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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Das Gießen.
ist bildsamer, aber weniger durchlässig. Eiserne Formen, welche mit
Luftkanälen versehen sind, kommen seit Anfang dieses Jahrhunderts
vor und werden zum sogenannten Hartguß benutzt.

Zum Herstellen der Formen bedient man sich meist hölzerner
Modelle, mit jeder größeren Gießerei ist daher auch eine Modelltischlerei
verbunden. Nach dem einfachsten Verfahren wird Formsand unmittel-
bar vor dem Ofen in einer gehörig dicken Schicht auf dem Fußboden
der Hütte, dem Herde ausgebreitet, durchnäßt und dann das Modell
hineingedrückt. Durch Kanäle läuft das Metall in die Form und er-
starrt an der Luft, feines Kohlenpulver, mit dem die Form bestäubt
wird, verhindert das Anbacken von Sandkörnchen an das Gußstück.
Von der Seite her sind durch den Sand mit einer feinen langen Nadel,
dem Luftspieß, in die Form feine Öffnungen gestochen, die Wind-
pfeifen, um den Abzug des Wasserdampfes zu erleichtern. Mit dieser
offenen Art der Herdformerei lassen sich natürlich nur einfache Gußstücke,
namentlich Platten herstellen. Bei allen komplizierten Gußstücken bedient
man sich des Kasten- oder Flaschengusses. Man legt das Modell auf
ein Brett, das Formbrett, mit derjenigen Fläche nach oben, welcher
die Form des Werkstückes gegeben ist. Dann stülpt man den Kasten
darüber, und füllt ihn mit Formsand, der gehörig festgestampft wird.
Bei großen Gußstücken ist der Kasten mit eisernen Querrippen versehen,
um dem Sande größere Haltbarkeit zu verleihen. Kehrt man darauf
den Kasten um, so hat man in der Sandoberfläche einen vertieften
Abdruck des Modells. Einen zweiten Kasten von gleicher Größe stampft
man ebenfalls mit Sand voll und setzt ihn als Oberkasten darauf.
Durch den Sand des Oberkastens geht ein Kanal, durch welchen das
Metall eingegossen wird. Hat das Gußstück kompliziertere Profile,
ist es namentlich geschweift und so gestaltet, daß man nach dem Guß
die Form nicht ohne weiteres abnehmen kann, so schneidet man es der
Dicke nach quer durch, formt jeden Teil einzeln und setzt dann die
Formkästen aufeinander, nachdem
ihre Oberflächen mit Ziegelmehl
bestreut sind, damit der Sand
nicht zusammenbacke. So werden
z. B. Kugeln, Walzen und ähn-
liche Gegenstände geformt. Fig. 375
zeigt die zweiteilige Form einer
Riemenscheibe mit einem Kerne a b.
Diese hölzernen oder eisernen
Kästen sollen verhindern, daß die

[Abbildung] Fig. 375.

Zweiteilige Gußform einer Riemenscheibe.

Form durch den starken Metall- oder Dampfdruck zersprengt wird.
Auch hier wird die Form vor dem Gebrauch mit Kohlenstaub bepudert.
Der Kastenguß wird außerordentlich häufig angewandt. Bei hohlen
Gegenständen, Mörsern, Röhren u. dgl. wird in die den äußeren
Umfang des Gußstückes begrenzende Form noch eine zweite innere

Das Gießen.
iſt bildſamer, aber weniger durchläſſig. Eiſerne Formen, welche mit
Luftkanälen verſehen ſind, kommen ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts
vor und werden zum ſogenannten Hartguß benutzt.

Zum Herſtellen der Formen bedient man ſich meiſt hölzerner
Modelle, mit jeder größeren Gießerei iſt daher auch eine Modelltiſchlerei
verbunden. Nach dem einfachſten Verfahren wird Formſand unmittel-
bar vor dem Ofen in einer gehörig dicken Schicht auf dem Fußboden
der Hütte, dem Herde ausgebreitet, durchnäßt und dann das Modell
hineingedrückt. Durch Kanäle läuft das Metall in die Form und er-
ſtarrt an der Luft, feines Kohlenpulver, mit dem die Form beſtäubt
wird, verhindert das Anbacken von Sandkörnchen an das Gußſtück.
Von der Seite her ſind durch den Sand mit einer feinen langen Nadel,
dem Luftſpieß, in die Form feine Öffnungen geſtochen, die Wind-
pfeifen, um den Abzug des Waſſerdampfes zu erleichtern. Mit dieſer
offenen Art der Herdformerei laſſen ſich natürlich nur einfache Gußſtücke,
namentlich Platten herſtellen. Bei allen komplizierten Gußſtücken bedient
man ſich des Kaſten- oder Flaſchenguſſes. Man legt das Modell auf
ein Brett, das Formbrett, mit derjenigen Fläche nach oben, welcher
die Form des Werkſtückes gegeben iſt. Dann ſtülpt man den Kaſten
darüber, und füllt ihn mit Formſand, der gehörig feſtgeſtampft wird.
Bei großen Gußſtücken iſt der Kaſten mit eiſernen Querrippen verſehen,
um dem Sande größere Haltbarkeit zu verleihen. Kehrt man darauf
den Kaſten um, ſo hat man in der Sandoberfläche einen vertieften
Abdruck des Modells. Einen zweiten Kaſten von gleicher Größe ſtampft
man ebenfalls mit Sand voll und ſetzt ihn als Oberkaſten darauf.
Durch den Sand des Oberkaſtens geht ein Kanal, durch welchen das
Metall eingegoſſen wird. Hat das Gußſtück kompliziertere Profile,
iſt es namentlich geſchweift und ſo geſtaltet, daß man nach dem Guß
die Form nicht ohne weiteres abnehmen kann, ſo ſchneidet man es der
Dicke nach quer durch, formt jeden Teil einzeln und ſetzt dann die
Formkäſten aufeinander, nachdem
ihre Oberflächen mit Ziegelmehl
beſtreut ſind, damit der Sand
nicht zuſammenbacke. So werden
z. B. Kugeln, Walzen und ähn-
liche Gegenſtände geformt. Fig. 375
zeigt die zweiteilige Form einer
Riemenſcheibe mit einem Kerne a b.
Dieſe hölzernen oder eiſernen
Käſten ſollen verhindern, daß die

