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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die elektrischen Erfindungen.
Leitung endigt, und in welche die beiden mit einander zu ver-
schweißenden Eisenstücke geklemmt werden. Man muß wissen, daß
das Eisen ein viel schlechterer Leiter der Elektrizität ist, als das
Kupfer. Wo die Elektrizität mehr Widerstand findet, wird sie beim
Durchgange sich in Wärme umwandeln, also wird sie das Kupfer
nicht wesentlich, desto mehr das Eisen erhitzen. Aber zum Schmelzen
des Eisens gehört eine Temperaturerhöhung um mehr als 1000 Grad
Celsius. Ist der Strom wirklich kräftig genug, um diese Erhitzung zu
vollbringen in Eisenstäben von mehreren Zentimetern Dicke? Und
wenn dies der Fall ist, wird dann nicht mehr Kraft verbraucht, als
eigentlich nötig ist? Es bedarf ja doch nur einer oberflächlichen
Schmelzung gerade an den beiden zu verschweißenden Enden der
Eisenstangen, jede in der Mitte derselben geleistete Erwärmung ver-
ringert unnütz die Arbeitsfähigkeit der Maschine. Die Natur des
elektrischen Widerstandes hebt alle diese Sorgen in der befriedigendsten
Weise. Derselbe hängt ja von dem Querschnitt des Leiters ab, und
er ist um so größer, je enger der Raum ist, durch den der Strom sich
hindurch zu zwängen hat. Aber der leitende Querschnitt ist gerade an
der Berührungsfläche der Leiter am geringsten, denn wenn dort auch,
wie die Figur zeigt, die Eisenschienen oder -stangen mit Gewalt gegen
einander gepreßt werden, so sind doch die Endflächen nie so gut ge-
arbeitet, daß sie in ihrer ganzen Ausdehnung einander decken; sie
berühren sich nur in vielen kleinen Flächen und Punkten, und dort ist
demnach auch der größte Widerstand und damit eine besonders starke
Erhitzung zu erwarten. Schon innerhalb weniger Sekunden machen
diese Ströme, die in der Sekunde zweihundertmal ihre Richtung wechseln,
die auf einander gepreßten Enden glühend, erweichen sie, so daß sie durch
erneuten Druck, den man mit den gezeichneten Kurbeln ausüben kann,
noch ein wenig gegen einander gedrückt werden können. Hierauf läßt
man das Stück abkühlen und findet, daß die Schweißung vollzogen ist.

d) Die Erfindung des elektrischen Lichtes.

Auf Adlersflügeln vorwärts strebend weicht der Flug des mensch-
lichen Erfindungsgeistes auch der Sonne nicht. Das Licht des Tages-
gestirns mit seiner unübertroffenen, jede andere natürliche Leuchte
zum Halbdunkel herabsetzenden Leuchtkraft, dieses Licht zu jeder
Zeit in der Gewalt zu haben, das war das lange für erstrebens-
wert gehaltene Ziel der Technik. Sie hat es erreicht, oder sie ist
ihm doch so nahe gekommen, wie sie immer hoffen durfte. In
einem besonderen Abschnitte dieses Buches wird der Weg, den der
Erfindungstrieb durch die verschiedenen Arten der Beleuchtung zurück-
zulegen hatte, beschrieben werden. Wir wollen uns sofort jenem End-
ziele, dem elektrischen Lichte zuwenden, das als Bogenlicht gegen

Die elektriſchen Erfindungen.
Leitung endigt, und in welche die beiden mit einander zu ver-
ſchweißenden Eiſenſtücke geklemmt werden. Man muß wiſſen, daß
das Eiſen ein viel ſchlechterer Leiter der Elektrizität iſt, als das
Kupfer. Wo die Elektrizität mehr Widerſtand findet, wird ſie beim
Durchgange ſich in Wärme umwandeln, alſo wird ſie das Kupfer
nicht weſentlich, deſto mehr das Eiſen erhitzen. Aber zum Schmelzen
des Eiſens gehört eine Temperaturerhöhung um mehr als 1000 Grad
Celſius. Iſt der Strom wirklich kräftig genug, um dieſe Erhitzung zu
vollbringen in Eiſenſtäben von mehreren Zentimetern Dicke? Und
wenn dies der Fall iſt, wird dann nicht mehr Kraft verbraucht, als
eigentlich nötig iſt? Es bedarf ja doch nur einer oberflächlichen
Schmelzung gerade an den beiden zu verſchweißenden Enden der
Eiſenſtangen, jede in der Mitte derſelben geleiſtete Erwärmung ver-
ringert unnütz die Arbeitsfähigkeit der Maſchine. Die Natur des
elektriſchen Widerſtandes hebt alle dieſe Sorgen in der befriedigendſten
Weiſe. Derſelbe hängt ja von dem Querſchnitt des Leiters ab, und
er iſt um ſo größer, je enger der Raum iſt, durch den der Strom ſich
hindurch zu zwängen hat. Aber der leitende Querſchnitt iſt gerade an
der Berührungsfläche der Leiter am geringſten, denn wenn dort auch,
wie die Figur zeigt, die Eiſenſchienen oder -ſtangen mit Gewalt gegen
einander gepreßt werden, ſo ſind doch die Endflächen nie ſo gut ge-
arbeitet, daß ſie in ihrer ganzen Ausdehnung einander decken; ſie
berühren ſich nur in vielen kleinen Flächen und Punkten, und dort iſt
demnach auch der größte Widerſtand und damit eine beſonders ſtarke
Erhitzung zu erwarten. Schon innerhalb weniger Sekunden machen
dieſe Ströme, die in der Sekunde zweihundertmal ihre Richtung wechſeln,
die auf einander gepreßten Enden glühend, erweichen ſie, ſo daß ſie durch
erneuten Druck, den man mit den gezeichneten Kurbeln ausüben kann,
noch ein wenig gegen einander gedrückt werden können. Hierauf läßt
man das Stück abkühlen und findet, daß die Schweißung vollzogen iſt.

d) Die Erfindung des elektriſchen Lichtes.

