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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,1. Nürnberg, 1675.

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Das XIV Capitel.
Von
Der Farben Ursprung/ Natur
und Bedeutung.

Innhalt.

Das Liecht entdecket/ und die Finsternis verdecket/ alle Dinge. Zweyerley Farben/ natürliche/ und durch Kunst erfundene. Liecht und Schatten/ sind die Hauptfarben der Welt/ und der Mahlerey Grundfarben. Schwarz auf Weiß/ belehret jederman/ und erhält die Mensch-Gesellschaft. Weisse und Schwärze/ macht die Farben edel oder unedel. Vorzeiten hat man/ nur vier Farben/ gezehlet und gebrauchet. Die Sieben Hauptfarben. Zur Mahlerey/ sind viel Farben erfunden. Bewährte Oelfarben/ Schulpwitt oder Schulpweiß/ Ocker Gelb/ Braun Roht/ Terra verda, Lack eine schwache Farbe/ Schitt Gelb flüchtig/ Ombra Erdig/ BeinSchwarz/ KienSchwarz/ unbeständig/ Blau- und KohlSchwarz/ Ultramarina eine perfecte Farbe/ Teutsch- und Berg-Blau vergänglich/ BleyGelb und Mennig. Ein Mahler/ soll der Farben Deutung wissen. Bedeutung von Weiß/ Gelb/ Blau/ Roht/ (samt Leibfarb und Purpur) Grün/ Braun und Schwarz. Mischfarben/ haben die Deutung ihrer Hauptfarben.

[Spaltenumbruch]

Das Liecht entdecket/IM Anfang/ als der weise Schöpfer alle Dinge/ was wir mit den Augen sehen/ hervorgebracht/ hat er erstlich/ durch hervorruffung des Liechtes/ das Chaos oder den vermängten Klumpen/ aus welchem alles erschaffen worden/ entdecket. In diesem Chaos, waren damals alle Farben beysammen und durch einander vermänget/ bis sie von einander gesondert worden. Nachdem auch alle Dinge ihre Gestalt bekommen/ werden sie und die Finsternis verdecket alle Dinge. doch durch die Nacht-Finsternis wieder verdecket/ und müßen täglich durch das Tagliecht wieder sichtbar werden. Also haben wir es allein dem Liecht zu danken/ daß wir alle Dinge in ihrer Farbe sehen. Daher etliche in die irr-Meinung gerahten/ als ob alle Farben in dem Liecht steckten: welches nicht seyn kan/ weil also alles weiß erscheinen müste/ und das Liecht keine andere Farbe geben kan/ als die es selber hat.

Zweyerley Farben natürliche und die durch Kunst erstandene.Es sind aber ingemein zweyerley Farben. Die erste ist die natürliche/ so einem jeden Ding angeschaffen ist/ worbey man es von andern unterscheidet und kennet/ wie insonderheit bey den Metallen geschihet. Die andere/ ist die jenige/ so durch Verstand und Kunst der Menschen/ durch Mischung der andern/ erfunden wird. Gleichwie aber der Schöpfer/ im Ausang/ das Liecht und Finsternis von einander geschieden hat/ und die Natur zwischen diese zwo Farben/ als zwischen zween Angel/ Liecht und Schatten/ sind die Haupt Farben der Welt/ und der Mahlerey Grund-Farben. gehänget hat: also sind sie wol die zwo Haupt-Farben der Welt/ und in der Mahlerey die beyde Grund-Farben. Dann allein durch Weiß und Schwarz kan ein Künstler alle Dinge/ ohne Behuff anderer Farben/ in Liecht und Schatten hervorbringen/ wann er/ die Vertieff- und Erhöhung[Spaltenumbruch] beobachtend/ alles wol rundiret/ und jedes nach seiner Maß herzukommen oder sich abverlieren machet. Die Schwärze und Weiße/ kan alle Geschöpfe ungestalt oder schön/ verhaßt oder lieb angenehm machen. Es sind/ diese zwo Farben/ das Leben Schwarz auf Weiß/ belehret jederman/ un erhält die Mensch-gesellschaft. der Edlen Schreib- und Druckerey- Kunst: da/ durch Schwarz und Weiß/ der Mensch in Künsten/ Historien und Wissenschaften unterrichtet/ auch die Menschliche Gesellschaft dadurch erhalten wird/ indeme man die Geschäfte und Handlungen hiermit verbriefet/ auch vermittels dessen/ weit von einander entfernte Personen/ mit einander reden und conversiren können.

