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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Der Straß. -- Das Färben der Gläser.
dem folgenden ganz kurz zusammengefaßt werden sollen. Es ist dies
die Herstellung der überwiegend Luxuszwecken dienenden Glaswaren,
unter welchen manche wichtige Artikel des Welthandels bilden.

Gefärbte Gläser können entweder durch Färben in der ganzen
Masse gewonnen werden oder durch sogenanntes "Überfangen" des farblos
bleibenden Glases mit einer dünnen Schicht gefärbten Flusses. Das
erstere geschieht, indem man dem Glase den färbenden Bestandteil,
gewöhnlich ein Metalloxyd, sogleich bei der Fabrikation einverleibt.
Gelbes Glas erhält man durch Zusatz von antimoniger Säure oder
von Chlorsilber; rotes am schönsten durch Überfangen der fertigen
farblosen Waren mit einem durch Kupferoxydul rot gefärbten Glase,
welches übrigens nach dem Erkalten noch farblos bleibt und erst durch
neues schwaches Anwärmen seine prächtige Rubinfarbe erhält. Aus
so behandelten Waren kann man durch teilweises Wegschleifen der
Überfangschicht sehr schön gemusterte und geschätzte Stücke herstellen.
Andere rote Nuancen giebt Eisenoxyd und Goldpurpur. Das erstere
färbt bräunlich, der letztere, durch Fällen einer Goldlösung mit Zinn-
chlorürchlorid erhalten, rosa- bis karminrot. Violett färbt man in der
Masse mit Braunstein; grün mittelst Eisenoxydul, schöner mittelst Kupfer-
oxyd oder Chromoxyd. Ein schönes und reines Blau wird nur durch
Kobaltoxydul erhalten. Die prächtige Farbe desselben hat bewirkt,
daß man besondere Fabriken zum Zwecke der Darstellung feingemahlenen
blauen Glases angelegt hat und dieses letztere unter dem Namen
Smalte als Farbmaterial in der Glas- und Porzellanmalerei ver-
wendet. Diese Industrie ist bereits seit dem 16. Jahrhundert bekannt
und wird besonders in Sachsen betrieben, wo man die häufig anstehenden
Kobalterze direkt auf diesem Wege ausbeutet. Man röstet die Erze,
um sie zu oxydieren und verglast sie dann durch Schmelzen mit Alkali
und Kieselerde. Es folgt endlich das Mahlen und Schlemmen der
fertigen Smalte. Außer zu Malereizwecken wird die Smalte auch
als dauerhafte Anstrichfarbe, sowie zum Bläuen des Papiers, der
Wäsche u. s. w. gebraucht. -- Das sogenannte Milchglas, welches zu
Lampenglocken und dergleichen verarbeitet wird, ist dem Email ähnlich,
wird aber erhalten, indem man dem gewöhnlichen Glassatz bis zu
20 % weiß gebrannte Knochen zusetzt (Beinglas); auch hier ist der
Fluß klar und die Undurchsichtigkeit entsteht erst beim Blasen und
Anwärmen der Stücke.

Hämatinon- und Aventuringlas sind halbdurchsichtige Gläser mit
glänzenden Flittern in der Masse. Es sind Kupferoxydulgläser, in
welchen die Kieselsäure bedeutend überwiegt und das Kupferoxydul
zum Teil durch Zusatz einer reduzierenden Substanz als metallisches
Kupfer ausgeschieden ist. Das ähnliche, aber farblose Perlmutterglas
enthält eingestreut glänzende Glimmerblättchen, während das Filigran-
glas in farblosem oder schwach gefärbtem Fluß anders gefärbte
Fäden zeigt.

Der Straß. — Das Färben der Gläſer.
dem folgenden ganz kurz zuſammengefaßt werden ſollen. Es iſt dies
die Herſtellung der überwiegend Luxuszwecken dienenden Glaswaren,
unter welchen manche wichtige Artikel des Welthandels bilden.

Gefärbte Gläſer können entweder durch Färben in der ganzen
Maſſe gewonnen werden oder durch ſogenanntes „Überfangen“ des farblos
bleibenden Glaſes mit einer dünnen Schicht gefärbten Fluſſes. Das
erſtere geſchieht, indem man dem Glaſe den färbenden Beſtandteil,
gewöhnlich ein Metalloxyd, ſogleich bei der Fabrikation einverleibt.
Gelbes Glas erhält man durch Zuſatz von antimoniger Säure oder
von Chlorſilber; rotes am ſchönſten durch Überfangen der fertigen
farbloſen Waren mit einem durch Kupferoxydul rot gefärbten Glaſe,
welches übrigens nach dem Erkalten noch farblos bleibt und erſt durch
neues ſchwaches Anwärmen ſeine prächtige Rubinfarbe erhält. Aus
ſo behandelten Waren kann man durch teilweiſes Wegſchleifen der
Überfangſchicht ſehr ſchön gemuſterte und geſchätzte Stücke herſtellen.
Andere rote Nuancen giebt Eiſenoxyd und Goldpurpur. Das erſtere
färbt bräunlich, der letztere, durch Fällen einer Goldlöſung mit Zinn-
chlorürchlorid erhalten, roſa- bis karminrot. Violett färbt man in der
Maſſe mit Braunſtein; grün mittelſt Eiſenoxydul, ſchöner mittelſt Kupfer-
oxyd oder Chromoxyd. Ein ſchönes und reines Blau wird nur durch
Kobaltoxydul erhalten. Die prächtige Farbe desſelben hat bewirkt,
daß man beſondere Fabriken zum Zwecke der Darſtellung feingemahlenen
blauen Glaſes angelegt hat und dieſes letztere unter dem Namen
Smalte als Farbmaterial in der Glas- und Porzellanmalerei ver-
wendet. Dieſe Induſtrie iſt bereits ſeit dem 16. Jahrhundert bekannt
und wird beſonders in Sachſen betrieben, wo man die häufig anſtehenden
Kobalterze direkt auf dieſem Wege ausbeutet. Man röſtet die Erze,
um ſie zu oxydieren und verglaſt ſie dann durch Schmelzen mit Alkali
und Kieſelerde. Es folgt endlich das Mahlen und Schlemmen der
fertigen Smalte. Außer zu Malereizwecken wird die Smalte auch
als dauerhafte Anſtrichfarbe, ſowie zum Bläuen des Papiers, der
Wäſche u. ſ. w. gebraucht. — Das ſogenannte Milchglas, welches zu
Lampenglocken und dergleichen verarbeitet wird, iſt dem Email ähnlich,
wird aber erhalten, indem man dem gewöhnlichen Glasſatz bis zu
20 % weiß gebrannte Knochen zuſetzt (Beinglas); auch hier iſt der
Fluß klar und die Undurchſichtigkeit entſteht erſt beim Blaſen und
Anwärmen der Stücke.

