Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Flüssige Beleuchtungsstoffe; Beleuchtung mit Lampen.
Wetter, d. h. der explodierenden Gemische von Grubenkohlenwasserstoffen
mit Luft, schützen soll. Die Sicherheitslampe beruht auf der oben ge-
nauer auseinandergesetzten Thatsache, daß zum Fortbrennen einer
Flamme eine bestimmte Temperatur nötig ist. Entzieht man der Flamme
also ein bestimmtes Wärmequantum, so kann ihre Temperatur derart
herabgesetzt werden, daß sie nicht mehr zu brennen vermag. Hierzu
sind engmaschige Drahtnetze aus einem möglichst guten Wärmeleiter
das passendste Mittel. Davy umgiebt daher die Flamme seiner Sicher-
heitslampe (Fig. 189), einer gewöhn-
lichen Rüböllampe, mit einem Cylinder
und einer Decke von Drahtgeflecht.
Gelangt der Arbeiter mit dieser Lampe
in ein explosives Gasgemisch, so dringt
dieses natürlich durch das Drahtgeflecht
und entzündet sich an der Lampen-
flamme. Es brennt aber nur im Innern
des Cylinders, da das Drahtnetz dem
brennenden Gase soviel Wärme ent-
zieht, daß die Flamme nicht nach außen
durchzuschlagen vermag. Der Arbeiter
hat daher Zeit, sich in Sicherheit zu
bringen, wenn er die Flammener-
scheinung in seiner Lampe bemerkt.
Größte Reinlichkeit beim Gebrauch ist,
[Abbildung] Fig. 189.

Sicherheitslampe.

wie bei den Mineralöllampen, so auch hier die unerläßliche Bedingung
für ein sicheres Funktionieren der Lampe. Kleine Schmutzteilchen, welche
sich am Cylinder festhängen, können an der Flamme des Gases zu
glimmen anfangen, die Entzündung nach außen fortpflanzen und namen-
loses Unheil anrichten. Neben peinlicher Reinhaltung der Lampe ist
aber natürlich auch gewissenhaftes Umgehen mit derselben Pflicht des
Bergmanns. Die Flamme brennt nur schwach und ihr Schein wird
durch den Drahtkorb, der sie umgiebt, noch mehr gedämpft. Die Ver-
trautheit mit der Gefahr verführt daher den Arbeiter nur zu leicht, den
strengen Befehl der Behörde zu umgehen; um besser sehen zu können,
öffnet er die Lampe, deren ganzer Zweck hierdurch illusorisch wird. Es ist
daher von jeher das Streben der Aufsichtsbehörde gewesen, das
Öffnen der Lampe von seiten des Arbeiters unmöglich zu machen. Ein
gemeinsamer Schlüssel, der nur in den Händen des Steigers sich
befindet, nützt wenig, da er häufig nachgeahmt worden ist. Man
hat daher die Lampen so eingerichtet, daß sie nur durch einen sehr
starken, im Steigerhause befindlichen Magneten geöffnet werden können,
oder auch so, daß sie beim Öffnen erlöschen müssen.

Leider hat sich neuerdings ergeben, daß die Sicherheitslampe in
bestimmten Fällen überhaupt nicht funktioniert. Ein Durchschlagen
der Flamme kann z. B. stattfinden, wenn ein sehr starker Luftzug oder

Flüſſige Beleuchtungsſtoffe; Beleuchtung mit Lampen.
Wetter, d. h. der explodierenden Gemiſche von Grubenkohlenwaſſerſtoffen
mit Luft, ſchützen ſoll. Die Sicherheitslampe beruht auf der oben ge-
nauer auseinandergeſetzten Thatſache, daß zum Fortbrennen einer
Flamme eine beſtimmte Temperatur nötig iſt. Entzieht man der Flamme
alſo ein beſtimmtes Wärmequantum, ſo kann ihre Temperatur derart
herabgeſetzt werden, daß ſie nicht mehr zu brennen vermag. Hierzu
ſind engmaſchige Drahtnetze aus einem möglichſt guten Wärmeleiter
das paſſendſte Mittel. Davy umgiebt daher die Flamme ſeiner Sicher-
heitslampe (Fig. 189), einer gewöhn-
lichen Rüböllampe, mit einem Cylinder
und einer Decke von Drahtgeflecht.
Gelangt der Arbeiter mit dieſer Lampe
in ein exploſives Gasgemiſch, ſo dringt
dieſes natürlich durch das Drahtgeflecht
und entzündet ſich an der Lampen-
flamme. Es brennt aber nur im Innern
des Cylinders, da das Drahtnetz dem
brennenden Gaſe ſoviel Wärme ent-
zieht, daß die Flamme nicht nach außen
durchzuſchlagen vermag. Der Arbeiter
hat daher Zeit, ſich in Sicherheit zu
bringen, wenn er die Flammener-
ſcheinung in ſeiner Lampe bemerkt.
Größte Reinlichkeit beim Gebrauch iſt,
[Abbildung] Fig. 189.

