Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679.

Bild:
<< vorherige Seite

[Spaltenumbruch] endlich das wenige Liecht/ so sie annoch hatten/ von einiger Erkändtnus der Vernunfft/ vollends gar verlieren/ und zu denselben nicht mehr kommen können/ sondern an Mittage/ wie in der Nacht/ mit der Hand tappen/ und in alle Ewigkeit nicht mehr daraus kommen können. Daß aber Galathea nicht gerne bey ihm war/ ist ein Beweiß/ daß grausame tyrannische Leute von niemand geliebt sind. Nun mangelt uns allhier noch Glaucus/ der vorbenannte See-Gott/ welcher seine Liebe auf die Scylla geworffen.

Vom Glaucus.

DIeser Glaucus war/ (wie sie sagen/ und auch wol zu glauben ist) nur ein Mensch: Ist aber nachmals ein Seegott worden/ so wol als Triton/ Palämon/ oder Proteus selbst. Strabo/ in seinem neundten Buche/schreibt/ er wäre der Sohn eines mit Namen Anthedon aus Boeotien. Theophrastus/ in seinem fünften Buch/ machet ihn zu einem Sohn des Polybus/ des Sohns Mercurii. Promathidas von Heraclea meldet/ er sey ein Sohn des Phorbas und der Panopaea/ und geboren zu Anthedon/ einer schönen und herrlichen Stadt in Boeotien. Wiederum von einem Andern wird ihm einer/ Namens Nopeus/ zum Vatter gegeben. Mehrere Mishelligkeiten von seiner Geburt/ alhier zu übergehen; so ist zu wissen/ daß unterschiedene dieses Namens gewesen. Und unter andern auch einer ein Sohn des Hippolochus/ Alt gemein Sprichwort von des Glaucus Tausch. der ein Sohn war des Bellerophons: Welcher einfältige Glaucus/ als er/ vor Troja/ mit dem Diomedes/ zu fechten kam/ mit ihme Freundschafft machte/ und seinen guldnen Harnisch/ für des Diomedes seinen Kupffernen/ dahin gabe/ woraus hernach das Sprichwort entstanden: Der Tausch des Glaucus und Diomedes. Auch war noch ein anderer Glaucus/ des Sisyphus Sohn/ der seine Pferde mit Menschen-Fleisch fütterte/ und endlich von ihnen selbst zerrissen wurde: Und noch andere mehr. Allein den/ welchen wir vor uns haben/[Spaltenumbruch] halten einige für den Zimmermann des Schiffes Argo/ der selbiges Schiff auch regierte/ als Jason Historische Erklärung auf des Glaucus ver: See-Götten. die Toscaner zu bekriegen reisete. Es sind unterschiedene Gedichte/ von der Art und Weise/ wie er zum Seegott worden/ auf welche auch unser Poet seine Fabel gegründet hat. Unser Glaucus aber ist gewest ein Fischer/ und ausbündiger Schwimmer und Täucher/ oder Wassertreter/ der auf eine Zeit/ im Angesicht der Burger von Anthedon/ in die See sprang/ sich unter das Wasser tauchte/ sehr weit vom Hafen/ da er hinein gesprungen/ wiederum heraus kam/ und einige Tage allda blieb. Als er nun wiederum in den Hafen geschwommen kam/ und viel Volcks umher stunde/ beredete er dasselbe/ er wäre so lang unter dem Wasser gewest. Dieses grosse Wunder besteiffte er noch mehr: Indem er des Winters/ da seine Mitgesellen nichts fingen/ seinen Burgern allerley Fische/ wie sie selbige verlangten/ zu wegen brachte: Dann er derselben/ von langer Hand her/ in einem verstopfften Seewinckel viel versammlet hatte. Und als ihn endlich ein Meerwunder verschlungen/ lief das Gerücht/ daß er/ vermittelst eines Krauts/ welches er gessen/ zu Lehrliche Auslegung/ auf den Glaucus. einem Meergott worden. Was wil aber hierdurch verstanden werden/ daß unser Poet macht/ daß des Glaucus Fische so geschwind wiederum in die See springen? anders gewißlich nichts/ dann daß die Wollüste dieser Welt (darum wir doch öffters viel Arbeit thun müssen) kurtz und flüchtig/ gleich als ob sie Flügel hätten. Und dafern wir denselben wollen nachfolgen in das wilde Meer dieser Welt/ durch den Geschmack des Krauts dieser zeitlichen Vergnügungen/ wir unsere vernunfftliche Natur verändern/ in den Tugenden gantz lau und kalt/ als die Fische zu seyn pflegen/werden/ und uns schwerlich mehr aus den ungestümmen Wellen des bösen Lebens hervor arbeiten/ oder erheben/ und auf das trockne Land eines aufrichtigen ehrlichen Wandels/ schwimmen und kommen können.

