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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Erfindung der Zeitmeßapparate.
freie Hemmung vor, die gerade für die Zwecke solcher genauer In-
strumente ausgedacht ist.

Diese müssen auch noch durch eine andere Vorsicht in ihrem Gange
gesichert sein. Man braucht sie vor allem für Reisezwecke, bei denen
man ja der Pendeluhren vollständig entraten muß, und besonders ist
der Seefahrer auf ihre Benützung angewiesen. Sie sollen ihm helfen,
die geographische Länge zu bestimmen, in der er sich gerade befindet.
Die Methode, nach der man dies vermag, ist im Jahre 1530 kurz nach
Erfindung der Taschenuhren von Gemma Frisius angegeben worden.
Wenn zwei Orte auf der Erde eine verschiedene geographische Länge
haben, so haben sie bekanntlich auch einen Zeitunterschied, und zwar
für jeden Grad Unterschied in der Länge 4 Minuten Zeitdifferenz.
Wenn man diese letztere kennt, so ist also auch der Längenunterschied
leicht zu finden. Man kann nun mit Hilfe eines astronomischen
Instrumentes sich leicht durch Beobachtung der Sonne oder eines Sternes
die Kenntnis der Zeit verschaffen an dem Orte, an dem man sich eben
befindet. Das Chronometer aber, mit dem man versehen ist, geht ja
noch nach der Zeit des Ortes, von dem man fortgefahren ist; so hat
man also sofort den Längenunterschied zwischen diesen beiden Orten.
Der Seemann wird es also seine höchste Sorge sein lassen müssen, ein
recht gleichmäßig gehendes Chronometer zu besitzen. Aber wir hörten

[Abbildung] Fig. 37.

Chronometerkompensation.

bereits, daß schon der Wechsel der Wärme
das Rad der Unruhe vergrößern und ver-
kleinern und damit den Uhrgang langsamer
oder schneller machen kann. Man muß
also der Wärme wieder entgegenwirken.
Das geschieht durch die sogenannte Kom-
pensation der Unruhe. Wir sehen das hier
verwendete Rad der Unruhe in der Fig. 37
abgebildet. Der Umkreis des Rades ist an
zwei Stellen m und n durchbrochen und die
Brücke a a' dient dazu, die beiden Teile des
Umkreises zusammenzuhalten. Diese Teile
sind nun ihrerseits jeder aus zwei Streifen
von verschiedenen Metallen, etwa aus Stahl
und Messing zusammengesetzt, wobei das
Metall, das sich stärker auszudehnen vermag, also hier das Messing,
außen zu liegen kommt. Da sich bei dieser Einrichtung das äußere
Metall nicht gehörig auszustrecken vermag, so wird es mit steigender
Wärme sich stärker krümmen müssen, und so werden sich viele Teile des
Umkreises der Radachse nähern, so daß die Ausdehnung des Rades durch
diese Nebenwirkung aufgehoben wird. Auf diesem Prinzipe beruht auch
das Metallthermometer, welches auf S. 26 beschrieben wurde.

Wir haben im Vorhergehenden eine Reihe von Einrichtungen
besprochen, durch die man im Laufe der Jahre die Zeitmeßapparate

Erfindung der Zeitmeßapparate.
freie Hemmung vor, die gerade für die Zwecke ſolcher genauer In-
ſtrumente ausgedacht iſt.

Dieſe müſſen auch noch durch eine andere Vorſicht in ihrem Gange
geſichert ſein. Man braucht ſie vor allem für Reiſezwecke, bei denen
man ja der Pendeluhren vollſtändig entraten muß, und beſonders iſt
der Seefahrer auf ihre Benützung angewieſen. Sie ſollen ihm helfen,
die geographiſche Länge zu beſtimmen, in der er ſich gerade befindet.
Die Methode, nach der man dies vermag, iſt im Jahre 1530 kurz nach
Erfindung der Taſchenuhren von Gemma Friſius angegeben worden.
Wenn zwei Orte auf der Erde eine verſchiedene geographiſche Länge
haben, ſo haben ſie bekanntlich auch einen Zeitunterſchied, und zwar
für jeden Grad Unterſchied in der Länge 4 Minuten Zeitdifferenz.
Wenn man dieſe letztere kennt, ſo iſt alſo auch der Längenunterſchied
leicht zu finden. Man kann nun mit Hilfe eines aſtronomiſchen
Inſtrumentes ſich leicht durch Beobachtung der Sonne oder eines Sternes
die Kenntnis der Zeit verſchaffen an dem Orte, an dem man ſich eben
befindet. Das Chronometer aber, mit dem man verſehen iſt, geht ja
noch nach der Zeit des Ortes, von dem man fortgefahren iſt; ſo hat
man alſo ſofort den Längenunterſchied zwiſchen dieſen beiden Orten.
Der Seemann wird es alſo ſeine höchſte Sorge ſein laſſen müſſen, ein
recht gleichmäßig gehendes Chronometer zu beſitzen. Aber wir hörten

[Abbildung] Fig. 37.