Sicherheitslampe.

wie bei den Mineralöllampen, ſo auch hier die unerläßliche Bedingung
für ein ſicheres Funktionieren der Lampe. Kleine Schmutzteilchen, welche
ſich am Cylinder feſthängen, können an der Flamme des Gaſes zu
glimmen anfangen, die Entzündung nach außen fortpflanzen und namen-
loſes Unheil anrichten. Neben peinlicher Reinhaltung der Lampe iſt
aber natürlich auch gewiſſenhaftes Umgehen mit derſelben Pflicht des
Bergmanns. Die Flamme brennt nur ſchwach und ihr Schein wird
durch den Drahtkorb, der ſie umgiebt, noch mehr gedämpft. Die Ver-
trautheit mit der Gefahr verführt daher den Arbeiter nur zu leicht, den
ſtrengen Befehl der Behörde zu umgehen; um beſſer ſehen zu können,
öffnet er die Lampe, deren ganzer Zweck hierdurch illuſoriſch wird. Es iſt
daher von jeher das Streben der Aufſichtsbehörde geweſen, das
Öffnen der Lampe von ſeiten des Arbeiters unmöglich zu machen. Ein
gemeinſamer Schlüſſel, der nur in den Händen des Steigers ſich
befindet, nützt wenig, da er häufig nachgeahmt worden iſt. Man
hat daher die Lampen ſo eingerichtet, daß ſie nur durch einen ſehr
ſtarken, im Steigerhauſe befindlichen Magneten geöffnet werden können,
oder auch ſo, daß ſie beim Öffnen erlöſchen müſſen.

