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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Entstehung des Bodens.
häufig auch direkt Naturkräfte zu Hilfe, wie z. B. beim Pflügen im
Spätherbst, um den so aufgeworfenen Acker im Winter ausfrieren zu
lassen und dadurch die Bodenthätigkeit zu erhöhen.

Bei sehr schwerem Lehmboden, welcher der Bearbeitung großen
Widerstand entgegensetzt und daher eine große Kraftaufwendung bean-
sprucht, wird das Brennen, d. h. ein teilweises Ausglühen des Bodens
angewendet, wodurch er wesentlich gelockert und seine Kieselsäurever-
bindungen zersetzt werden.

Hervorragend wichtig unter den Meliorationsmethoden sind die-
jenigen, welche die Wasserregulierung veranlassen sollen. Wasser
ist nicht nur selbst, besonders infolge seines Gehaltes an verschiedenen
Mineralien, welche es aufgelöst hat, ein wertvoller Nährstoff für die
Pflanze, sondern ist gleichzeitig eine Hauptbedingung für die Aufnahme
aller übrigen Nährstoffe, da diese nur in flüssigem Zustande aufgenommen
werden können, wie wir später noch eingehender beobachten werden.
Zu trockene Ländereien werden daher berieselt, d. h. durch vorhandene oder
herzustellende Wasserläufe je nach Bedürfnis überschwemmt. Aber auch
zuviel Wasser, besonders im Untergrunde, ist nicht wünschenswert und
führt sehr bald zu Versumpfungen bezw. Moorbildungen, welche nur
durch eine künstliche Ableitung des Wassers für die Kultur zurück-
gewonnen werden können. Es geschieht dies durch Drainieren, d. h.
Einlegen von Thonröhren, Reisigbündeln etc., welche dem Wasser des
Untergrundes einen bequemen Abfluß gestatten und sein Anstauen ver-
hindern. Früher befürchtete man, daß gleichzeitig mit dem durch den
Acker gesickerten Drainwasser auch die wertvollen Nährstoffe fortgewaschen
würden, welche im Dünger dem Boden zugeführt werden. Diese Ansicht
konnte sich aber nur so lange halten, als man die wichtige Eigenschaft
des Bodens -- seine Absorptionsfähigkeit -- nicht genügend kannte.
Neuere Forschungen haben ergeben, daß ein Verlust bei den meisten
Nährstoffen durch das Drainwasser nicht eintritt, weil dasselbe, bis
es durch den Ackerboden filtrierend in den Untergrund gelangt ist,
alle Nährstoffe, die es enthält, bereits unterwegs abgegeben hat. Es
ist allerdings nicht zu verkennen, daß das nicht für alle Nährstoffe
zutrifft, sondern gewisse derselben, und zwar recht wichtige, neigen
dazu, bei zu langem Verweilen im Boden -- aber auch nur dann -- sich
mit fortwaschen zu lassen. Diese sind aber genügend bekannt und der
Verlust wird vollständig und sicher vermieden, wenn sie nicht schon
im Herbst, sondern erst im Frühjahr kurz vor der Einsaat dem Boden
zugeführt werden.

b) Bestandteile und Nahrungsmittel der Pflanze.

Die rapide allgemeine Entwickelung unserer Gesamtverhältnisse ist
an der Landwirtschaft nichts weniger als spurlos vorübergegangen, sie
hat dieselbe im Gegenteil kräftig mit sich fortgerissen und zwingt sie zu

Entſtehung des Bodens.
häufig auch direkt Naturkräfte zu Hilfe, wie z. B. beim Pflügen im
Spätherbſt, um den ſo aufgeworfenen Acker im Winter ausfrieren zu
laſſen und dadurch die Bodenthätigkeit zu erhöhen.

Bei ſehr ſchwerem Lehmboden, welcher der Bearbeitung großen
Widerſtand entgegenſetzt und daher eine große Kraftaufwendung bean-
ſprucht, wird das Brennen, d. h. ein teilweiſes Ausglühen des Bodens
angewendet, wodurch er weſentlich gelockert und ſeine Kieſelſäurever-
bindungen zerſetzt werden.