Ende des dreyzehnten Buchs.

[Abbildung]

[Spaltenumbruch] endlich das wenige Liecht/ so sie annoch hatten/ von einiger Erkändtnus der Vernunfft/ vollends gar verlieren/ und zu denselben nicht mehr kommen können/ sondern an Mittage/ wie in der Nacht/ mit der Hand tappen/ und in alle Ewigkeit nicht mehr daraus kommen können. Daß aber Galathea nicht gerne bey ihm war/ ist ein Beweiß/ daß grausame tyrannische Leute von niemand geliebt sind. Nun mangelt uns allhier noch Glaucus/ der vorbenannte See-Gott/ welcher seine Liebe auf die Scylla geworffen.

Vom Glaucus.

DIeser Glaucus war/ (wie sie sagen/ und auch wol zu glauben ist) nur ein Mensch: Ist aber nachmals ein Seegott worden/ so wol als Triton/ Palämon/ oder Proteus selbst. Strabo/ in seinem neundten Buche/schreibt/ er wäre der Sohn eines mit Namen Anthedon aus Boeotien. Theophrastus/ in seinem fünften Buch/ machet ihn zu einem Sohn des Polybus/ des Sohns Mercurii. Promathidas von Heraclea meldet/ er sey ein Sohn des Phorbas und der Panopaea/ und geboren zu Anthedon/ einer schönen und herrlichen Stadt in Boeotien. Wiederum von einem Andern wird ihm einer/ Namens Nopeus/ zum Vatter gegeben. Mehrere Mishelligkeiten von seiner Geburt/ alhier zu übergehen; so ist zu wissen/ daß unterschiedene dieses Namens gewesen. Und unter andern auch einer ein Sohn des Hippolochus/ Alt gemein Sprichwort von des Glaucus Tausch. der ein Sohn war des Bellerophons: Welcher einfältige Glaucus/ als er/ vor Troja/ mit dem Diomedes/ zu fechten kam/ mit ihme Freundschafft machte/ und seinen guldnen Harnisch/ für des Diomedes seinen Kupffernen/ dahin gabe/ woraus hernach das Sprichwort entstanden: Der Tausch des Glaucus und Diomedes. Auch war noch ein anderer Glaucus/ des Sisyphus Sohn/ der seine Pferde mit Menschen-Fleisch fütterte/ und endlich von ihnen selbst zerrissen wurde: Und noch andere mehr. Allein den/ welchen wir vor uns haben/[Spaltenumbruch] halten einige für den Zimmermann des Schiffes Argo/ der selbiges Schiff auch regierte/ als Jason Historische Erklärung auf des Glaucus ver: See-Götten. die Toscaner zu bekriegen reisete. Es sind unterschiedene Gedichte/ von der Art und Weise/ wie er zum Seegott worden/ auf welche auch unser Poet seine Fabel gegründet hat. Unser Glaucus aber ist gewest ein Fischer/ und ausbündiger Schwimmer und Täucher/ oder Wassertreter/ der auf eine Zeit/ im Angesicht der Burger von Anthedon/ in die See sprang/ sich unter das Wasser tauchte/ sehr weit vom Hafen/ da er hinein gesprungen/ wiederum heraus kam/ und einige Tage allda blieb. Als er nun wiederum in den Hafen geschwommen kam/ und viel Volcks umher stunde/ beredete er dasselbe/ er wäre so lang unter dem Wasser gewest. Dieses grosse Wunder besteiffte er noch mehr: Indem er des Winters/ da seine Mitgesellen nichts fingen/ seinen Burgern allerley Fische/ wie sie selbige verlangten/ zu wegen brachte: Dann er derselben/ von langer Hand her/ in einem verstopfften Seewinckel viel versammlet hatte. Und als ihn endlich ein Meerwunder verschlungen/ lief das Gerücht/ daß er/ vermittelst eines Krauts/ welches er gessen/ zu Lehrliche Auslegung/ auf den Glaucus. einem Meergott worden. Was wil aber hierdurch verstanden werden/ daß unser Poet macht/ daß des Glaucus Fische so geschwind wiederum in die See springen? anders gewißlich nichts/ dann daß die Wollüste dieser Welt (darum wir doch öffters viel Arbeit thun müssen) kurtz und flüchtig/ gleich als ob sie Flügel hätten. Und dafern wir denselben wollen nachfolgen in das wilde Meer dieser Welt/ durch den Geschmack des Krauts dieser zeitlichen Vergnügungen/ wir unsere vernunfftliche Natur verändern/ in den Tugenden gantz lau und kalt/ als die Fische zu seyn pflegen/werden/ und uns schwerlich mehr aus den ungestümmen Wellen des bösen Lebens hervor arbeiten/ oder erheben/ und auf das trockne Land eines aufrichtigen ehrlichen Wandels/ schwimmen und kommen können.

