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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Appretur.
liches, festes, horizontales Messer von gleicher Länge, nämlich der
Breite des Gewebes und bilden beide Teile zusammen ein Art Schere,
die kontinuierlich geschlossen wird, also stetig schneidet. Das Gewebe
zieht dabei über eine Schiene unterhalb des festen Messers und bietet
die abzuschneidenden Härchen emporgerichtet der Schere dar. Es sei
erwähnt, das man auch Schermaschinen hat, bei welchen Messercylinder
und Messer über das horizontal darunter ausgespannte Gewebe ge-
fahren werden. -- Häufig müssen Stoffe noch mit besonderen Mitteln
behandelt werden, um denjenigen Griff und dasjenige Aussehen zu er-
halten, welche man von ihnen wünscht. Diese Appreturmittel dienen
dazu, gewisse natürliche Mängel der Gewebe, Magerkeit der Fäden,
Ungleichmäßigkeit derselben u. s. w. in reeller Weise zu verdecken. Das
betrifft vornehmlich Baumwoll- und Leinenwaren, in geringerem Grade
Wollen- und Seidenwaren, obgleich auch hier derartige Mittel Ver-
wendung finden können. Es sind zumeist stärkehaltende, mehlige,
schleimgebende Substanzen, welche als Abkochungen benutzt und mit
denen die vegetabilischen Stoffe bestrichen, getränkt und imprägniert
werden, während man für die animalischen Stoffe mehr die Leim-
und Gummiabkochungen oder dergl. wählt. Zusätze mineralischer
Natur zu den Appreturmassen gestatten eine Erschwerung des Ge-
webes, welche sich jedoch immer in reellen Grenzen halten sollte. Leider
ist und wird dagegen viel gefehlt und vermehrt man das Gewicht der
Waren häufig in unerlaubtem Grade mit Mitteln, die nicht haltbar und so-
gar gesundheitsschädlich sind. Die Chemie hat bezüglich der richtigen Wahl
der Appreturmittel für diesen oder jenen Zweck vieles gefördert und deckt
im Zusammenhang mit mikroskopischen Untersuchungen manche Ver-
fälschung auf. Eine hochwichtige Entdeckung der letzten Jahrzehnte soll
aber hier besonders hervorgehoben werden, d. i. die Vermeidung des
Ausschlagens lagernder appretierter Stoffe. Mehle und Stärken, auch
Leim u. dgl. haben nämlich die böse Eigenschaft, sich leicht zu zersetzen,
wenn Feuchtigkeit und Wärme auf sie einwirken, und verlieren diese
Eigenschaft auch nicht, wenn sie als Appreturmasse gebraucht und die
Gewebe getrocknet wurden. Lagern nun solche Stoffe, so treten diese
Pilze und Schimmel auf, überziehen das Gewebe, und bilden sich
auch Säuren, welche die Farbe zerstören. Erst durch das Studium
der sog. antiseptischen Substanzen, Carbolsäure, Salicylsäure, Chlor-
verbindungen u. a., ist es möglich geworden, dem vorzubeugen, indem
man derartige Mittel der Appreturmasse zusetzt.

Geebnet und geglättet werden die zugerichteten Waren entweder
kalt oder heiß oder aufeinanderfolgend beides in der hydraulischen
Presse, in dem Kalander oder in der Mangel, auch sucht man hier-
durch, wenn nötig, die Oberfläche matter oder glänzender zu machen
und gewisse Effekte, wie Moiree, hineinzubringen. Der Presse und
und des Kalanders wurde bereits kurz gedacht und mag das für hier
genügen. Was die Mangel betrifft, so ist sie eine Kasten- oder eine

Die Appretur.
liches, feſtes, horizontales Meſſer von gleicher Länge, nämlich der
Breite des Gewebes und bilden beide Teile zuſammen ein Art Schere,
die kontinuierlich geſchloſſen wird, alſo ſtetig ſchneidet. Das Gewebe
zieht dabei über eine Schiene unterhalb des feſten Meſſers und bietet
die abzuſchneidenden Härchen emporgerichtet der Schere dar. Es ſei
erwähnt, das man auch Schermaſchinen hat, bei welchen Meſſercylinder
und Meſſer über das horizontal darunter ausgeſpannte Gewebe ge-
fahren werden. — Häufig müſſen Stoffe noch mit beſonderen Mitteln
behandelt werden, um denjenigen Griff und dasjenige Ausſehen zu er-
halten, welche man von ihnen wünſcht. Dieſe Appreturmittel dienen
dazu, gewiſſe natürliche Mängel der Gewebe, Magerkeit der Fäden,
Ungleichmäßigkeit derſelben u. ſ. w. in reeller Weiſe zu verdecken. Das
betrifft vornehmlich Baumwoll- und Leinenwaren, in geringerem Grade
Wollen- und Seidenwaren, obgleich auch hier derartige Mittel Ver-
wendung finden können. Es ſind zumeiſt ſtärkehaltende, mehlige,
ſchleimgebende Subſtanzen, welche als Abkochungen benutzt und mit
denen die vegetabiliſchen Stoffe beſtrichen, getränkt und imprägniert
werden, während man für die animaliſchen Stoffe mehr die Leim-
und Gummiabkochungen oder dergl. wählt. Zuſätze mineraliſcher
Natur zu den Appreturmaſſen geſtatten eine Erſchwerung des Ge-
webes, welche ſich jedoch immer in reellen Grenzen halten ſollte. Leider
iſt und wird dagegen viel gefehlt und vermehrt man das Gewicht der
Waren häufig in unerlaubtem Grade mit Mitteln, die nicht haltbar und ſo-
gar geſundheitsſchädlich ſind. Die Chemie hat bezüglich der richtigen Wahl
der Appreturmittel für dieſen oder jenen Zweck vieles gefördert und deckt
im Zuſammenhang mit mikroſkopiſchen Unterſuchungen manche Ver-
fälſchung auf. Eine hochwichtige Entdeckung der letzten Jahrzehnte ſoll
aber hier beſonders hervorgehoben werden, d. i. die Vermeidung des
Ausſchlagens lagernder appretierter Stoffe. Mehle und Stärken, auch
Leim u. dgl. haben nämlich die böſe Eigenſchaft, ſich leicht zu zerſetzen,
wenn Feuchtigkeit und Wärme auf ſie einwirken, und verlieren dieſe
Eigenſchaft auch nicht, wenn ſie als Appreturmaſſe gebraucht und die
Gewebe getrocknet wurden. Lagern nun ſolche Stoffe, ſo treten dieſe
Pilze und Schimmel auf, überziehen das Gewebe, und bilden ſich
auch Säuren, welche die Farbe zerſtören. Erſt durch das Studium
der ſog. antiſeptiſchen Subſtanzen, Carbolſäure, Salicylſäure, Chlor-
verbindungen u. a., iſt es möglich geworden, dem vorzubeugen, indem
man derartige Mittel der Appreturmaſſe zuſetzt.