Hämatinon- und Aventuringlas ſind halbdurchſichtige Gläſer mit
glänzenden Flittern in der Maſſe. Es ſind Kupferoxydulgläſer, in
welchen die Kieſelſäure bedeutend überwiegt und das Kupferoxydul
zum Teil durch Zuſatz einer reduzierenden Subſtanz als metalliſches
Kupfer ausgeſchieden iſt. Das ähnliche, aber farbloſe Perlmutterglas
enthält eingeſtreut glänzende Glimmerblättchen, während das Filigran-
glas in farbloſem oder ſchwach gefärbtem Fluß anders gefärbte
Fäden zeigt.

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[869/0887] Der Straß. — Das Färben der Gläſer. dem folgenden ganz kurz zuſammengefaßt werden ſollen. Es iſt dies die Herſtellung der überwiegend Luxuszwecken dienenden Glaswaren, unter welchen manche wichtige Artikel des Welthandels bilden. Gefärbte Gläſer können entweder durch Färben in der ganzen Maſſe gewonnen werden oder durch ſogenanntes „Überfangen“ des farblos bleibenden Glaſes mit einer dünnen Schicht gefärbten Fluſſes. Das erſtere geſchieht, indem man dem Glaſe den färbenden Beſtandteil, gewöhnlich ein Metalloxyd, ſogleich bei der Fabrikation einverleibt. Gelbes Glas erhält man durch Zuſatz von antimoniger Säure oder von Chlorſilber; rotes am ſchönſten durch Überfangen der fertigen farbloſen Waren mit einem durch Kupferoxydul rot gefärbten Glaſe, welches übrigens nach dem Erkalten noch farblos bleibt und erſt durch neues ſchwaches Anwärmen ſeine prächtige Rubinfarbe erhält. Aus ſo behandelten Waren kann man durch teilweiſes Wegſchleifen der Überfangſchicht ſehr ſchön gemuſterte und geſchätzte Stücke herſtellen. Andere rote Nuancen giebt Eiſenoxyd und Goldpurpur. Das erſtere färbt bräunlich, der letztere, durch Fällen einer Goldlöſung mit Zinn- chlorürchlorid erhalten, roſa- bis karminrot. Violett färbt man in der Maſſe mit Braunſtein; grün mittelſt Eiſenoxydul, ſchöner mittelſt Kupfer- oxyd oder Chromoxyd. Ein ſchönes und reines Blau wird nur durch Kobaltoxydul erhalten. Die prächtige Farbe desſelben hat bewirkt, daß man beſondere Fabriken zum Zwecke der Darſtellung feingemahlenen blauen Glaſes angelegt hat und dieſes letztere unter dem Namen Smalte als Farbmaterial in der Glas- und Porzellanmalerei ver- wendet. Dieſe Induſtrie iſt bereits ſeit dem 16. Jahrhundert bekannt und wird beſonders in Sachſen betrieben, wo man die häufig anſtehenden Kobalterze direkt auf dieſem Wege ausbeutet. Man röſtet die Erze, um ſie zu oxydieren und verglaſt ſie dann durch Schmelzen mit Alkali und Kieſelerde. Es folgt endlich das Mahlen und Schlemmen der fertigen Smalte. Außer zu Malereizwecken wird die Smalte auch als dauerhafte Anſtrichfarbe, ſowie zum Bläuen des Papiers, der Wäſche u. ſ. w. gebraucht. — Das ſogenannte Milchglas, welches zu Lampenglocken und dergleichen verarbeitet wird, iſt dem Email ähnlich, wird aber erhalten, indem man dem gewöhnlichen Glasſatz bis zu 20 % weiß gebrannte Knochen zuſetzt (Beinglas); auch hier iſt der Fluß klar und die Undurchſichtigkeit entſteht erſt beim Blaſen und Anwärmen der Stücke. Hämatinon- und Aventuringlas ſind halbdurchſichtige Gläſer mit glänzenden Flittern in der Maſſe. Es ſind Kupferoxydulgläſer, in welchen die Kieſelſäure bedeutend überwiegt und das Kupferoxydul zum Teil durch Zuſatz einer reduzierenden Subſtanz als metalliſches Kupfer ausgeſchieden iſt. Das ähnliche, aber farbloſe Perlmutterglas enthält eingeſtreut glänzende Glimmerblättchen, während das Filigran- glas in farbloſem oder ſchwach gefärbtem Fluß anders gefärbte Fäden zeigt.

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 869. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/887>, abgerufen am 28.03.2024.