Chronometerkompenſation.

bereits, daß ſchon der Wechſel der Wärme
das Rad der Unruhe vergrößern und ver-
kleinern und damit den Uhrgang langſamer
oder ſchneller machen kann. Man muß
alſo der Wärme wieder entgegenwirken.
Das geſchieht durch die ſogenannte Kom-
penſation der Unruhe. Wir ſehen das hier
verwendete Rad der Unruhe in der Fig. 37
abgebildet. Der Umkreis des Rades iſt an
zwei Stellen m und n durchbrochen und die
Brücke a a' dient dazu, die beiden Teile des
Umkreiſes zuſammenzuhalten. Dieſe Teile
ſind nun ihrerſeits jeder aus zwei Streifen
von verſchiedenen Metallen, etwa aus Stahl
und Meſſing zuſammengeſetzt, wobei das
Metall, das ſich ſtärker auszudehnen vermag, alſo hier das Meſſing,
außen zu liegen kommt. Da ſich bei dieſer Einrichtung das äußere
Metall nicht gehörig auszuſtrecken vermag, ſo wird es mit ſteigender
Wärme ſich ſtärker krümmen müſſen, und ſo werden ſich viele Teile des
Umkreiſes der Radachſe nähern, ſo daß die Ausdehnung des Rades durch
dieſe Nebenwirkung aufgehoben wird. Auf dieſem Prinzipe beruht auch
das Metallthermometer, welches auf S. 26 beſchrieben wurde.

Wir haben im Vorhergehenden eine Reihe von Einrichtungen
beſprochen, durch die man im Laufe der Jahre die Zeitmeßapparate

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[48/0066] Erfindung der Zeitmeßapparate. freie Hemmung vor, die gerade für die Zwecke ſolcher genauer In- ſtrumente ausgedacht iſt. Dieſe müſſen auch noch durch eine andere Vorſicht in ihrem Gange geſichert ſein. Man braucht ſie vor allem für Reiſezwecke, bei denen man ja der Pendeluhren vollſtändig entraten muß, und beſonders iſt der Seefahrer auf ihre Benützung angewieſen. Sie ſollen ihm helfen, die geographiſche Länge zu beſtimmen, in der er ſich gerade befindet. Die Methode, nach der man dies vermag, iſt im Jahre 1530 kurz nach Erfindung der Taſchenuhren von Gemma Friſius angegeben worden. Wenn zwei Orte auf der Erde eine verſchiedene geographiſche Länge haben, ſo haben ſie bekanntlich auch einen Zeitunterſchied, und zwar für jeden Grad Unterſchied in der Länge 4 Minuten Zeitdifferenz. Wenn man dieſe letztere kennt, ſo iſt alſo auch der Längenunterſchied leicht zu finden. Man kann nun mit Hilfe eines aſtronomiſchen Inſtrumentes ſich leicht durch Beobachtung der Sonne oder eines Sternes die Kenntnis der Zeit verſchaffen an dem Orte, an dem man ſich eben befindet. Das Chronometer aber, mit dem man verſehen iſt, geht ja noch nach der Zeit des Ortes, von dem man fortgefahren iſt; ſo hat man alſo ſofort den Längenunterſchied zwiſchen dieſen beiden Orten. Der Seemann wird es alſo ſeine höchſte Sorge ſein laſſen müſſen, ein recht gleichmäßig gehendes Chronometer zu beſitzen. Aber wir hörten [Abbildung Fig. 37. Chronometerkompenſation.] bereits, daß ſchon der Wechſel der Wärme das Rad der Unruhe vergrößern und ver- kleinern und damit den Uhrgang langſamer oder ſchneller machen kann. Man muß alſo der Wärme wieder entgegenwirken. Das geſchieht durch die ſogenannte Kom- penſation der Unruhe. Wir ſehen das hier verwendete Rad der Unruhe in der Fig. 37 abgebildet. Der Umkreis des Rades iſt an zwei Stellen m und n durchbrochen und die Brücke a a' dient dazu, die beiden Teile des Umkreiſes zuſammenzuhalten. Dieſe Teile ſind nun ihrerſeits jeder aus zwei Streifen von verſchiedenen Metallen, etwa aus Stahl und Meſſing zuſammengeſetzt, wobei das Metall, das ſich ſtärker auszudehnen vermag, alſo hier das Meſſing, außen zu liegen kommt. Da ſich bei dieſer Einrichtung das äußere Metall nicht gehörig auszuſtrecken vermag, ſo wird es mit ſteigender Wärme ſich ſtärker krümmen müſſen, und ſo werden ſich viele Teile des Umkreiſes der Radachſe nähern, ſo daß die Ausdehnung des Rades durch dieſe Nebenwirkung aufgehoben wird. Auf dieſem Prinzipe beruht auch das Metallthermometer, welches auf S. 26 beſchrieben wurde. Wir haben im Vorhergehenden eine Reihe von Einrichtungen beſprochen, durch die man im Laufe der Jahre die Zeitmeßapparate

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/66>, abgerufen am 29.03.2024.