Ende des dreyzehnten Buchs.

[Abbildung]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div>
          <div>
            <p><pb facs="#f0327" xml:id="pb-1274" n="[Metamorphosis, S. 151]"/><cb/>
endlich das wenige Liecht/ so sie annoch hatten/ von einiger Erkändtnus der Vernunfft/ vollends gar verlieren/ und zu denselben nicht mehr kommen können/ sondern an Mittage/ wie in der Nacht/ mit der Hand tappen/ und in alle Ewigkeit nicht mehr daraus kommen können. Daß aber <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-1370 http://d-nb.info/gnd/118689231 http://viaf.org/viaf/20474704">Galathea</persName> nicht gerne bey ihm war/ ist ein Beweiß/ daß grausame tyrannische Leute von niemand geliebt sind. Nun mangelt uns allhier noch <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName>/ der vorbenannte See-Gott/ welcher seine Liebe auf die <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3132 http://d-nb.info/gnd/7524482-2">Scylla</persName> geworffen.</p>
            <p rendition="#c" xml:id="p1274.1">Vom <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName>.</p>
            <p>DIeser <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName> war/ (wie sie sagen/ und auch wol zu glauben ist) nur ein Mensch: Ist aber nachmals ein Seegott worden/ so wol als <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-515 http://d-nb.info/gnd/119020882 http://viaf.org/viaf/64808550">Triton</persName>/ <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3108">Palämon</persName>/ oder <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2150 http://d-nb.info/gnd/120908565 http://viaf.org/viaf/67309404">Proteus</persName> selbst. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-578 http://d-nb.info/gnd/118618806 http://viaf.org/viaf/39384505">Strabo</persName>/ in seinem neundten Buche/schreibt/ er wäre der Sohn eines mit Namen <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3926">Anthedon</persName> aus <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-205 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7002683">Boeotien</placeName>. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-223 http://d-nb.info/gnd/118621793 http://viaf.org/viaf/41835483">Theophrastus</persName>/ in seinem fünften Buch/ machet ihn zu einem Sohn des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3605">Polybus</persName>/ des  Sohns <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-342 http://d-nb.info/gnd/118641077 http://viaf.org/viaf/102459012">Mercurii</persName>. <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3951 http://d-nb.info/gnd/102326568 http://viaf.org/viaf/397325">Promathidas von Heraclea</persName> meldet/ er sey ein <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Sohn des Phorbas und der Panopaea</persName>/ und geboren zu <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1433">Anthedon</placeName>/ einer schönen und herrlichen Stadt in <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-205 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7002683">Boeotien</placeName>. Wiederum von einem Andern wird ihm einer/ Namens <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-5632">Nopeus</persName>/ zum Vatter gegeben. Mehrere Mishelligkeiten von seiner Geburt/ alhier zu übergehen; so ist zu wissen/ daß unterschiedene dieses Namens gewesen. Und unter andern auch einer ein <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4495">Sohn des Hippolochus</persName>/ <note place="right">Alt gemein Sprichwort von des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName> Tausch.