Geebnet und geglättet werden die zugerichteten Waren entweder
kalt oder heiß oder aufeinanderfolgend beides in der hydrauliſchen
Preſſe, in dem Kalander oder in der Mangel, auch ſucht man hier-
durch, wenn nötig, die Oberfläche matter oder glänzender zu machen
und gewiſſe Effekte, wie Moirée, hineinzubringen. Der Preſſe und
und des Kalanders wurde bereits kurz gedacht und mag das für hier
genügen. Was die Mangel betrifft, ſo iſt ſie eine Kaſten- oder eine

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[391/0409] Die Appretur. liches, feſtes, horizontales Meſſer von gleicher Länge, nämlich der Breite des Gewebes und bilden beide Teile zuſammen ein Art Schere, die kontinuierlich geſchloſſen wird, alſo ſtetig ſchneidet. Das Gewebe zieht dabei über eine Schiene unterhalb des feſten Meſſers und bietet die abzuſchneidenden Härchen emporgerichtet der Schere dar. Es ſei erwähnt, das man auch Schermaſchinen hat, bei welchen Meſſercylinder und Meſſer über das horizontal darunter ausgeſpannte Gewebe ge- fahren werden. — Häufig müſſen Stoffe noch mit beſonderen Mitteln behandelt werden, um denjenigen Griff und dasjenige Ausſehen zu er- halten, welche man von ihnen wünſcht. Dieſe Appreturmittel dienen dazu, gewiſſe natürliche Mängel der Gewebe, Magerkeit der Fäden, Ungleichmäßigkeit derſelben u. ſ. w. in reeller Weiſe zu verdecken. Das betrifft vornehmlich Baumwoll- und Leinenwaren, in geringerem Grade Wollen- und Seidenwaren, obgleich auch hier derartige Mittel Ver- wendung finden können. Es ſind zumeiſt ſtärkehaltende, mehlige, ſchleimgebende Subſtanzen, welche als Abkochungen benutzt und mit denen die vegetabiliſchen Stoffe beſtrichen, getränkt und imprägniert werden, während man für die animaliſchen Stoffe mehr die Leim- und Gummiabkochungen oder dergl. wählt. Zuſätze mineraliſcher Natur zu den Appreturmaſſen geſtatten eine Erſchwerung des Ge- webes, welche ſich jedoch immer in reellen Grenzen halten ſollte. Leider iſt und wird dagegen viel gefehlt und vermehrt man das Gewicht der Waren häufig in unerlaubtem Grade mit Mitteln, die nicht haltbar und ſo- gar geſundheitsſchädlich ſind. Die Chemie hat bezüglich der richtigen Wahl der Appreturmittel für dieſen oder jenen Zweck vieles gefördert und deckt im Zuſammenhang mit mikroſkopiſchen Unterſuchungen manche Ver- fälſchung auf. Eine hochwichtige Entdeckung der letzten Jahrzehnte ſoll aber hier beſonders hervorgehoben werden, d. i. die Vermeidung des Ausſchlagens lagernder appretierter Stoffe. Mehle und Stärken, auch Leim u. dgl. haben nämlich die böſe Eigenſchaft, ſich leicht zu zerſetzen, wenn Feuchtigkeit und Wärme auf ſie einwirken, und verlieren dieſe Eigenſchaft auch nicht, wenn ſie als Appreturmaſſe gebraucht und die Gewebe getrocknet wurden. Lagern nun ſolche Stoffe, ſo treten dieſe Pilze und Schimmel auf, überziehen das Gewebe, und bilden ſich auch Säuren, welche die Farbe zerſtören. Erſt durch das Studium der ſog. antiſeptiſchen Subſtanzen, Carbolſäure, Salicylſäure, Chlor- verbindungen u. a., iſt es möglich geworden, dem vorzubeugen, indem man derartige Mittel der Appreturmaſſe zuſetzt. Geebnet und geglättet werden die zugerichteten Waren entweder kalt oder heiß oder aufeinanderfolgend beides in der hydrauliſchen Preſſe, in dem Kalander oder in der Mangel, auch ſucht man hier- durch, wenn nötig, die Oberfläche matter oder glänzender zu machen und gewiſſe Effekte, wie Moirée, hineinzubringen. Der Preſſe und und des Kalanders wurde bereits kurz gedacht und mag das für hier genügen. Was die Mangel betrifft, ſo iſt ſie eine Kaſten- oder eine

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/409>, abgerufen am 29.03.2024.