Hervorragend wichtig unter den Meliorationsmethoden ſind die-
jenigen, welche die Waſſerregulierung veranlaſſen ſollen. Waſſer
iſt nicht nur ſelbſt, beſonders infolge ſeines Gehaltes an verſchiedenen
Mineralien, welche es aufgelöſt hat, ein wertvoller Nährſtoff für die
Pflanze, ſondern iſt gleichzeitig eine Hauptbedingung für die Aufnahme
aller übrigen Nährſtoffe, da dieſe nur in flüſſigem Zuſtande aufgenommen
werden können, wie wir ſpäter noch eingehender beobachten werden.
Zu trockene Ländereien werden daher berieſelt, d. h. durch vorhandene oder
herzuſtellende Waſſerläufe je nach Bedürfnis überſchwemmt. Aber auch
zuviel Waſſer, beſonders im Untergrunde, iſt nicht wünſchenswert und
führt ſehr bald zu Verſumpfungen bezw. Moorbildungen, welche nur
durch eine künſtliche Ableitung des Waſſers für die Kultur zurück-
gewonnen werden können. Es geſchieht dies durch Drainieren, d. h.
Einlegen von Thonröhren, Reiſigbündeln ꝛc., welche dem Waſſer des
Untergrundes einen bequemen Abfluß geſtatten und ſein Anſtauen ver-
hindern. Früher befürchtete man, daß gleichzeitig mit dem durch den
Acker geſickerten Drainwaſſer auch die wertvollen Nährſtoffe fortgewaſchen
würden, welche im Dünger dem Boden zugeführt werden. Dieſe Anſicht
konnte ſich aber nur ſo lange halten, als man die wichtige Eigenſchaft
des Bodens — ſeine Abſorptionsfähigkeit — nicht genügend kannte.
Neuere Forſchungen haben ergeben, daß ein Verluſt bei den meiſten
Nährſtoffen durch das Drainwaſſer nicht eintritt, weil dasſelbe, bis
es durch den Ackerboden filtrierend in den Untergrund gelangt iſt,
alle Nährſtoffe, die es enthält, bereits unterwegs abgegeben hat. Es
iſt allerdings nicht zu verkennen, daß das nicht für alle Nährſtoffe
zutrifft, ſondern gewiſſe derſelben, und zwar recht wichtige, neigen
dazu, bei zu langem Verweilen im Boden — aber auch nur dann — ſich
mit fortwaſchen zu laſſen. Dieſe ſind aber genügend bekannt und der
Verluſt wird vollſtändig und ſicher vermieden, wenn ſie nicht ſchon
im Herbſt, ſondern erſt im Frühjahr kurz vor der Einſaat dem Boden
zugeführt werden.

b) Beſtandteile und Nahrungsmittel der Pflanze.

Die rapide allgemeine Entwickelung unſerer Geſamtverhältniſſe iſt
an der Landwirtſchaft nichts weniger als ſpurlos vorübergegangen, ſie
hat dieſelbe im Gegenteil kräftig mit ſich fortgeriſſen und zwingt ſie zu

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[423/0441] Entſtehung des Bodens. häufig auch direkt Naturkräfte zu Hilfe, wie z. B. beim Pflügen im Spätherbſt, um den ſo aufgeworfenen Acker im Winter ausfrieren zu laſſen und dadurch die Bodenthätigkeit zu erhöhen. Bei ſehr ſchwerem Lehmboden, welcher der Bearbeitung großen Widerſtand entgegenſetzt und daher eine große Kraftaufwendung bean- ſprucht, wird das Brennen, d. h. ein teilweiſes Ausglühen des Bodens angewendet, wodurch er weſentlich gelockert und ſeine Kieſelſäurever- bindungen zerſetzt werden. Hervorragend wichtig unter den Meliorationsmethoden ſind die- jenigen, welche die Waſſerregulierung veranlaſſen ſollen. Waſſer iſt nicht nur ſelbſt, beſonders infolge ſeines Gehaltes an verſchiedenen Mineralien, welche es aufgelöſt hat, ein wertvoller Nährſtoff für die Pflanze, ſondern iſt gleichzeitig eine Hauptbedingung für die Aufnahme aller übrigen Nährſtoffe, da dieſe nur in flüſſigem Zuſtande aufgenommen werden können, wie wir ſpäter noch eingehender beobachten werden. Zu trockene Ländereien werden daher berieſelt, d. h. durch vorhandene oder herzuſtellende Waſſerläufe je nach Bedürfnis überſchwemmt. Aber auch zuviel Waſſer, beſonders im Untergrunde, iſt nicht wünſchenswert und führt ſehr bald zu Verſumpfungen bezw. Moorbildungen, welche nur durch eine künſtliche Ableitung des Waſſers für die Kultur zurück- gewonnen werden können. Es geſchieht dies durch Drainieren, d. h. Einlegen von Thonröhren, Reiſigbündeln ꝛc., welche dem Waſſer des Untergrundes einen bequemen Abfluß geſtatten und ſein Anſtauen ver- hindern. Früher befürchtete man, daß gleichzeitig mit dem durch den Acker geſickerten Drainwaſſer auch die wertvollen Nährſtoffe fortgewaſchen würden, welche im Dünger dem Boden zugeführt werden. Dieſe Anſicht konnte ſich aber nur ſo lange halten, als man die wichtige Eigenſchaft des Bodens — ſeine Abſorptionsfähigkeit — nicht genügend kannte. Neuere Forſchungen haben ergeben, daß ein Verluſt bei den meiſten Nährſtoffen durch das Drainwaſſer nicht eintritt, weil dasſelbe, bis es durch den Ackerboden filtrierend in den Untergrund gelangt iſt, alle Nährſtoffe, die es enthält, bereits unterwegs abgegeben hat. Es iſt allerdings nicht zu verkennen, daß das nicht für alle Nährſtoffe zutrifft, ſondern gewiſſe derſelben, und zwar recht wichtige, neigen dazu, bei zu langem Verweilen im Boden — aber auch nur dann — ſich mit fortwaſchen zu laſſen. Dieſe ſind aber genügend bekannt und der Verluſt wird vollſtändig und ſicher vermieden, wenn ſie nicht ſchon im Herbſt, ſondern erſt im Frühjahr kurz vor der Einſaat dem Boden zugeführt werden. b) Beſtandteile und Nahrungsmittel der Pflanze. Die rapide allgemeine Entwickelung unſerer Geſamtverhältniſſe iſt an der Landwirtſchaft nichts weniger als ſpurlos vorübergegangen, ſie hat dieſelbe im Gegenteil kräftig mit ſich fortgeriſſen und zwingt ſie zu

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/441>, abgerufen am 28.03.2024.