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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Farben zum Bemalen.
Bemalen dienten, nicht auch zum Färben zu gebrauchen waren, und
so ergab sich eine naturgemäße Einteilung aller Farbmaterialien in
solche, die zum Bemalen, und in solche, die zum Färben geeignet sind.
Die Grenzen beider Gruppen sind natürlich keine scharfen, aber immer-
hin gewährt diese Gruppierung eine gute Einteilung, und das umso-
mehr, als diese Einteilung gleichzeitig mit einer anderen zusammen-
fällt, die sich aus dem Ursprung der Farben ergiebt. Als Farben
zum Bemalen dienen die mineralischen oder anorganischen Farben,
während die zum Färben gebrauchten organischen Farbstoffe dem
Tier- oder Pflanzenreich entstammen.

a) Farben zum Bemalen.

Als Material für Malfarben boten sich dem farbebedürftigen
Menschen eine Reihe in der Natur vorkommender Mineralien. Für
Blau diente der kostbare Lasurstein (lapis lazuli) und die Kupferlasur,
ein schönes Grün lieferte der Malachit (Berggrün). Gelbe, rote und
braune Farben finden sich zahlreich in Form von verschiedenen Eisen-
mineralien, als Rot wurde auch der Zinnober benutzt. Schwarz lieferte
die Kohle, weiß vor allem die Kreide. War man früher ausschließ-
lich auf die natürlichen Funde angewiesen, so blieb späteren Jahr-
hunderten, insbesondere dem unsrigen, das man nicht nur als Zeitalter
des Dampfes, sondern auch als Zeitalter der Chemie bezeichnen muß,
vorbehalten, die Gewerbe und Künste in ihrem Farbenbedarf von den
Launen der Natur unabhängig zu machen.

Eine der wichtigsten industriellen Erfindungen war die künstliche
Darstellung des Lasursteins (lapis lazuli) oder Ultramarins. 1827 ent-
deckten gleichzeitig Gmelin und Köttig in Deutschland und Guimet in
Frankreich den Weg, der zum künstlichen Ultramarin führte, und als-
bald wurde das Verfahren auch praktisch verwertet. Der Erfolg war
natürlich in erster Linie ein kolossaler Preissturz der bis dahin äußerst
kostbaren Farbe. Während das Kilogramm des natürlichen Lasur-
steins 240 Mark gekostet hatte, war zwei Jahre nach der Erfin-
dung der Preis bereits auf 30 Mark gesunken, und heute kostet
das Kilogramm des uns unentbehrlich gewordenen Blaus weniger
als eine Mark. Man gewinnt das Ultramarin, indem man Porzellan-
thon (Kaolin) mit Schwefel und Soda zusammen erhitzt, meist unter
Zusatz von Glaubersalz und Kohle. Dabei erhält man zuerst grünes
Ultramarin, und dieses geht bei weiterem Erhitzen mit Schwefel in
das blaue über. Indem man der Mischung auch noch Kieselsäure
(Infusorienerde) zusetzte, gelangte man zu rötlichblauen und violetten Ultra-
marinen, aus denen man dann weiter durch Behandlung mit Säuren
sogar rotes Ultramarin gewinnen lernte. In den chemischen Laboratorien
hat man auch gelbe und graue Ultramarine dargestellt, so daß man

Farben zum Bemalen.
Bemalen dienten, nicht auch zum Färben zu gebrauchen waren, und
ſo ergab ſich eine naturgemäße Einteilung aller Farbmaterialien in
ſolche, die zum Bemalen, und in ſolche, die zum Färben geeignet ſind.
Die Grenzen beider Gruppen ſind natürlich keine ſcharfen, aber immer-
hin gewährt dieſe Gruppierung eine gute Einteilung, und das umſo-
mehr, als dieſe Einteilung gleichzeitig mit einer anderen zuſammen-
fällt, die ſich aus dem Urſprung der Farben ergiebt. Als Farben
zum Bemalen dienen die mineraliſchen oder anorganiſchen Farben,
während die zum Färben gebrauchten organiſchen Farbſtoffe dem
Tier- oder Pflanzenreich entſtammen.

a) Farben zum Bemalen.

Als Material für Malfarben boten ſich dem farbebedürftigen
Menſchen eine Reihe in der Natur vorkommender Mineralien. Für
Blau diente der koſtbare Laſurſtein (lapis lazuli) und die Kupferlaſur,
ein ſchönes Grün lieferte der Malachit (Berggrün). Gelbe, rote und
braune Farben finden ſich zahlreich in Form von verſchiedenen Eiſen-
mineralien, als Rot wurde auch der Zinnober benutzt. Schwarz lieferte
die Kohle, weiß vor allem die Kreide. War man früher ausſchließ-
lich auf die natürlichen Funde angewieſen, ſo blieb ſpäteren Jahr-
hunderten, insbeſondere dem unſrigen, das man nicht nur als Zeitalter
des Dampfes, ſondern auch als Zeitalter der Chemie bezeichnen muß,
vorbehalten, die Gewerbe und Künſte in ihrem Farbenbedarf von den
Launen der Natur unabhängig zu machen.