[Abbildung] Fig. 375.

Zweiteilige Gußform einer Riemenſcheibe.

Form durch den ſtarken Metall- oder Dampfdruck zerſprengt wird.
Auch hier wird die Form vor dem Gebrauch mit Kohlenſtaub bepudert.
Der Kaſtenguß wird außerordentlich häufig angewandt. Bei hohlen
Gegenſtänden, Mörſern, Röhren u. dgl. wird in die den äußeren
Umfang des Gußſtückes begrenzende Form noch eine zweite innere

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[633/0651] Das Gießen. iſt bildſamer, aber weniger durchläſſig. Eiſerne Formen, welche mit Luftkanälen verſehen ſind, kommen ſeit Anfang dieſes Jahrhunderts vor und werden zum ſogenannten Hartguß benutzt. Zum Herſtellen der Formen bedient man ſich meiſt hölzerner Modelle, mit jeder größeren Gießerei iſt daher auch eine Modelltiſchlerei verbunden. Nach dem einfachſten Verfahren wird Formſand unmittel- bar vor dem Ofen in einer gehörig dicken Schicht auf dem Fußboden der Hütte, dem Herde ausgebreitet, durchnäßt und dann das Modell hineingedrückt. Durch Kanäle läuft das Metall in die Form und er- ſtarrt an der Luft, feines Kohlenpulver, mit dem die Form beſtäubt wird, verhindert das Anbacken von Sandkörnchen an das Gußſtück. Von der Seite her ſind durch den Sand mit einer feinen langen Nadel, dem Luftſpieß, in die Form feine Öffnungen geſtochen, die Wind- pfeifen, um den Abzug des Waſſerdampfes zu erleichtern. Mit dieſer offenen Art der Herdformerei laſſen ſich natürlich nur einfache Gußſtücke, namentlich Platten herſtellen. Bei allen komplizierten Gußſtücken bedient man ſich des Kaſten- oder Flaſchenguſſes. Man legt das Modell auf ein Brett, das Formbrett, mit derjenigen Fläche nach oben, welcher die Form des Werkſtückes gegeben iſt. Dann ſtülpt man den Kaſten darüber, und füllt ihn mit Formſand, der gehörig feſtgeſtampft wird. Bei großen Gußſtücken iſt der Kaſten mit eiſernen Querrippen verſehen, um dem Sande größere Haltbarkeit zu verleihen. Kehrt man darauf den Kaſten um, ſo hat man in der Sandoberfläche einen vertieften Abdruck des Modells. Einen zweiten Kaſten von gleicher Größe ſtampft man ebenfalls mit Sand voll und ſetzt ihn als Oberkaſten darauf. Durch den Sand des Oberkaſtens geht ein Kanal, durch welchen das Metall eingegoſſen wird. Hat das Gußſtück kompliziertere Profile, iſt es namentlich geſchweift und ſo geſtaltet, daß man nach dem Guß die Form nicht ohne weiteres abnehmen kann, ſo ſchneidet man es der Dicke nach quer durch, formt jeden Teil einzeln und ſetzt dann die Formkäſten aufeinander, nachdem ihre Oberflächen mit Ziegelmehl beſtreut ſind, damit der Sand nicht zuſammenbacke. So werden z. B. Kugeln, Walzen und ähn- liche Gegenſtände geformt. Fig. 375 zeigt die zweiteilige Form einer Riemenſcheibe mit einem Kerne a b. Dieſe hölzernen oder eiſernen Käſten ſollen verhindern, daß die [Abbildung Fig. 375. Zweiteilige Gußform einer Riemenſcheibe.] Form durch den ſtarken Metall- oder Dampfdruck zerſprengt wird. Auch hier wird die Form vor dem Gebrauch mit Kohlenſtaub bepudert. Der Kaſtenguß wird außerordentlich häufig angewandt. Bei hohlen Gegenſtänden, Mörſern, Röhren u. dgl. wird in die den äußeren Umfang des Gußſtückes begrenzende Form noch eine zweite innere

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/651>, abgerufen am 28.03.2024.