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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die Münzen. -- Die Nähnadeln.
geneigten hölzernen Tonne, die man um ihre Achse dreht, mit ver-
dünnter Schwefelsäure gebeizt, wo bei den Silbermünzen zugleich
ein Weißsieden stattfindet. Goldmünzen reinigt man auch wohl nach
dem Glühen nur in Seifenwasser, sie bleiben dann rötlich, während die
gebeizten eine schöne gelbe Farbe zeigen. Nach dem Beizen werden
die Münzen auf ein leinenes Tuch geschüttet und mit Bürsten trocken
gerieben, wobei sie zugleich Glanz erhalten. Der bei diesem Verfahren
entstehende Gewichtsverlust ist natürlich erfahrungsmäßig festgestellt und
beim Justieren bereits berücksichtigt. Jetzt geht es ans Prägen; erst der
Rand, wieder auf einem anderen Rändeleisen, das auf jeder Schiene
die Hälfte der Schrift oder Verzierung in umgekehrter Anordnung zeigt,
-- dann die Flächen auf einem Prägwerk. Dieses hat zwei einander
zugekehrte Stempel, jeden mit der entsprechenden Schrift oder Zahl in
umgekehrter Anordnung. Die Platte liegt auf dem unteren festen
Stempel und wird von dem oberen mit starkem Drucke gepreßt, so daß
gleichzeitig beide Seiten die Prägung erhalten. Hierbei wird die Münze
dünner und indem sie gezwungen wird, seitwärts auszuweichen, ver-
ändert sie auch ihre Form, so daß die Münzen nicht gleich groß er-
scheinen. Man sucht diesen Übelstand durch die Ringprägung zu ver-
meiden, indem man die Platte während des Prägens in einen Stahl-
ring einschließt, dessen innerer Durchmesser genau gleich dem Durchmesser
der Münze und des Stempels ist. Erhabene Schrift würde allerdings
hierbei verloren gehen, fast alle im Ringe geprägte Münzen haben
daher vertiefte Randschrift. Bei den kleineren Münzen benutzt man
den Kerbring. Die Prägestempel nutzen sich beim Gebrauch beträcht-
lich ab, und da die Prägung immer scharf sein soll, so sind sie nur für
eine beschränkte Anzahl Münzen, höchstens bis zu 500 000 Stück zu
benutzen und müssen dann durch neue ersetzt werden. Da ein solcher
aber sehr schwer herzustellen ist, er ist ja ein Kunstwerk im wahren
Sinne des Wortes, und seine Anfertigung lange Zeit in Anspruch
nimmt, so wird mit dem Originalstempel überhaupt nicht gearbeitet,
sondern dieser nur dazu benutzt, um einen Modellstempel herzustellen. Beide
sind aus bestem Gußstahl. Der Originalstempel wird in ein kräftiges
Prägewerk eingesetzt, und so langsam durch eine große Anzahl einzelner
Stöße der Modellstempel geprägt, der genau wie die Münze aus-
sieht. In derselben Weise werden nun mit dem Modellstempel die
eigentlichen Prägestempel hergestellt.

Die Nähnadeln.

Zur Herstellung derselben wird Stahldraht benutzt, wie ihn die
Drahtziehereien in Form von Ringen liefern. Ein solcher Ring wird
über eine große Trommel von etwa 1,5 m Durchmesser gerollt, so
daß abermals ein Ring entsteht, der aber sehr groß ist und gewöhn-
lich so etwa 100 Windungen enthält, die man auf zwei Seiten mit

Die Münzen. — Die Nähnadeln.
geneigten hölzernen Tonne, die man um ihre Achſe dreht, mit ver-
dünnter Schwefelſäure gebeizt, wo bei den Silbermünzen zugleich
ein Weißſieden ſtattfindet. Goldmünzen reinigt man auch wohl nach
dem Glühen nur in Seifenwaſſer, ſie bleiben dann rötlich, während die
gebeizten eine ſchöne gelbe Farbe zeigen. Nach dem Beizen werden
die Münzen auf ein leinenes Tuch geſchüttet und mit Bürſten trocken
gerieben, wobei ſie zugleich Glanz erhalten. Der bei dieſem Verfahren
entſtehende Gewichtsverluſt iſt natürlich erfahrungsmäßig feſtgeſtellt und
beim Juſtieren bereits berückſichtigt. Jetzt geht es ans Prägen; erſt der
Rand, wieder auf einem anderen Rändeleiſen, das auf jeder Schiene
die Hälfte der Schrift oder Verzierung in umgekehrter Anordnung zeigt,
— dann die Flächen auf einem Prägwerk. Dieſes hat zwei einander
zugekehrte Stempel, jeden mit der entſprechenden Schrift oder Zahl in
umgekehrter Anordnung. Die Platte liegt auf dem unteren feſten
Stempel und wird von dem oberen mit ſtarkem Drucke gepreßt, ſo daß
gleichzeitig beide Seiten die Prägung erhalten. Hierbei wird die Münze
dünner und indem ſie gezwungen wird, ſeitwärts auszuweichen, ver-
ändert ſie auch ihre Form, ſo daß die Münzen nicht gleich groß er-
ſcheinen. Man ſucht dieſen Übelſtand durch die Ringprägung zu ver-
meiden, indem man die Platte während des Prägens in einen Stahl-
ring einſchließt, deſſen innerer Durchmeſſer genau gleich dem Durchmeſſer
der Münze und des Stempels iſt. Erhabene Schrift würde allerdings
hierbei verloren gehen, faſt alle im Ringe geprägte Münzen haben
daher vertiefte Randſchrift. Bei den kleineren Münzen benutzt man
den Kerbring. Die Prägeſtempel nutzen ſich beim Gebrauch beträcht-
lich ab, und da die Prägung immer ſcharf ſein ſoll, ſo ſind ſie nur für
eine beſchränkte Anzahl Münzen, höchſtens bis zu 500 000 Stück zu
benutzen und müſſen dann durch neue erſetzt werden. Da ein ſolcher
aber ſehr ſchwer herzuſtellen iſt, er iſt ja ein Kunſtwerk im wahren
Sinne des Wortes, und ſeine Anfertigung lange Zeit in Anſpruch
nimmt, ſo wird mit dem Originalſtempel überhaupt nicht gearbeitet,
ſondern dieſer nur dazu benutzt, um einen Modellſtempel herzuſtellen. Beide
ſind aus beſtem Gußſtahl. Der Originalſtempel wird in ein kräftiges
Prägewerk eingeſetzt, und ſo langſam durch eine große Anzahl einzelner
Stöße der Modellſtempel geprägt, der genau wie die Münze aus-
ſieht. In derſelben Weiſe werden nun mit dem Modellſtempel die
eigentlichen Prägeſtempel hergeſtellt.

