in den naͤchſten des fol- genden erſtrebten, verweiſet auf eine fruͤhe Beruͤhrung mit den lombardiſchen Malern, welche hiſtoriſch nicht nachzuweiſen iſt. Vielleicht hat er eine Weile dem Coſimo Roſſelli als Geſelle ge- dient, und daher ſeinen zweyten Namen erhalten; da er indeß von dieſem Kuͤnſtler weder die Manier, noch die Richtung an- genommen, ſo wird er im eigentlichen Sinne ſchwerlich deſſen Schuͤler ſeyn. Die wichtigſten Werke des Piero di Coſimo be- finden ſich, das eine hinter dem Hauptaltare der Francisca- nerkirche zu Fieſole, mit der Aufſchrift Pier di Cosimo 1480.; das andere in dem Quartier des Commiſſares des florentini- ſchen Findelhauſes (Innocenti). Das letzte, eine Madonna auf dem Throne von Heiligen und Engeln umgeben, iſt durch ſeine groͤßere Ausfuͤhrung und beſſere Erhaltung, jenes durch die Inſchrift wichtig, in welcher die Auswerfung des Endvo- cales im Taufnamen ebenfalls auf lombardiſche Gewoͤhnungen hinzudeuten ſcheint. Ich benutze den offenen Raum dieſes Blattes, um, zur Jugend des Pietro Perugino zuruͤckkehrend, eines Rundgemaͤl- des der Koͤn. Preuß., ehmals Solly’ſchen Sammlung zu er- waͤhnen, welches mir eine der aͤlteſten Arbeiten des gedachten Meiſters zu ſeyn ſcheint, weil es, zwar ganz in der Manier des Fiorenzo di Lorenzo, doch minder fertig gemalt iſt, zugleich der Eigenthuͤmlichkeit des Erſten bey weitem mehr entſpricht, als jener des Anderen. Dieſelbe Sammlung beſitzt auch ein Jugendwerk Raphaels, die Jungfrau mit dem Kinde in einer herrlichen Landſchaft. Be-

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/370>, abgerufen am 18.04.2024.