Weiße und Schwärze/ macht die Farben edel oder unedel.Von den Farben etwas gründlicher zu reden/ so ist zu erwehnen/ daß die Weiße für die nobelste/ hingegen die Schwarze für die unedelste gehalten wird: maßen auch die andere ihre Würde und Unwürde daher bekommen/ je mehr sie dem Weiß oder Schwarz nahe tretten oder verwandt sind. Vorzeiten Vorzeiten hat man/ nur vier Farben/ gezehlet und gebrauchet. hat man/ nach der Elementen Anzahl/ nur vier Farben gezehlet: maßen Aristoteles allein Weiß/ Schwarz/ Gelb und Roht benennet. Also hat man auch anfangs bey den Griechen/ wie Euphranor und andere melden/ nur mit vier Farben gemahlet: woraus fast zu vermuhten/ weil sie ja das Blau am Himmel und das Grüne an Laub und Gras gesehen/ und daher diese beyde nicht können ausgeschlossen haben/ sie müßen Schwarz und Weiß/ als Liecht und Schatten/ nicht hierunter/ sondern allein die vier bunte Farben/ als Roht/ Gelb/ Blau und Grün/ damit verstanden haben. Dann wie solten sie allein mit zweyen von diesen letzern/ alles haben mahlen und ausbilden können? Es erscheinet aber nicht/ wie man/ besagte vier Farben Aristotelis, mit den Elementen vergleichen könne: weil zwar Roht und Schwarz dem Feuer

Das XIV Capitel.
Von
Der Farben Ursprung/ Natur
und Bedeutung.

Innhalt.

Das Liecht entdecket/ und die Finsternis verdecket/ alle Dinge. Zweyerley Farben/ natürliche/ und durch Kunst erfundene. Liecht und Schatten/ sind die Hauptfarben der Welt/ und der Mahlerey Grundfarben. Schwarz auf Weiß/ belehret jederman/ und erhält die Mensch-Gesellschaft. Weisse und Schwärze/ macht die Farben edel oder unedel. Vorzeiten hat man/ nur vier Farben/ gezehlet und gebrauchet. Die Sieben Hauptfarben. Zur Mahlerey/ sind viel Farben erfunden. Bewährte Oelfarben/ Schulpwitt oder Schulpweiß/ Ocker Gelb/ Braun Roht/ Terra verda, Lack eine schwache Farbe/ Schitt Gelb flüchtig/ Ombra Erdig/ BeinSchwarz/ KienSchwarz/ unbeständig/ Blau- und KohlSchwarz/ Ultramarina eine perfecte Farbe/ Teutsch- und Berg-Blau vergänglich/ BleyGelb und Mennig. Ein Mahler/ soll der Farben Deutung wissen. Bedeutung von Weiß/ Gelb/ Blau/ Roht/ (samt Leibfarb und Purpur) Grün/ Braun und Schwarz. Mischfarben/ haben die Deutung ihrer Hauptfarben.

[Spaltenumbruch]

Das Liecht entdecket/IM Anfang/ als der weise Schöpfer alle Dinge/ was wir mit den Augen sehen/ hervorgebracht/ hat er erstlich/ durch hervorruffung des Liechtes/ das Chaos oder den vermängten Klumpen/ aus welchem alles erschaffen worden/ entdecket. In diesem Chaos, waren damals alle Farben beysammen und durch einander vermänget/ bis sie von einander gesondert worden. Nachdem auch alle Dinge ihre Gestalt bekommen/ werden sie und die Finsternis verdecket alle Dinge. doch durch die Nacht-Finsternis wieder verdecket/ und müßen täglich durch das Tagliecht wieder sichtbar werden. Also haben wir es allein dem Liecht zu danken/ daß wir alle Dinge in ihrer Farbe sehen. Daher etliche in die irr-Meinung gerahten/ als ob alle Farben in dem Liecht steckten: welches nicht seyn kan/ weil also alles weiß erscheinen müste/ und das Liecht keine andere Farbe geben kan/ als die es selber hat.