Leider hat ſich neuerdings ergeben, daß die Sicherheitslampe in
beſtimmten Fällen überhaupt nicht funktioniert. Ein Durchſchlagen
der Flamme kann z. B. ſtattfinden, wenn ein ſehr ſtarker Luftzug oder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0315" n="297"/><fw place="top" type="header">Flü&#x017F;&#x017F;ige Beleuchtungs&#x017F;toffe; Beleuchtung mit Lampen.</fw><lb/>
Wetter, d. h. der explodierenden Gemi&#x017F;che von Grubenkohlenwa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;toffen<lb/>
mit Luft, &#x017F;chützen &#x017F;oll. Die Sicherheitslampe beruht auf der oben ge-<lb/>
nauer auseinanderge&#x017F;etzten That&#x017F;ache, daß zum Fortbrennen einer<lb/>
Flamme eine be&#x017F;timmte Temperatur nötig i&#x017F;t. Entzieht man der Flamme<lb/>
al&#x017F;o ein be&#x017F;timmtes Wärmequantum, &#x017F;o kann ihre Temperatur derart<lb/>
herabge&#x017F;etzt werden, daß &#x017F;ie nicht mehr zu brennen vermag. Hierzu<lb/>
&#x017F;ind engma&#x017F;chige Drahtnetze aus einem möglich&#x017F;t guten Wärmeleiter<lb/>
das pa&#x017F;&#x017F;end&#x017F;te Mittel. Davy umgiebt daher die Flamme &#x017F;einer Sicher-<lb/>
heitslampe (Fig. 189), einer gewöhn-<lb/>
lichen Rüböllampe, mit einem Cylinder<lb/>
und einer Decke von Drahtgeflecht.<lb/>
Gelangt der Arbeiter mit die&#x017F;er Lampe<lb/>
in ein explo&#x017F;ives Gasgemi&#x017F;ch, &#x017F;o dringt<lb/>
die&#x017F;es natürlich durch das Drahtgeflecht<lb/>
und entzündet &#x017F;ich an der Lampen-<lb/>
flamme. Es brennt aber nur im Innern<lb/>
des Cylinders, da das Drahtnetz dem<lb/>
brennenden Ga&#x017F;e &#x017F;oviel Wärme ent-<lb/>
zieht, daß die Flamme nicht nach außen<lb/>
durchzu&#x017F;chlagen vermag. Der Arbeiter<lb/>
hat daher Zeit, &#x017F;ich in Sicherheit zu<lb/>
bringen, wenn er die Flammener-<lb/>
&#x017F;cheinung in &#x017F;einer Lampe bemerkt.<lb/>
Größte Reinlichkeit beim Gebrauch i&#x017F;t,<lb/><figure><head>Fig. 189. </head><p>Sicherheitslampe.</p></figure><lb/>
wie bei den Mineralöllampen, &#x017F;o auch hier die unerläßliche Bedingung<lb/>
für ein &#x017F;icheres Funktionieren der Lampe. Kleine Schmutzteilchen, welche<lb/>
&#x017F;ich am Cylinder fe&#x017F;thängen, können an der Flamme des Ga&#x017F;es zu<lb/>
glimmen anfangen, die Entzündung nach außen fortpflanzen und namen-<lb/>
lo&#x017F;es Unheil anrichten. Neben peinlicher Reinhaltung der Lampe i&#x017F;t<lb/>
aber natürlich auch gewi&#x017F;&#x017F;enhaftes Umgehen mit der&#x017F;elben Pflicht des<lb/>
Bergmanns. Die Flamme brennt nur &#x017F;chwach und ihr Schein wird<lb/>
durch den Drahtkorb, der &#x017F;ie umgiebt, noch mehr gedämpft. Die Ver-<lb/>
trautheit mit der Gefahr verführt daher den Arbeiter nur zu leicht, den<lb/>
&#x017F;trengen Befehl der Behörde zu umgehen; um be&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ehen zu können,<lb/>
öffnet er die Lampe, deren ganzer Zweck hierdurch illu&#x017F;ori&#x017F;ch wird. Es i&#x017F;t<lb/>
daher von jeher das Streben der Auf&#x017F;ichtsbehörde gewe&#x017F;en, das<lb/>
Öffnen der Lampe von &#x017F;eiten des Arbeiters unmöglich zu machen. Ein<lb/>
gemein&#x017F;amer Schlü&#x017F;&#x017F;el, der nur in den Händen des Steigers &#x017F;ich<lb/>
befindet, nützt wenig, da er häufig nachgeahmt worden i&#x017F;t. Man<lb/>
hat daher die Lampen &#x017F;o eingerichtet, daß &#x017F;ie nur durch einen &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;tarken, im Steigerhau&#x017F;e befindlichen Magneten geöffnet werden können,<lb/>
oder auch &#x017F;o, daß &#x017F;ie beim Öffnen erlö&#x017F;chen mü&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>Leider hat &#x017F;ich neuerdings ergeben, daß die Sicherheitslampe in<lb/>
be&#x017F;timmten Fällen überhaupt nicht funktioniert. Ein Durch&#x017F;chlagen<lb/>
der Flamme kann z. B. &#x017F;tattfinden, wenn ein &#x017F;ehr &#x017F;tarker Luftzug oder<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[297/0315] Flüſſige Beleuchtungsſtoffe; Beleuchtung mit Lampen. Wetter, d. h. der explodierenden Gemiſche von Grubenkohlenwaſſerſtoffen mit Luft, ſchützen ſoll. Die Sicherheitslampe beruht auf der oben ge- nauer auseinandergeſetzten Thatſache, daß zum Fortbrennen einer Flamme eine beſtimmte Temperatur nötig iſt. Entzieht man der Flamme alſo ein beſtimmtes Wärmequantum, ſo kann ihre Temperatur derart herabgeſetzt werden, daß ſie nicht mehr zu brennen vermag. Hierzu ſind engmaſchige Drahtnetze aus einem möglichſt guten Wärmeleiter das paſſendſte Mittel. Davy umgiebt daher die Flamme ſeiner Sicher- heitslampe (Fig. 189), einer gewöhn- lichen Rüböllampe, mit einem Cylinder und einer Decke von Drahtgeflecht. Gelangt der Arbeiter mit dieſer Lampe in ein exploſives Gasgemiſch, ſo dringt dieſes natürlich durch das Drahtgeflecht und entzündet ſich an der Lampen- flamme. Es brennt aber nur im Innern des Cylinders, da das Drahtnetz dem brennenden Gaſe ſoviel Wärme ent- zieht, daß die Flamme nicht nach außen durchzuſchlagen vermag. Der Arbeiter hat daher Zeit, ſich in Sicherheit zu bringen, wenn er die Flammener- ſcheinung in ſeiner Lampe bemerkt. Größte Reinlichkeit beim Gebrauch iſt, [Abbildung Fig. 189. Sicherheitslampe.] wie bei den Mineralöllampen, ſo auch hier die unerläßliche Bedingung für ein ſicheres Funktionieren der Lampe. Kleine Schmutzteilchen, welche ſich am Cylinder feſthängen, können an der Flamme des Gaſes zu glimmen anfangen, die Entzündung nach außen fortpflanzen und namen- loſes Unheil anrichten. Neben peinlicher Reinhaltung der Lampe iſt aber natürlich auch gewiſſenhaftes Umgehen mit derſelben Pflicht des Bergmanns. Die Flamme brennt nur ſchwach und ihr Schein wird durch den Drahtkorb, der ſie umgiebt, noch mehr gedämpft. Die Ver- trautheit mit der Gefahr verführt daher den Arbeiter nur zu leicht, den ſtrengen Befehl der Behörde zu umgehen; um beſſer ſehen zu können, öffnet er die Lampe, deren ganzer Zweck hierdurch illuſoriſch wird. Es iſt daher von jeher das Streben der Aufſichtsbehörde geweſen, das Öffnen der Lampe von ſeiten des Arbeiters unmöglich zu machen. Ein gemeinſamer Schlüſſel, der nur in den Händen des Steigers ſich befindet, nützt wenig, da er häufig nachgeahmt worden iſt. Man hat daher die Lampen ſo eingerichtet, daß ſie nur durch einen ſehr ſtarken, im Steigerhauſe befindlichen Magneten geöffnet werden können, oder auch ſo, daß ſie beim Öffnen erlöſchen müſſen. Leider hat ſich neuerdings ergeben, daß die Sicherheitslampe in beſtimmten Fällen überhaupt nicht funktioniert. Ein Durchſchlagen der Flamme kann z. B. ſtattfinden, wenn ein ſehr ſtarker Luftzug oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/315
Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 297. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/315>, abgerufen am 28.03.2024.