</note> der ein Sohn war des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-134 http://d-nb.info/gnd/118655078 http://viaf.org/viaf/54942004">Bellerophons</persName>: Welcher einfältige <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4495">Glaucus</persName>/ als er/ vor <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-138 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7002329">Troja</placeName>/ mit dem <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4465 http://d-nb.info/gnd/119315238 http://viaf.org/viaf/74660488">Diomedes</persName>/ zu fechten kam/ mit ihme Freundschafft machte/ und seinen guldnen Harnisch/ für des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4465 http://d-nb.info/gnd/119315238 http://viaf.org/viaf/74660488">Diomedes</persName> seinen Kupffernen/ dahin gabe/ woraus hernach das Sprichwort entstanden: Der Tausch des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4495">Glaucus</persName> und <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-4465 http://d-nb.info/gnd/119315238 http://viaf.org/viaf/74660488">Diomedes</persName>. Auch war noch ein anderer <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3927">Glaucus</persName>/ des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-3927">Sisyphus Sohn</persName>/ der seine Pferde mit Menschen-Fleisch fütterte/ und endlich von ihnen selbst zerrissen wurde: Und noch andere mehr. Allein den/ welchen wir vor uns haben/<cb/>
halten einige für den Zimmermann des Schiffes Argo/ der selbiges Schiff auch regierte/ als <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-531 http://d-nb.info/gnd/118557092 http://viaf.org/viaf/12290832">Jason</persName> <note place="right">Historische Erklärung auf des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName> ver: See-Götten.</note> die Toscaner zu bekriegen reisete. Es sind unterschiedene Gedichte/ von der Art und Weise/ wie er zum Seegott worden/ auf welche auch unser Poet seine Fabel gegründet hat. Unser <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName> aber ist gewest ein Fischer/ und ausbündiger Schwimmer und Täucher/ oder Wassertreter/ der auf eine Zeit/ im Angesicht der Burger von <placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-1433">Anthedon</placeName>/ in die See sprang/ sich unter das Wasser tauchte/ sehr weit vom Hafen/ da er hinein gesprungen/ wiederum heraus kam/ und einige Tage allda blieb. Als er nun wiederum in den Hafen geschwommen kam/ und viel Volcks umher stunde/ beredete er dasselbe/ er wäre so lang unter dem Wasser gewest. Dieses grosse Wunder besteiffte er noch mehr: Indem er des Winters/ da seine Mitgesellen nichts fingen/ seinen Burgern allerley Fische/ wie sie selbige verlangten/ zu wegen brachte: Dann er derselben/ von langer Hand her/ in einem verstopfften Seewinckel viel versammlet hatte. Und als ihn endlich ein Meerwunder verschlungen/ lief das Gerücht/ daß er/ vermittelst eines Krauts/ welches er gessen/ zu <note place="right">Lehrliche Auslegung/ auf den <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName>.</note> einem Meergott worden. Was wil aber hierdurch verstanden werden/ daß unser Poet macht/ daß des <persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-2393">Glaucus</persName> Fische so geschwind wiederum in die See springen? anders gewißlich nichts/ dann daß die Wollüste dieser Welt (darum wir doch öffters viel Arbeit thun müssen) kurtz und flüchtig/ gleich als ob sie Flügel hätten. Und dafern wir denselben wollen nachfolgen in das wilde Meer dieser Welt/ durch den Geschmack des Krauts dieser zeitlichen Vergnügungen/ wir unsere vernunfftliche Natur verändern/ in den Tugenden gantz lau und kalt/ als die Fische zu seyn pflegen/werden/ und uns schwerlich mehr aus den ungestümmen Wellen des bösen Lebens hervor arbeiten/ oder erheben/ und auf das trockne Land eines aufrichtigen ehrlichen Wandels/ schwimmen und kommen können.</p>
            <p rendition="#c">Ende des dreyzehnten Buchs.</p>
            <figure rendition="#c" xml:id="figure-1274.1">
              <figure facs="graphic-1274-1.jpg"/>
