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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Längenmessungen und Längenmaßvergleichungen.
und 93,1, bewegt sich endlich mit wachsender Ablesung an der Trommel
das Fadenpaar gleichmäßig in beiden Mikroskopen nach rechts, so
wären vorliegende Ablesungen so zu deuten: Der Nullstrich des zweiten
Stabes liegt um 32,3 Trommelteile weiter nach rechts, als der ent-
sprechende Strich des Normales, der Endstrich dagegen um 45,9, würde
also der zweite Stab so lange nach links gerückt, bis auf beiden Stäben
sich gleiche Ablesungen ergeben, so läge der Endstrich des zweiten
Stabes noch um 13,6 Trommelteile weiter rechts, wie der des Normales,
der Stab ist also um 13,6 Trommelteile oder 0,0136 mm länger, als
der Normalstab.

Für weniger genaue Messungen hat man auch kleinere tragbare
Komparatoren mit meist nur einem Mikroskop und festem Tisch. Hier
werden dann die Stäbe mit ihren Teilungen an einander gelegt, so daß
beide gleichzeitig im Mikroskop erscheinen. Am besten liegen die Stäbe so,
daß die beiden Anfangsstriche genau eine gerade Linie bilden; verschiebt
man das Mikroskop auf der Schiene so lange, bis die Endstriche in
demselben erscheinen, so ergiebt die Differenz der Trommelablesungen
beim Pointieren auf Stab I und Stab II sofort den wahren Längen-
unterschied beider Stäbe. Bei den feinsten Maßstäben ist freilich ein
Aneinanderlegen der Teilkanten nicht möglich, denn
diese tragen nicht, wie der in Fig. 1 abgebildete
Stab die Teilung an der Kante. Solche Stäbe mit
rechteckigem Querschnitt verändern leicht ihre Form
und ihre Länge je nach der Unterlage, wie Fig. 5
zeigt. Ist der Tisch hohl, so sind nur die Stab-
enden unterstützt, der Stab biegt sich nach unten
ein und der Abstand der Endstriche verkürzt sich;
ist der Tisch dagegen gewölbt, so ist nur die Mitte
des Stabes unterstützt, der Stab wölbt sich eben-
falls, der Abstand der Endstriche verlängert sich.

[Abbildung] Fig. 5.

Gestaltsänderungen rechteckiger
Stäbe.

Wie man aber sieht, bleibt der geradlinige Abstand der Enden der
punktierten Mittellinie in beiden Fällen derselbe. Diese Mittelebene nennt
man daher die unveränderliche Ebene oder die
neutrale Schicht und teilt feine Stäbe auf dieser
Ebene. Fig. 6 stellt den Querschnitt der Prototype
des Meter dar, wie sie jeder der allgemeinen Meter-
konvention beigetretene Staat in einem Exemplar,
hergestellt aus einer Legierung von 90 Teilen
Platin und 10 Teilen Iridium, besitzt.

Zum Abmessen größerer Längen, insbesondere
auf freiem Felde, benutzt man die Meßlatten,
Meßketten, oder man bedient sich der Meßbänder,
welche je nach den Zwecken, denen sie dienen
sollen, aus feinen Stahlstreifen oder aus Köper
hergestellt sind.

[Abbildung] Fig. 6.

Querschnitt eines Normal-
meters.

Längenmeſſungen und Längenmaßvergleichungen.
und 93,1, bewegt ſich endlich mit wachſender Ableſung an der Trommel
das Fadenpaar gleichmäßig in beiden Mikroſkopen nach rechts, ſo
wären vorliegende Ableſungen ſo zu deuten: Der Nullſtrich des zweiten
Stabes liegt um 32,3 Trommelteile weiter nach rechts, als der ent-
ſprechende Strich des Normales, der Endſtrich dagegen um 45,9, würde
alſo der zweite Stab ſo lange nach links gerückt, bis auf beiden Stäben
ſich gleiche Ableſungen ergeben, ſo läge der Endſtrich des zweiten
Stabes noch um 13,6 Trommelteile weiter rechts, wie der des Normales,
der Stab iſt alſo um 13,6 Trommelteile oder 0,0136 mm länger, als
der Normalſtab.

Für weniger genaue Meſſungen hat man auch kleinere tragbare
Komparatoren mit meiſt nur einem Mikroſkop und feſtem Tiſch. Hier
werden dann die Stäbe mit ihren Teilungen an einander gelegt, ſo daß
beide gleichzeitig im Mikroſkop erſcheinen. Am beſten liegen die Stäbe ſo,
daß die beiden Anfangsſtriche genau eine gerade Linie bilden; verſchiebt
man das Mikroſkop auf der Schiene ſo lange, bis die Endſtriche in
demſelben erſcheinen, ſo ergiebt die Differenz der Trommelableſungen
beim Pointieren auf Stab I und Stab II ſofort den wahren Längen-
unterſchied beider Stäbe. Bei den feinſten Maßſtäben iſt freilich ein
Aneinanderlegen der Teilkanten nicht möglich, denn
dieſe tragen nicht, wie der in Fig. 1 abgebildete
Stab die Teilung an der Kante. Solche Stäbe mit
rechteckigem Querſchnitt verändern leicht ihre Form
und ihre Länge je nach der Unterlage, wie Fig. 5
zeigt. Iſt der Tiſch hohl, ſo ſind nur die Stab-
enden unterſtützt, der Stab biegt ſich nach unten
ein und der Abſtand der Endſtriche verkürzt ſich;
iſt der Tiſch dagegen gewölbt, ſo iſt nur die Mitte
des Stabes unterſtützt, der Stab wölbt ſich eben-
falls, der Abſtand der Endſtriche verlängert ſich.

