Sieh den Gedanken, es ist mir nimmer zu helfen, als den ärgsten Feind deines Lebens an. Laß also dein Herz nie vertraut mit ihm werden. Und damit es dich nicht hinterliste, und al' incognito mit ihm Freundschaft mache, so arbeite mit Macht allen den feindseligen Vorstellungen entgegen, die immer nur die Finsterniß der Gegenwart, die Ungewißheit der Zukunft, und die Bereuungswürdigkeit der Vergan- genheit vergrößern. -- -- Die abgenutz- testen Wahrheiten wären auch hier die brauch- baresten, z. B. so lange ein Gott im Himmel ist, so giebt es immer noch Ei- nen, der helfen kann: und so lange der Mensch auf diesen Einen sein Vertrauen setzet, kann ihm immer noch geholfen werden.
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Von den Bewahrungsmitteln ꝛc.
Beſondere Bewahrungsmittel fuͤr Truͤbſinnige.
1.
Sieh den Gedanken, es iſt mir nimmer zu helfen, als den aͤrgſten Feind deines Lebens an. Laß alſo dein Herz nie vertraut mit ihm werden. Und damit es dich nicht hinterliſte, und al’ incognito mit ihm Freundſchaft mache, ſo arbeite mit Macht allen den feindſeligen Vorſtellungen entgegen, die immer nur die Finſterniß der Gegenwart, die Ungewißheit der Zukunft, und die Bereuungswuͤrdigkeit der Vergan- genheit vergroͤßern. — — Die abgenutz- teſten Wahrheiten waͤren auch hier die brauch- bareſten, z. B. ſo lange ein Gott im Himmel iſt, ſo giebt es immer noch Ei- nen, der helfen kann: und ſo lange der Menſch auf dieſen Einen ſein Vertrauen ſetzet, kann ihm immer noch geholfen werden.
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Von den Bewahrungsmitteln ꝛc.
Beſondere Bewahrungsmittel
fuͤr
Truͤbſinnige.
1.
Sieh den Gedanken, es iſt mir nimmer
zu helfen, als den aͤrgſten Feind
deines Lebens an. Laß alſo dein Herz nie
vertraut mit ihm werden. Und damit es
dich nicht hinterliſte, und al’ incognito
mit ihm Freundſchaft mache, ſo arbeite mit
Macht allen den feindſeligen Vorſtellungen
entgegen, die immer nur die Finſterniß der
Gegenwart, die Ungewißheit der Zukunft,
und die Bereuungswuͤrdigkeit der Vergan-
genheit vergroͤßern. — — Die abgenutz-
teſten Wahrheiten waͤren auch hier die brauch-
bareſten, z. B. ſo lange ein Gott im
Himmel iſt, ſo giebt es immer noch Ei-
nen, der helfen kann: und ſo lange der
Menſch auf dieſen Einen ſein Vertrauen
ſetzet, kann ihm immer noch geholfen
werden.
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Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/175>, abgerufen am 17.04.2021.
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