Zweyerley Farben natürliche und die durch Kunst erstandene.Es sind aber ingemein zweyerley Farben. Die erste ist die natürliche/ so einem jeden Ding angeschaffen ist/ worbey man es von andern unterscheidet und kennet/ wie insonderheit bey den Metallen geschihet. Die andere/ ist die jenige/ so durch Verstand und Kunst der Menschen/ durch Mischung der andern/ erfunden wird. Gleichwie aber der Schöpfer/ im Ausang/ das Liecht und Finsternis von einander geschieden hat/ und die Natur zwischen diese zwo Farben/ als zwischen zween Angel/ Liecht und Schatten/ sind die Haupt Farben der Welt/ und der Mahlerey Grund-Farben. gehänget hat: also sind sie wol die zwo Haupt-Farben der Welt/ und in der Mahlerey die beyde Grund-Farben. Dann allein durch Weiß und Schwarz kan ein Künstler alle Dinge/ ohne Behuff anderer Farben/ in Liecht und Schatten hervorbringen/ wann er/ die Vertieff- und Erhöhung[Spaltenumbruch] beobachtend/ alles wol rundiret/ und jedes nach seiner Maß herzukommen oder sich abverlieren machet. Die Schwärze und Weiße/ kan alle Geschöpfe ungestalt oder schön/ verhaßt oder lieb angenehm machen. Es sind/ diese zwo Farben/ das Leben Schwarz auf Weiß/ belehret jederman/ un erhält die Mensch-gesellschaft. der Edlen Schreib- und Druckerey- Kunst: da/ durch Schwarz und Weiß/ der Mensch in Künsten/ Historien und Wissenschaften unterrichtet/ auch die Menschliche Gesellschaft dadurch erhalten wird/ indeme man die Geschäfte und Handlungen hiermit verbriefet/ auch vermittels dessen/ weit von einander entfernte Personen/ mit einander reden und conversiren können.

Weiße und Schwärze/ macht die Farben edel oder unedel.Von den Farben etwas gründlicher zu reden/ so ist zu erwehnen/ daß die Weiße für die nobelste/ hingegen die Schwarze für die unedelste gehalten wird: maßen auch die andere ihre Würde und Unwürde daher bekommen/ je mehr sie dem Weiß oder Schwarz nahe tretten oder verwandt sind. Vorzeiten Vorzeiten hat man/ nur vier Farben/ gezehlet und gebrauchet. hat man/ nach der Elementen Anzahl/ nur vier Farben gezehlet: maßen Aristoteles allein Weiß/ Schwarz/ Gelb und Roht benennet. Also hat man auch anfangs bey den Griechen/ wie Euphranor und andere melden/ nur mit vier Farben gemahlet: woraus fast zu vermuhten/ weil sie ja das Blau am Himmel und das Grüne an Laub und Gras gesehen/ und daher diese beyde nicht können ausgeschlossen haben/ sie müßen Schwarz und Weiß/ als Liecht und Schatten/ nicht hierunter/ sondern allein die vier bunte Farben/ als Roht/ Gelb/ Blau und Grün/ damit verstanden haben. Dann wie solten sie allein mit zweyen von diesen letzern/ alles haben mahlen und ausbilden können? Es erscheinet aber nicht/ wie man/ besagte vier Farben Aristotelis, mit den Elementen vergleichen könne: weil zwar Roht und Schwarz dem Feuer

