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Sanders, Daniel: Aus der Werkstatt eines Wörterbuchschreibers. Plaudereien. Berlin, 1889.

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Wortes Sommerabend ist durch das Vorangegangene
bereits erledigt. Darum steht unter diesem Wort auch
die Hinweisung: "s. o.", aber mit der Hinzufügung:
"auch der Punkt am Himmel, wo die Sonne beim
Anfang des Sommers untergeht", und danach genügt
kurz darauf bei Winterabend der Hinweis: siehe
Sommer-A., wie andrerseits (s. o.) unter Sonnabend
der bloße in eckige Klammern gesetzte Hinweis aus-
reicht: [3 und Anm.].

Man ersieht aus dem Gesagten, welche Vortheile
die von mir gewählte Anordnungsweise, die Zusammen-
setzungen unter ihrem Grundworte zu behandeln in
Bezug auf Kürze und innere Vollständigkeit gewährt,
aber außerdem schützt sie auch den Wörterbuchschreiber,
weil er mit dem Grundworte zugleich die ganze Fülle
der Zusammensetzungen überblickt, weit mehr vor der
Gefahr, Sachen, welche eine Besprechung verdienen
oder erheischen, zu übersehen und an der gehörigen
Stelle unbesprochen zu lassen.

So ist es z. B. sehr auffällig und befremdend,
dass unter Abend in dem Grimm'schen Wörterbuch
die Verbindung "der heilige Abend" im Sinne von
Vorabend (la veille) ganz unerwähnt geblieben ist,
zumal doch schon Frisch, Adelung, Campe etc. diese
Anwendung aufgeführt haben und außerdem (s. o.)

Wortes Sommerabend iſt durch das Vorangegangene
bereits erledigt. Darum ſteht unter dieſem Wort auch
die Hinweiſung: „ſ. o.“, aber mit der Hinzufügung:
„auch der Punkt am Himmel, wo die Sonne beim
Anfang des Sommers untergeht“, und danach genügt
kurz darauf bei Winterabend der Hinweis: ſiehe
Sommer-A., wie andrerſeits (ſ. o.) unter Sonnabend
der bloße in eckige Klammern geſetzte Hinweis aus-
reicht: [3 und Anm.].

Man erſieht aus dem Geſagten, welche Vortheile
die von mir gewählte Anordnungsweiſe, die Zuſammen-
ſetzungen unter ihrem Grundworte zu behandeln in
Bezug auf Kürze und innere Vollſtändigkeit gewährt,
aber außerdem ſchützt ſie auch den Wörterbuchſchreiber,
weil er mit dem Grundworte zugleich die ganze Fülle
der Zuſammenſetzungen überblickt, weit mehr vor der
Gefahr, Sachen, welche eine Beſprechung verdienen
oder erheiſchen, zu überſehen und an der gehörigen
Stelle unbeſprochen zu laſſen.

So iſt es z. B. ſehr auffällig und befremdend,
daſs unter Abend in dem Grimm’ſchen Wörterbuch
die Verbindung „der heilige Abend“ im Sinne von
Vorabend (la veille) ganz unerwähnt geblieben iſt,
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[53/0081] Wortes Sommerabend iſt durch das Vorangegangene bereits erledigt. Darum ſteht unter dieſem Wort auch die Hinweiſung: „ſ. o.“, aber mit der Hinzufügung: „auch der Punkt am Himmel, wo die Sonne beim Anfang des Sommers untergeht“, und danach genügt kurz darauf bei Winterabend der Hinweis: ſiehe Sommer-A., wie andrerſeits (ſ. o.) unter Sonnabend der bloße in eckige Klammern geſetzte Hinweis aus- reicht: [3 und Anm.]. Man erſieht aus dem Geſagten, welche Vortheile die von mir gewählte Anordnungsweiſe, die Zuſammen- ſetzungen unter ihrem Grundworte zu behandeln in Bezug auf Kürze und innere Vollſtändigkeit gewährt, aber außerdem ſchützt ſie auch den Wörterbuchſchreiber, weil er mit dem Grundworte zugleich die ganze Fülle der Zuſammenſetzungen überblickt, weit mehr vor der Gefahr, Sachen, welche eine Beſprechung verdienen oder erheiſchen, zu überſehen und an der gehörigen Stelle unbeſprochen zu laſſen. So iſt es z. B. ſehr auffällig und befremdend, daſs unter Abend in dem Grimm’ſchen Wörterbuch die Verbindung „der heilige Abend“ im Sinne von Vorabend (la veille) ganz unerwähnt geblieben iſt, zumal doch ſchon Friſch, Adelung, Campe ꝛc. dieſe Anwendung aufgeführt haben und außerdem (ſ. o.)

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Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Aus der Werkstatt eines Wörterbuchschreibers. Plaudereien. Berlin, 1889, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_woerterbuchschreiber_1889/81>, abgerufen am 24.04.2024.