[Abbildung] Fig. 5.

Geſtaltsänderungen rechteckiger
Stäbe.

Wie man aber ſieht, bleibt der geradlinige Abſtand der Enden der
punktierten Mittellinie in beiden Fällen derſelbe. Dieſe Mittelebene nennt
man daher die unveränderliche Ebene oder die
neutrale Schicht und teilt feine Stäbe auf dieſer
Ebene. Fig. 6 ſtellt den Querſchnitt der Prototype
des Meter dar, wie ſie jeder der allgemeinen Meter-
konvention beigetretene Staat in einem Exemplar,
hergeſtellt aus einer Legierung von 90 Teilen
Platin und 10 Teilen Iridium, beſitzt.

Zum Abmeſſen größerer Längen, insbeſondere
auf freiem Felde, benutzt man die Meßlatten,
Meßketten, oder man bedient ſich der Meßbänder,
welche je nach den Zwecken, denen ſie dienen
ſollen, aus feinen Stahlſtreifen oder aus Köper
hergeſtellt ſind.

[Abbildung] Fig. 6.

Querſchnitt eines Normal-
meters.

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[9/0027] Längenmeſſungen und Längenmaßvergleichungen. und 93,1, bewegt ſich endlich mit wachſender Ableſung an der Trommel das Fadenpaar gleichmäßig in beiden Mikroſkopen nach rechts, ſo wären vorliegende Ableſungen ſo zu deuten: Der Nullſtrich des zweiten Stabes liegt um 32,3 Trommelteile weiter nach rechts, als der ent- ſprechende Strich des Normales, der Endſtrich dagegen um 45,9, würde alſo der zweite Stab ſo lange nach links gerückt, bis auf beiden Stäben ſich gleiche Ableſungen ergeben, ſo läge der Endſtrich des zweiten Stabes noch um 13,6 Trommelteile weiter rechts, wie der des Normales, der Stab iſt alſo um 13,6 Trommelteile oder 0,0136 mm länger, als der Normalſtab. Für weniger genaue Meſſungen hat man auch kleinere tragbare Komparatoren mit meiſt nur einem Mikroſkop und feſtem Tiſch. Hier werden dann die Stäbe mit ihren Teilungen an einander gelegt, ſo daß beide gleichzeitig im Mikroſkop erſcheinen. Am beſten liegen die Stäbe ſo, daß die beiden Anfangsſtriche genau eine gerade Linie bilden; verſchiebt man das Mikroſkop auf der Schiene ſo lange, bis die Endſtriche in demſelben erſcheinen, ſo ergiebt die Differenz der Trommelableſungen beim Pointieren auf Stab I und Stab II ſofort den wahren Längen- unterſchied beider Stäbe. Bei den feinſten Maßſtäben iſt freilich ein Aneinanderlegen der Teilkanten nicht möglich, denn dieſe tragen nicht, wie der in Fig. 1 abgebildete Stab die Teilung an der Kante. Solche Stäbe mit rechteckigem Querſchnitt verändern leicht ihre Form und ihre Länge je nach der Unterlage, wie Fig. 5 zeigt. Iſt der Tiſch hohl, ſo ſind nur die Stab- enden unterſtützt, der Stab biegt ſich nach unten ein und der Abſtand der Endſtriche verkürzt ſich; iſt der Tiſch dagegen gewölbt, ſo iſt nur die Mitte des Stabes unterſtützt, der Stab wölbt ſich eben- falls, der Abſtand der Endſtriche verlängert ſich. [Abbildung Fig. 5. Geſtaltsänderungen rechteckiger Stäbe.] Wie man aber ſieht, bleibt der geradlinige Abſtand der Enden der punktierten Mittellinie in beiden Fällen derſelbe. Dieſe Mittelebene nennt man daher die unveränderliche Ebene oder die neutrale Schicht und teilt feine Stäbe auf dieſer Ebene. Fig. 6 ſtellt den Querſchnitt der Prototype des Meter dar, wie ſie jeder der allgemeinen Meter- konvention beigetretene Staat in einem Exemplar, hergeſtellt aus einer Legierung von 90 Teilen Platin und 10 Teilen Iridium, beſitzt. Zum Abmeſſen größerer Längen, insbeſondere auf freiem Felde, benutzt man die Meßlatten, Meßketten, oder man bedient ſich der Meßbänder, welche je nach den Zwecken, denen ſie dienen ſollen, aus feinen Stahlſtreifen oder aus Köper hergeſtellt ſind. [Abbildung Fig. 6. Querſchnitt eines Normal- meters.]

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/27>, abgerufen am 23.04.2024.