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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Metallverarbeitung.
liches Bestoßen zum Gebrauch fertig gemacht, Arbeiten, welche meist
durch Knaben, bald durch Handbetrieb ausgeführt werden, bald unter
Zuhilfenahme eigens konstruierter Maschinen.

Ohne die kostspieligen Stahlpatrizen stellt man sich Matrizen auch
über Typen auf galvanoplastischem Wege in Gestalt dünner Plättchen
her, die nachher mit Schriftmetall umgossen werden. Auf gleichem
Wege vervielfältigt man in Holz oder Metall geschnittene Zeichnungen,
z. B. Titelvignetten und dergl. Bei Stahl- und Kupferstichen prägt
oder preßt man das Original auch in Blei und stellt sich so eine
Matrize her. Diese Operationen bilden das eigentliche Abklatschen
oder Klischieren. Aus der Matrize wird die Type meist nicht durch
Guß hergestellt, sondern ebenfalls durch Pressen. Man läßt sie mittels
eines Fall- oder Schlagwerkes auf ein leichtflüssiges Metall nieder-
fallen in dem Augenblicke, wo dasselbe eben zu erstarren beginnt;
so hergestellte Abdrücke erhalten eine außerordentliche Schärfe und geben
das Original höchst getreu wieder. Beim Druck werden die Klischees
auf Holz genagelt oder auf Unterlagen von Schriftmetall gelötet.
Ähnlich verfährt man beim Stereotypieren. Stereotypen sind metallene
Formen zum Buchdruck, welche aus einer größeren Anzahl von Typen
zu einem Ganzen vereint sind, also nicht einzelne Typen, sondern
Typenplatten. Der aus Einzeltypen zusammengestellte Satz wird in
eine weiche Masse, Gips oder neuerdings meist feuchte Pappe ein-
gedrückt und dieser vertiefte Abdruck mit Schriftmetall gefüllt. Die so
gewonnene Stereotypplatte gleicht dann dem Schriftsatze vollkommen.
Der größeren Haltbarkeit wegen pflegt man dieselben zu vernickeln.
Näheres darüber lese man unter Buchdruck.

Über den Kunstguß aus Blei, zu dem die sogenannte Weichbronze
eine Mischung von Blei mit Antimon oder mit Antimon und Zinn
gehört, ist schon beim Zinkguß alles Erforderliche angedeutet, ins-
besondere auch über die Anwendung elastischer Leimformen.

Die Zinngießerei hat nicht die Bedeutung erlangt, wie sie der
Wichtigkeit des Metalls entspricht. Zinn besitzt eine schöne, fast silber-
weiße Farbe und bleibt unter den Einflüssen der Luft beinahe unver-
ändert, aber es ist selten und daher ziemlich teuer. Man vermischt
es meist mit Blei; doch ist überall der Bleigehalt desselben wegen
der giftigen Eigenschaften des Bleis strengen gesetzlichen Vorschriften
unterworfen, sobald es sich um Verwendung zu Gegenständen handelt,
in denen Nahrungsmittel bereitet oder aufbewahrt werden, wie Koch-
geschirre, Teller, Bierkrugdeckel u. s. w. Große Verbreitung hat
auch eine Mischung aus Zinn, Antimon und Kupfer, die unter dem
Namen Britannia-Metall bekannt ist, gefunden. Zum Gießen des
Zinnes bedient man sich der Sandformen überall da, wo ein
Modell vorhanden ist und nur wenige Abgüsse gemacht werden
sollen; handelt es sich, wie wohl meist beim Zinn, um Massenartikel,
so benutzt man bleibende Formen. Früher gebrauchte man vielfach einen

Die Metallverarbeitung.
liches Beſtoßen zum Gebrauch fertig gemacht, Arbeiten, welche meiſt
durch Knaben, bald durch Handbetrieb ausgeführt werden, bald unter
Zuhilfenahme eigens konſtruierter Maſchinen.

Ohne die koſtſpieligen Stahlpatrizen ſtellt man ſich Matrizen auch
über Typen auf galvanoplaſtiſchem Wege in Geſtalt dünner Plättchen
her, die nachher mit Schriftmetall umgoſſen werden. Auf gleichem
Wege vervielfältigt man in Holz oder Metall geſchnittene Zeichnungen,
z. B. Titelvignetten und dergl. Bei Stahl- und Kupferſtichen prägt
oder preßt man das Original auch in Blei und ſtellt ſich ſo eine
Matrize her. Dieſe Operationen bilden das eigentliche Abklatſchen
oder Kliſchieren. Aus der Matrize wird die Type meiſt nicht durch
Guß hergeſtellt, ſondern ebenfalls durch Preſſen. Man läßt ſie mittels
eines Fall- oder Schlagwerkes auf ein leichtflüſſiges Metall nieder-
fallen in dem Augenblicke, wo dasſelbe eben zu erſtarren beginnt;
ſo hergeſtellte Abdrücke erhalten eine außerordentliche Schärfe und geben
das Original höchſt getreu wieder. Beim Druck werden die Kliſchees
auf Holz genagelt oder auf Unterlagen von Schriftmetall gelötet.
Ähnlich verfährt man beim Stereotypieren. Stereotypen ſind metallene
Formen zum Buchdruck, welche aus einer größeren Anzahl von Typen
zu einem Ganzen vereint ſind, alſo nicht einzelne Typen, ſondern
Typenplatten. Der aus Einzeltypen zuſammengeſtellte Satz wird in
eine weiche Maſſe, Gips oder neuerdings meiſt feuchte Pappe ein-
gedrückt und dieſer vertiefte Abdruck mit Schriftmetall gefüllt. Die ſo
gewonnene Stereotypplatte gleicht dann dem Schriftſatze vollkommen.
Der größeren Haltbarkeit wegen pflegt man dieſelben zu vernickeln.
Näheres darüber leſe man unter Buchdruck.