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[[I, Buch 3 (Malerei), S. 86]/0265] Das XIV Capitel. Von Der Farben Ursprung/ Natur und Bedeutung. Innhalt. Das Liecht entdecket/ und die Finsternis verdecket/ alle Dinge. Zweyerley Farben/ natürliche/ und durch Kunst erfundene. Liecht und Schatten/ sind die Hauptfarben der Welt/ und der Mahlerey Grundfarben. Schwarz auf Weiß/ belehret jederman/ und erhält die Mensch-Gesellschaft. Weisse und Schwärze/ macht die Farben edel oder unedel. Vorzeiten hat man/ nur vier Farben/ gezehlet und gebrauchet. Die Sieben Hauptfarben. Zur Mahlerey/ sind viel Farben erfunden. Bewährte Oelfarben/ Schulpwitt oder Schulpweiß/ Ocker Gelb/ Braun Roht/ Terra verda, Lack eine schwache Farbe/ Schitt Gelb flüchtig/ Ombra Erdig/ BeinSchwarz/ KienSchwarz/ unbeständig/ Blau- und KohlSchwarz/ Ultramarina eine perfecte Farbe/ Teutsch- und Berg-Blau vergänglich/ BleyGelb und Mennig. Ein Mahler/ soll der Farben Deutung wissen. Bedeutung von Weiß/ Gelb/ Blau/ Roht/ (samt Leibfarb und Purpur) Grün/ Braun und Schwarz. Mischfarben/ haben die Deutung ihrer Hauptfarben. IM Anfang/ als der weise Schöpfer alle Dinge/ was wir mit den Augen sehen/ hervorgebracht/ hat er erstlich/ durch hervorruffung des Liechtes/ das Chaos oder den vermängten Klumpen/ aus welchem alles erschaffen worden/ entdecket. In diesem Chaos, waren damals alle Farben beysammen und durch einander vermänget/ bis sie von einander gesondert worden. Nachdem auch alle Dinge ihre Gestalt bekommen/ werden sie doch durch die Nacht-Finsternis wieder verdecket/ und müßen täglich durch das Tagliecht wieder sichtbar werden. Also haben wir es allein dem Liecht zu danken/ daß wir alle Dinge in ihrer Farbe sehen. Daher etliche in die irr-Meinung gerahten/ als ob alle Farben in dem Liecht steckten: welches nicht seyn kan/ weil also alles weiß erscheinen müste/ und das Liecht keine andere Farbe geben kan/ als die es selber hat. Das Liecht entdecket/ und die Finsternis verdecket alle Dinge.Es sind aber ingemein zweyerley Farben. Die erste ist die natürliche/ so einem jeden Ding angeschaffen ist/ worbey man es von andern unterscheidet und kennet/ wie insonderheit bey den Metallen geschihet. Die andere/ ist die jenige/ so durch Verstand und Kunst der Menschen/ durch Mischung der andern/ erfunden wird. Gleichwie aber der Schöpfer/ im Ausang/ das Liecht und Finsternis von einander geschieden hat/ und die Natur zwischen diese zwo Farben/ als zwischen zween Angel/ gehänget hat: also sind sie wol die zwo Haupt-Farben der Welt/ und in der Mahlerey die beyde Grund-Farben. Dann allein durch Weiß und Schwarz kan ein Künstler alle Dinge/ ohne Behuff anderer Farben/ in Liecht und Schatten hervorbringen/ wann er/ die Vertieff- und Erhöhung beobachtend/ alles wol rundiret/ und jedes nach seiner Maß herzukommen oder sich abverlieren machet. Die Schwärze und Weiße/ kan alle Geschöpfe ungestalt oder schön/ verhaßt oder lieb angenehm machen. Es sind/ diese zwo Farben/ das Leben der Edlen Schreib- und Druckerey- Kunst: da/ durch Schwarz und Weiß/ der Mensch in Künsten/ Historien und Wissenschaften unterrichtet/ auch die Menschliche Gesellschaft dadurch erhalten wird/ indeme man die Geschäfte und Handlungen hiermit verbriefet/ auch vermittels dessen/ weit von einander entfernte Personen/ mit einander reden und conversiren können. Zweyerley Farben natürliche und die durch Kunst erstandene. Liecht und Schatten/ sind die Haupt Farben der Welt/ und der Mahlerey Grund-Farben. Schwarz auf Weiß/ belehret jederman/ un erhält die Mensch-gesellschaft.Von den Farben etwas gründlicher zu reden/ so ist zu erwehnen/ daß die Weiße für die nobelste/ hingegen die Schwarze für die unedelste gehalten wird: maßen auch die andere ihre Würde und Unwürde daher bekommen/ je mehr sie dem Weiß oder Schwarz nahe tretten oder verwandt sind. Vorzeiten hat man/ nach der Elementen Anzahl/ nur vier Farben gezehlet: maßen Aristoteles allein Weiß/ Schwarz/ Gelb und Roht benennet. Also hat man auch anfangs bey den Griechen/ wie Euphranor und andere melden/ nur mit vier Farben gemahlet: woraus fast zu vermuhten/ weil sie ja das Blau am Himmel und das Grüne an Laub und Gras gesehen/ und daher diese beyde nicht können ausgeschlossen haben/ sie müßen Schwarz und Weiß/ als Liecht und Schatten/ nicht hierunter/ sondern allein die vier bunte Farben/ als Roht/ Gelb/ Blau und Grün/ damit verstanden haben. Dann wie solten sie allein mit zweyen von diesen letzern/ alles haben mahlen und ausbilden können? Es erscheinet aber nicht/ wie man/ besagte vier Farben Aristotelis, mit den Elementen vergleichen könne: weil zwar Roht und Schwarz dem Feuer Weiße und Schwärze/ macht die Farben edel oder unedel. Vorzeiten hat man/ nur vier Farben/ gezehlet und gebrauchet.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,1. Nürnberg, 1675, S. [I, Buch 3 (Malerei), S. 86]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0101_1675/265>, abgerufen am 29.03.2024.