            </figure>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[Metamorphosis, S. 151]/0327] endlich das wenige Liecht/ so sie annoch hatten/ von einiger Erkändtnus der Vernunfft/ vollends gar verlieren/ und zu denselben nicht mehr kommen können/ sondern an Mittage/ wie in der Nacht/ mit der Hand tappen/ und in alle Ewigkeit nicht mehr daraus kommen können. Daß aber Galathea nicht gerne bey ihm war/ ist ein Beweiß/ daß grausame tyrannische Leute von niemand geliebt sind. Nun mangelt uns allhier noch Glaucus/ der vorbenannte See-Gott/ welcher seine Liebe auf die Scylla geworffen. Vom Glaucus. DIeser Glaucus war/ (wie sie sagen/ und auch wol zu glauben ist) nur ein Mensch: Ist aber nachmals ein Seegott worden/ so wol als Triton/ Palämon/ oder Proteus selbst. Strabo/ in seinem neundten Buche/schreibt/ er wäre der Sohn eines mit Namen Anthedon aus Boeotien. Theophrastus/ in seinem fünften Buch/ machet ihn zu einem Sohn des Polybus/ des Sohns Mercurii. Promathidas von Heraclea meldet/ er sey ein Sohn des Phorbas und der Panopaea/ und geboren zu Anthedon/ einer schönen und herrlichen Stadt in Boeotien. Wiederum von einem Andern wird ihm einer/ Namens Nopeus/ zum Vatter gegeben. Mehrere Mishelligkeiten von seiner Geburt/ alhier zu übergehen; so ist zu wissen/ daß unterschiedene dieses Namens gewesen. Und unter andern auch einer ein Sohn des Hippolochus/ der ein Sohn war des Bellerophons: Welcher einfältige Glaucus/ als er/ vor Troja/ mit dem Diomedes/ zu fechten kam/ mit ihme Freundschafft machte/ und seinen guldnen Harnisch/ für des Diomedes seinen Kupffernen/ dahin gabe/ woraus hernach das Sprichwort entstanden: Der Tausch des Glaucus und Diomedes. Auch war noch ein anderer Glaucus/ des Sisyphus Sohn/ der seine Pferde mit Menschen-Fleisch fütterte/ und endlich von ihnen selbst zerrissen wurde: Und noch andere mehr. Allein den/ welchen wir vor uns haben/ halten einige für den Zimmermann des Schiffes Argo/ der selbiges Schiff auch regierte/ als Jason die Toscaner zu bekriegen reisete. Es sind unterschiedene Gedichte/ von der Art und Weise/ wie er zum Seegott worden/ auf welche auch unser Poet seine Fabel gegründet hat. Unser Glaucus aber ist gewest ein Fischer/ und ausbündiger Schwimmer und Täucher/ oder Wassertreter/ der auf eine Zeit/ im Angesicht der Burger von Anthedon/ in die See sprang/ sich unter das Wasser tauchte/ sehr weit vom Hafen/ da er hinein gesprungen/ wiederum heraus kam/ und einige Tage allda blieb. Als er nun wiederum in den Hafen geschwommen kam/ und viel Volcks umher stunde/ beredete er dasselbe/ er wäre so lang unter dem Wasser gewest. Dieses grosse Wunder besteiffte er noch mehr: Indem er des Winters/ da seine Mitgesellen nichts fingen/ seinen Burgern allerley Fische/ wie sie selbige verlangten/ zu wegen brachte: Dann er derselben/ von langer Hand her/ in einem verstopfften Seewinckel viel versammlet hatte. Und als ihn endlich ein Meerwunder verschlungen/ lief das Gerücht/ daß er/ vermittelst eines Krauts/ welches er gessen/ zu einem Meergott worden. Was wil aber hierdurch verstanden werden/ daß unser Poet macht/ daß des Glaucus Fische so geschwind wiederum in die See springen? anders gewißlich nichts/ dann daß die Wollüste dieser Welt (darum wir doch öffters viel Arbeit thun müssen) kurtz und flüchtig/ gleich als ob sie Flügel hätten. Und dafern wir denselben wollen nachfolgen in das wilde Meer dieser Welt/ durch den Geschmack des Krauts dieser zeitlichen Vergnügungen/ wir unsere vernunfftliche Natur verändern/ in den Tugenden gantz lau und kalt/ als die Fische zu seyn pflegen/werden/ und uns schwerlich mehr aus den ungestümmen Wellen des bösen Lebens hervor arbeiten/ oder erheben/ und auf das trockne Land eines aufrichtigen ehrlichen Wandels/ schwimmen und kommen können. Alt gemein Sprichwort von des Glaucus Tausch. Historische Erklärung auf des Glaucus ver: See-Götten. Lehrliche Auslegung/ auf den Glaucus. Ende des dreyzehnten Buchs. [Abbildung [Abbildung] ]

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sandrart.net: Bereitstellung der Texttranskription in XML/TEI. (2013-05-21T09:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus sandrart.net entsprechen muss.
Sandrart.net: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-05-21T09:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-05-21T09:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/327
Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,3. Nürnberg, 1679, S. [Metamorphosis, S. 151]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0203_1679/327>, abgerufen am 13.10.2024.