Über den Kunſtguß aus Blei, zu dem die ſogenannte Weichbronze
eine Miſchung von Blei mit Antimon oder mit Antimon und Zinn
gehört, iſt ſchon beim Zinkguß alles Erforderliche angedeutet, ins-
beſondere auch über die Anwendung elaſtiſcher Leimformen.

Die Zinngießerei hat nicht die Bedeutung erlangt, wie ſie der
Wichtigkeit des Metalls entſpricht. Zinn beſitzt eine ſchöne, faſt ſilber-
weiße Farbe und bleibt unter den Einflüſſen der Luft beinahe unver-
ändert, aber es iſt ſelten und daher ziemlich teuer. Man vermiſcht
es meiſt mit Blei; doch iſt überall der Bleigehalt desſelben wegen
der giftigen Eigenſchaften des Bleis ſtrengen geſetzlichen Vorſchriften
unterworfen, ſobald es ſich um Verwendung zu Gegenſtänden handelt,
in denen Nahrungsmittel bereitet oder aufbewahrt werden, wie Koch-
geſchirre, Teller, Bierkrugdeckel u. ſ. w. Große Verbreitung hat
auch eine Miſchung aus Zinn, Antimon und Kupfer, die unter dem
Namen Britannia-Metall bekannt iſt, gefunden. Zum Gießen des
Zinnes bedient man ſich der Sandformen überall da, wo ein
Modell vorhanden iſt und nur wenige Abgüſſe gemacht werden
ſollen; handelt es ſich, wie wohl meiſt beim Zinn, um Maſſenartikel,
ſo benutzt man bleibende Formen. Früher gebrauchte man vielfach einen

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[642/0660] Die Metallverarbeitung. liches Beſtoßen zum Gebrauch fertig gemacht, Arbeiten, welche meiſt durch Knaben, bald durch Handbetrieb ausgeführt werden, bald unter Zuhilfenahme eigens konſtruierter Maſchinen. Ohne die koſtſpieligen Stahlpatrizen ſtellt man ſich Matrizen auch über Typen auf galvanoplaſtiſchem Wege in Geſtalt dünner Plättchen her, die nachher mit Schriftmetall umgoſſen werden. Auf gleichem Wege vervielfältigt man in Holz oder Metall geſchnittene Zeichnungen, z. B. Titelvignetten und dergl. Bei Stahl- und Kupferſtichen prägt oder preßt man das Original auch in Blei und ſtellt ſich ſo eine Matrize her. Dieſe Operationen bilden das eigentliche Abklatſchen oder Kliſchieren. Aus der Matrize wird die Type meiſt nicht durch Guß hergeſtellt, ſondern ebenfalls durch Preſſen. Man läßt ſie mittels eines Fall- oder Schlagwerkes auf ein leichtflüſſiges Metall nieder- fallen in dem Augenblicke, wo dasſelbe eben zu erſtarren beginnt; ſo hergeſtellte Abdrücke erhalten eine außerordentliche Schärfe und geben das Original höchſt getreu wieder. Beim Druck werden die Kliſchees auf Holz genagelt oder auf Unterlagen von Schriftmetall gelötet. Ähnlich verfährt man beim Stereotypieren. Stereotypen ſind metallene Formen zum Buchdruck, welche aus einer größeren Anzahl von Typen zu einem Ganzen vereint ſind, alſo nicht einzelne Typen, ſondern Typenplatten. Der aus Einzeltypen zuſammengeſtellte Satz wird in eine weiche Maſſe, Gips oder neuerdings meiſt feuchte Pappe ein- gedrückt und dieſer vertiefte Abdruck mit Schriftmetall gefüllt. Die ſo gewonnene Stereotypplatte gleicht dann dem Schriftſatze vollkommen. Der größeren Haltbarkeit wegen pflegt man dieſelben zu vernickeln. Näheres darüber leſe man unter Buchdruck. Über den Kunſtguß aus Blei, zu dem die ſogenannte Weichbronze eine Miſchung von Blei mit Antimon oder mit Antimon und Zinn gehört, iſt ſchon beim Zinkguß alles Erforderliche angedeutet, ins- beſondere auch über die Anwendung elaſtiſcher Leimformen. Die Zinngießerei hat nicht die Bedeutung erlangt, wie ſie der Wichtigkeit des Metalls entſpricht. Zinn beſitzt eine ſchöne, faſt ſilber- weiße Farbe und bleibt unter den Einflüſſen der Luft beinahe unver- ändert, aber es iſt ſelten und daher ziemlich teuer. Man vermiſcht es meiſt mit Blei; doch iſt überall der Bleigehalt desſelben wegen der giftigen Eigenſchaften des Bleis ſtrengen geſetzlichen Vorſchriften unterworfen, ſobald es ſich um Verwendung zu Gegenſtänden handelt, in denen Nahrungsmittel bereitet oder aufbewahrt werden, wie Koch- geſchirre, Teller, Bierkrugdeckel u. ſ. w. Große Verbreitung hat auch eine Miſchung aus Zinn, Antimon und Kupfer, die unter dem Namen Britannia-Metall bekannt iſt, gefunden. Zum Gießen des Zinnes bedient man ſich der Sandformen überall da, wo ein Modell vorhanden iſt und nur wenige Abgüſſe gemacht werden ſollen; handelt es ſich, wie wohl meiſt beim Zinn, um Maſſenartikel, ſo benutzt man bleibende Formen. Früher gebrauchte man vielfach einen

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/660>, abgerufen am 24.04.2024.