Eine der wichtigſten induſtriellen Erfindungen war die künſtliche
Darſtellung des Laſurſteins (lapis lazuli) oder Ultramarins. 1827 ent-
deckten gleichzeitig Gmelin und Köttig in Deutſchland und Guimet in
Frankreich den Weg, der zum künſtlichen Ultramarin führte, und als-
bald wurde das Verfahren auch praktiſch verwertet. Der Erfolg war
natürlich in erſter Linie ein koloſſaler Preisſturz der bis dahin äußerſt
koſtbaren Farbe. Während das Kilogramm des natürlichen Laſur-
ſteins 240 Mark gekoſtet hatte, war zwei Jahre nach der Erfin-
dung der Preis bereits auf 30 Mark geſunken, und heute koſtet
das Kilogramm des uns unentbehrlich gewordenen Blaus weniger
als eine Mark. Man gewinnt das Ultramarin, indem man Porzellan-
thon (Kaolin) mit Schwefel und Soda zuſammen erhitzt, meiſt unter
Zuſatz von Glauberſalz und Kohle. Dabei erhält man zuerſt grünes
Ultramarin, und dieſes geht bei weiterem Erhitzen mit Schwefel in
das blaue über. Indem man der Miſchung auch noch Kieſelſäure
(Infuſorienerde) zuſetzte, gelangte man zu rötlichblauen und violetten Ultra-
marinen, aus denen man dann weiter durch Behandlung mit Säuren
ſogar rotes Ultramarin gewinnen lernte. In den chemiſchen Laboratorien
hat man auch gelbe und graue Ultramarine dargeſtellt, ſo daß man

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[393/0411] Farben zum Bemalen. Bemalen dienten, nicht auch zum Färben zu gebrauchen waren, und ſo ergab ſich eine naturgemäße Einteilung aller Farbmaterialien in ſolche, die zum Bemalen, und in ſolche, die zum Färben geeignet ſind. Die Grenzen beider Gruppen ſind natürlich keine ſcharfen, aber immer- hin gewährt dieſe Gruppierung eine gute Einteilung, und das umſo- mehr, als dieſe Einteilung gleichzeitig mit einer anderen zuſammen- fällt, die ſich aus dem Urſprung der Farben ergiebt. Als Farben zum Bemalen dienen die mineraliſchen oder anorganiſchen Farben, während die zum Färben gebrauchten organiſchen Farbſtoffe dem Tier- oder Pflanzenreich entſtammen. a) Farben zum Bemalen. Als Material für Malfarben boten ſich dem farbebedürftigen Menſchen eine Reihe in der Natur vorkommender Mineralien. Für Blau diente der koſtbare Laſurſtein (lapis lazuli) und die Kupferlaſur, ein ſchönes Grün lieferte der Malachit (Berggrün). Gelbe, rote und braune Farben finden ſich zahlreich in Form von verſchiedenen Eiſen- mineralien, als Rot wurde auch der Zinnober benutzt. Schwarz lieferte die Kohle, weiß vor allem die Kreide. War man früher ausſchließ- lich auf die natürlichen Funde angewieſen, ſo blieb ſpäteren Jahr- hunderten, insbeſondere dem unſrigen, das man nicht nur als Zeitalter des Dampfes, ſondern auch als Zeitalter der Chemie bezeichnen muß, vorbehalten, die Gewerbe und Künſte in ihrem Farbenbedarf von den Launen der Natur unabhängig zu machen. Eine der wichtigſten induſtriellen Erfindungen war die künſtliche Darſtellung des Laſurſteins (lapis lazuli) oder Ultramarins. 1827 ent- deckten gleichzeitig Gmelin und Köttig in Deutſchland und Guimet in Frankreich den Weg, der zum künſtlichen Ultramarin führte, und als- bald wurde das Verfahren auch praktiſch verwertet. Der Erfolg war natürlich in erſter Linie ein koloſſaler Preisſturz der bis dahin äußerſt koſtbaren Farbe. Während das Kilogramm des natürlichen Laſur- ſteins 240 Mark gekoſtet hatte, war zwei Jahre nach der Erfin- dung der Preis bereits auf 30 Mark geſunken, und heute koſtet das Kilogramm des uns unentbehrlich gewordenen Blaus weniger als eine Mark. Man gewinnt das Ultramarin, indem man Porzellan- thon (Kaolin) mit Schwefel und Soda zuſammen erhitzt, meiſt unter Zuſatz von Glauberſalz und Kohle. Dabei erhält man zuerſt grünes Ultramarin, und dieſes geht bei weiterem Erhitzen mit Schwefel in das blaue über. Indem man der Miſchung auch noch Kieſelſäure (Infuſorienerde) zuſetzte, gelangte man zu rötlichblauen und violetten Ultra- marinen, aus denen man dann weiter durch Behandlung mit Säuren ſogar rotes Ultramarin gewinnen lernte. In den chemiſchen Laboratorien hat man auch gelbe und graue Ultramarine dargeſtellt, ſo daß man

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/411>, abgerufen am 25.04.2024.