Auf Adlersflügeln vorwärts ſtrebend weicht der Flug des menſch-
lichen Erfindungsgeiſtes auch der Sonne nicht. Das Licht des Tages-
geſtirns mit ſeiner unübertroffenen, jede andere natürliche Leuchte
zum Halbdunkel herabſetzenden Leuchtkraft, dieſes Licht zu jeder
Zeit in der Gewalt zu haben, das war das lange für erſtrebens-
wert gehaltene Ziel der Technik. Sie hat es erreicht, oder ſie iſt
ihm doch ſo nahe gekommen, wie ſie immer hoffen durfte. In
einem beſonderen Abſchnitte dieſes Buches wird der Weg, den der
Erfindungstrieb durch die verſchiedenen Arten der Beleuchtung zurück-
zulegen hatte, beſchrieben werden. Wir wollen uns ſofort jenem End-
ziele, dem elektriſchen Lichte zuwenden, das als Bogenlicht gegen

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[178/0196] Die elektriſchen Erfindungen. Leitung endigt, und in welche die beiden mit einander zu ver- ſchweißenden Eiſenſtücke geklemmt werden. Man muß wiſſen, daß das Eiſen ein viel ſchlechterer Leiter der Elektrizität iſt, als das Kupfer. Wo die Elektrizität mehr Widerſtand findet, wird ſie beim Durchgange ſich in Wärme umwandeln, alſo wird ſie das Kupfer nicht weſentlich, deſto mehr das Eiſen erhitzen. Aber zum Schmelzen des Eiſens gehört eine Temperaturerhöhung um mehr als 1000 Grad Celſius. Iſt der Strom wirklich kräftig genug, um dieſe Erhitzung zu vollbringen in Eiſenſtäben von mehreren Zentimetern Dicke? Und wenn dies der Fall iſt, wird dann nicht mehr Kraft verbraucht, als eigentlich nötig iſt? Es bedarf ja doch nur einer oberflächlichen Schmelzung gerade an den beiden zu verſchweißenden Enden der Eiſenſtangen, jede in der Mitte derſelben geleiſtete Erwärmung ver- ringert unnütz die Arbeitsfähigkeit der Maſchine. Die Natur des elektriſchen Widerſtandes hebt alle dieſe Sorgen in der befriedigendſten Weiſe. Derſelbe hängt ja von dem Querſchnitt des Leiters ab, und er iſt um ſo größer, je enger der Raum iſt, durch den der Strom ſich hindurch zu zwängen hat. Aber der leitende Querſchnitt iſt gerade an der Berührungsfläche der Leiter am geringſten, denn wenn dort auch, wie die Figur zeigt, die Eiſenſchienen oder -ſtangen mit Gewalt gegen einander gepreßt werden, ſo ſind doch die Endflächen nie ſo gut ge- arbeitet, daß ſie in ihrer ganzen Ausdehnung einander decken; ſie berühren ſich nur in vielen kleinen Flächen und Punkten, und dort iſt demnach auch der größte Widerſtand und damit eine beſonders ſtarke Erhitzung zu erwarten. Schon innerhalb weniger Sekunden machen dieſe Ströme, die in der Sekunde zweihundertmal ihre Richtung wechſeln, die auf einander gepreßten Enden glühend, erweichen ſie, ſo daß ſie durch erneuten Druck, den man mit den gezeichneten Kurbeln ausüben kann, noch ein wenig gegen einander gedrückt werden können. Hierauf läßt man das Stück abkühlen und findet, daß die Schweißung vollzogen iſt. d) Die Erfindung des elektriſchen Lichtes. Auf Adlersflügeln vorwärts ſtrebend weicht der Flug des menſch- lichen Erfindungsgeiſtes auch der Sonne nicht. Das Licht des Tages- geſtirns mit ſeiner unübertroffenen, jede andere natürliche Leuchte zum Halbdunkel herabſetzenden Leuchtkraft, dieſes Licht zu jeder Zeit in der Gewalt zu haben, das war das lange für erſtrebens- wert gehaltene Ziel der Technik. Sie hat es erreicht, oder ſie iſt ihm doch ſo nahe gekommen, wie ſie immer hoffen durfte. In einem beſonderen Abſchnitte dieſes Buches wird der Weg, den der Erfindungstrieb durch die verſchiedenen Arten der Beleuchtung zurück- zulegen hatte, beſchrieben werden. Wir wollen uns ſofort jenem End- ziele, dem elektriſchen Lichte zuwenden, das als Bogenlicht gegen

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/196>, abgerufen am 23.04.2024.