Die Nähnadeln.

Zur Herſtellung derſelben wird Stahldraht benutzt, wie ihn die
Drahtziehereien in Form von Ringen liefern. Ein ſolcher Ring wird
über eine große Trommel von etwa 1,5 m Durchmeſſer gerollt, ſo
daß abermals ein Ring entſteht, der aber ſehr groß iſt und gewöhn-
lich ſo etwa 100 Windungen enthält, die man auf zwei Seiten mit

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[687/0705] Die Münzen. — Die Nähnadeln. geneigten hölzernen Tonne, die man um ihre Achſe dreht, mit ver- dünnter Schwefelſäure gebeizt, wo bei den Silbermünzen zugleich ein Weißſieden ſtattfindet. Goldmünzen reinigt man auch wohl nach dem Glühen nur in Seifenwaſſer, ſie bleiben dann rötlich, während die gebeizten eine ſchöne gelbe Farbe zeigen. Nach dem Beizen werden die Münzen auf ein leinenes Tuch geſchüttet und mit Bürſten trocken gerieben, wobei ſie zugleich Glanz erhalten. Der bei dieſem Verfahren entſtehende Gewichtsverluſt iſt natürlich erfahrungsmäßig feſtgeſtellt und beim Juſtieren bereits berückſichtigt. Jetzt geht es ans Prägen; erſt der Rand, wieder auf einem anderen Rändeleiſen, das auf jeder Schiene die Hälfte der Schrift oder Verzierung in umgekehrter Anordnung zeigt, — dann die Flächen auf einem Prägwerk. Dieſes hat zwei einander zugekehrte Stempel, jeden mit der entſprechenden Schrift oder Zahl in umgekehrter Anordnung. Die Platte liegt auf dem unteren feſten Stempel und wird von dem oberen mit ſtarkem Drucke gepreßt, ſo daß gleichzeitig beide Seiten die Prägung erhalten. Hierbei wird die Münze dünner und indem ſie gezwungen wird, ſeitwärts auszuweichen, ver- ändert ſie auch ihre Form, ſo daß die Münzen nicht gleich groß er- ſcheinen. Man ſucht dieſen Übelſtand durch die Ringprägung zu ver- meiden, indem man die Platte während des Prägens in einen Stahl- ring einſchließt, deſſen innerer Durchmeſſer genau gleich dem Durchmeſſer der Münze und des Stempels iſt. Erhabene Schrift würde allerdings hierbei verloren gehen, faſt alle im Ringe geprägte Münzen haben daher vertiefte Randſchrift. Bei den kleineren Münzen benutzt man den Kerbring. Die Prägeſtempel nutzen ſich beim Gebrauch beträcht- lich ab, und da die Prägung immer ſcharf ſein ſoll, ſo ſind ſie nur für eine beſchränkte Anzahl Münzen, höchſtens bis zu 500 000 Stück zu benutzen und müſſen dann durch neue erſetzt werden. Da ein ſolcher aber ſehr ſchwer herzuſtellen iſt, er iſt ja ein Kunſtwerk im wahren Sinne des Wortes, und ſeine Anfertigung lange Zeit in Anſpruch nimmt, ſo wird mit dem Originalſtempel überhaupt nicht gearbeitet, ſondern dieſer nur dazu benutzt, um einen Modellſtempel herzuſtellen. Beide ſind aus beſtem Gußſtahl. Der Originalſtempel wird in ein kräftiges Prägewerk eingeſetzt, und ſo langſam durch eine große Anzahl einzelner Stöße der Modellſtempel geprägt, der genau wie die Münze aus- ſieht. In derſelben Weiſe werden nun mit dem Modellſtempel die eigentlichen Prägeſtempel hergeſtellt. Die Nähnadeln. Zur Herſtellung derſelben wird Stahldraht benutzt, wie ihn die Drahtziehereien in Form von Ringen liefern. Ein ſolcher Ring wird über eine große Trommel von etwa 1,5 m Durchmeſſer gerollt, ſo daß abermals ein Ring entſteht, der aber ſehr groß iſt und gewöhn- lich ſo etwa 100 Windungen enthält, die man auf zwei Seiten mit

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 687. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/705>, abgerufen am 25.04.2024.